Der Samenbankraub: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Neffe Oliver.«
»Du bist DuMonts Tante?« Timothy schüttelte den Kopf. »Du bist doch mindestens zehn Jahre jünger als er.«
Anne kicherte. »Ich bin ein sehr später Nachzügler vom Bruder seiner Großmutter. Als ich heute hörte, daß ihr euch kennt und daß du ihn eingeladen hast, dachte ich, das sei die beste Gelegenheit, dich unauffällig zu besuchen. Du hast doch immer gejammert, du willst mich wiedersehen! Soll ich lieber wieder gehen?«
»Komm ’rein!«
Jetzt legte Anne den Finger auf den Mund. »Nicht so laut, Tiny. Und denk daran, daß wir uns eben erst kennengelernt haben.«
In diesem Augenblick kam DuMont. Er küßte Anne die Hand, dann stellte er sie vor.
»Das, Mister Truckle, ist Anne Frobisher.«
Anne streckte Timothy die Hand hin.
»Sagen Sie einfach Anne zu mir, sonst wird es zu förmlich für gebackene Bohnen. Ihr habt doch nicht etwa schon ohne mich gegessen?«
»Natürlich nicht«, sagte Timothy. »Es wird sogleich serviert.«
DuMont verabschiedete sich kurz nach neun, er werde zu Hause erwartet. Er lächelte Timothy zu. »Sie verstehen mich, Mister Truckle?«
Timothy lächelte zurück. Dann wandte er sich Anne zu. »Sie müssen hoffentlich nicht auch schon aufbrechen? Ihr Neffe hat einen ganzen Korb voll Wein mitgebracht. Soweit ich auf den ersten Blick ausmachen konnte, nur allererste Qualitäten, viel zu schade, um ihn allein zu trinken.«
»Was denken Sie von mir!« polterte DuMont. »Wollen Sie etwa behaupten, ich hätte zweitklassige Sorten in meinem Weinkeller?« Er reichte Timothy die Hand. »Vielen Dank für das vorzügliche Essen. Sie melden sich doch, sobald Sie etwas Neues erfahren?«
»Ich hoffe, schon morgen.«
»Kommst du mit, Anne?« fragte DuMont.
»Ich bleib’ noch ein bißchen. Wann hat man schon Gelegenheit, sich mit einem der großen Detektive unseres Landes zu unterhalten?«
»Was ist los mit Oliver«, erkundigte sie sich, als sie dann im Mausoleum saßen und Beaujolais tranken.
»Hängst du an deinem Neffen, Anne?«
»Warum fragst du? Ich kenne ihn kaum, und er interessiert mich, ehrlich gesagt, wenig.«
Timothy erklärte ihr kurz, was los war. »Ich frage mich, wie weit ich ihm helfen soll«, schloß er. »Fürs erste habe ich ihm das Leben gerettet, doch wenn ich seinen Mörder nicht dingfest machen kann, wird es bald einen neuen Anschlag geben, und der kann erfolgreich sein.«
»Warum zögerst du, Tiny?«
»Was ich in der IPPI gesehen habe, beflügelt mich nicht gerade, einem DuMont das Leben zu retten. Ich habe den Bericht schon fertig, du kannst ihn mitnehmen, wenn du willst. Dazu kommt die Art, wie er, ohne zu zögern, das Leben anderer aufs Spiel setzt, um sein eigenes zu retten. Er konnte ja nicht wissen, daß die Sträflinge, die er für die Parabiose verwendet, nicht infiziert wurden.«
»Was willst du, Tiny«, sagte Anne, »er ist eben ein Bigboss und vielleicht nicht einmal der Schlimmste seiner Art. Du solltest dich eher wundern, wenn er nicht so handelte.« Sie legte die Hand auf seinen Arm. »Prüfe sorgsam, was von deiner Entscheidung abhängt. Was ändert sich, wenn du seinen Mörder findest und auslieferst, was geschieht, wenn du es nicht tust? Vor allem: Was bedeutet es für uns? Das ist das entscheidende Kriterium!«
»Ich hasse es, Schicksal spielen zu müssen« stieß Timothy hervor. »Warum, verdammt noch mal, wird einem immer wieder solch eine Verantwortung aufgehalst?«
»Willst du wirklich eine Antwort darauf?«
»Nein, natürlich nicht«, brummte Timothy.
»Weißt du denn schon, wer der Mörder ist?«
»Ich ahne es, aber ich muß erst noch einmal mit McNamara sprechen.«
»Rufst du mich gleich an?«
»Bleib doch und hör zu!« schlug Timothy vor. »Ich verspreche dir ein spannendes Gespräch. Ich schalte dir eine Leitung aus dem Mausoleum ins Arbeitszimmer.« Timothy trank sein Glas aus und schenkte nach. Plötzlich kicherte er. »Weißt du was? Ich sperre dich einfach ein und laß dich nicht wieder ’raus!«
»Warum, Tiny?«
»Weil ich dich liebe, Anne. Weil ich mich seit Monaten nach dir sehne, mehr, als ich in Worten ausdrücken kann. Weil ich mich so verdammt einsam fühle, seit ich dich gesehen habe. Weil ich seit damals mit keiner Frau mehr geschlafen habe und es auch nie mehr mit einer anderen als dir tun will. Weil ich dich so gerne im Arm halten und mit dir gemeinsam Schneewittchen lauschen würde. Weil ich – sind das nicht hinreichend Gründe?«
Anne stand auf und reichte Timothy die Hand. »Mehr
Weitere Kostenlose Bücher