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Der Sand der Zeit

Titel: Der Sand der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gewesen war? Vielleicht hatte der Nebel nicht zufällig gerade diese Umrisse gebildet, und vielleicht war diese unbestimmte Angst in ihm nichts anderes als eine Warnung, die ihm die Götter schickten. Aber eine Warnung wovor? Er hatte keine Feinde, keine jedenfalls, die ihm bis hierher, ans andere Ende der Welt, gefolgt sein könnten, und vor den Bewohnern dieses Landes,
    wenn es überhaupt bewohnt war, fürchtete er sich nicht.
    Er vertrieb den Gedanken mit einem ärgerlichen Schnau-ben, trank einen weiteren Schluck Wein, und versuchte, den schalen Geschmack zu ignorieren. Nach und nach kehrte Ruhe auf dem Boot ein, als die Männer Ruder und Segel eingezogen hatten und sich nach einer durchwachten Nacht zum erstenmal eine Pause gönnten.
    Langsam wurde es heller, und auch die Nebel lichteten sich, auch wenn sie nicht vollends verschwanden, sondern sich nur zurückzogen wie lauernde Geister, die ihre Opfer umschli-chen. Hellmarks Blick glitt sinnend auf das offene Meer hinaus. Noch einmal versuchte er, die treibenden Formen in den Nebeln zu erkennen, vermochte es jedoch diesmal nicht mehr.
    Er stand auf, verließ das Zelt wieder und begann unruhig auf Deck auf und ab zu gehen. Zwei der anderen Drachenboote hatten in geringer Entfernung Anker geworfen; Beiboote wurden zu Wasser gelassen, und durch den Nebel zeichneten sich die hochgewachsenen Gestalten von Lars und Tjelsund, den beiden Kapitänen der Schiffe, ab. Hellmark hieß ihre Vorsichtsmaßnahme im stillen gut. Normalerweise wäre es das einfachste gewesen, wenn die beiden Schiffe beiderseits seines eigenen Bootes längsseits gegangen wären, aber sie kannten die Gewässer hier nicht, und er wollte auch nicht mehr das mindeste Risiko eingehen.
    Die beiden Beiboote kamen rasch näher, während die zwei anderen Drachenschiffe, die von Erickson und Tronje, mit geblähten Segeln eine Pfeilschußweite entfernt kreuzten.
    Hellmark runzelte die Stirn, drängte sein Mißtrauen aber zurück. Die beiden waren gute Männer; wahrscheinlich hatten sie seinen Befehl noch nicht bekommen, oder das Meer war dort drüben tiefer, und sie suchten eine flache Stelle, um Anker zu werfen.
    Er richtete sich auf und wartete reglos, bis die beiden flachen Ruderboote angekommen und ihre Insassen ausgestiegen waren.
    Die beiden Männer, die ihnen entstiegen, hätten auf den ersten Blick als Zwillingsbrüder Hellmarks gelten können, obgleich der eine ein gutes Stück größer und breitschultriger war als er selbst. Zudem war einer blond und der andere,
    für einen Wikinger ungewöhnlich genug, schwarzhaarig.
    Aber es waren Männer des gleichen Schlages: stark, nicht nur in rein körperlicher Beziehung,, hart und mit dem Blick des Eroberers. Männer wie sie waren es gewesen, denen die Seefahrer aus dem Norden ihren Ruf als gefürchtete Krieger zu verdanken hatten. Hellmark begrüßte die beiden Kapitäne mit einem stummen Kopfnicken und deutete auf sein Zelt.
    »Warten wir nicht, bis Erickson und Tronje kommen?«
    fragte der größere von ihnen.
    Hellmark sah wieder zu den beiden Schiffen hinüber. Sie waren näher gekommen, aber nicht so rasch, wie er erwartet hatte. Erneut beschlich ihn ein ungutes Gefühl, und erneut drängte er es zurück.
    »Trinken wir einen Schluck Met, bis es soweit ist«, sagte er ausweichend.
    Sie gingen zum Zelt, und Hellmark und die beiden anderen Kapitäne nahmen auf den durchweichten Kissen Platz.
    »Wir haben es fast hinter uns«, sagte Lars mit einem Blick nach Westen, wo die Küste des fremden Landes noch immer hinter treibenden Nebelschwaden verborgen war. Er lächelte unsicher. »Eine Weile habe ich fast gezweifelt, daß wir jemals wieder festes Land finden.«
    Hellmark lachte leise; ein dunkler, durchdringender Laut, von dem keiner so recht wußte, was er wirklich bedeutete.
    Hellmarks Lachen war unter seinen Männern fast so gefürchtet wie sein Schwert.
    »Seit wann bist du unter die Zweifler gegangen, Lars?«
    fragte er und versetzte dem hünenhaften Wikinger einen spielerischen Schlag auf den Rücken. »Odin ist auf unserer Seite. Ich wußte, daß er uns sicher durch alle Gefahren leiten würde.«
    Der andere nickte, aber sein Blick blieb ernst. »Odin straft aber auch die, die nach dem Unmöglichen greifen und sich seiner gleich dünken«, unkte er.
    Hellmark lächelte weiter, aber in seine Augen trat ein seltsamer Ausdruck, der Lars unwillkürlich zusammenzucken ließ.
    »Ich handle nach dem Willen der Götter«, sagte er kalt. »Was bringt dich

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