Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sand der Zeit

Titel: Der Sand der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Seite, wich im letzten Augenblick einem tödlichen Hieb der titanischen Schwingen aus und kam mit einer Rolle wieder auf die Füße.
    Rings um uns brach das Chaos aus.
    Quetzalcoatl schwebte über der Lichtung und hielt seinen Körper mit langsamen Schlägen seiner gewaltigen grünen Schwingen in der Luft. Seine ledrigen Flügel fuhren wie gewaltige Sensen unter die Krieger, zerschmetterten jeden, der ihnen in den Weg kam, und rissen die, die sie verfehlten, allein durch den gewaltigen Luftzug, den sie verursachten, von den Füßen. Quetzalcoatl wütete wie ein Berserker unter den Männern, tötete unterschiedslos Freund und Feind und riß eine gewaltige, halbkreisförmige Bresche in die beiden Heere.
    Ich kniete neben Lasse Rotbart nieder, warf einen hastigen Blick über die Schulter nach oben und versuchte dem Wikinger auf die Füße zu helfen. Lasse schwankte. Sein Schild war zerbrochen, und sein linker Arm hing taub und nutzlos herab.
    Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren.
    »Bist du verletzt?« fragte ich.
    Lasse starrte mich einen Herzschlag lang an, ehe er mühsam den Kopf schüttelte und gleich darauf vor Schmerzen das Gesicht verzog. »Nicht ernst«, sagte er.
    Ich duckte mich instinktiv, als das urzeitliche Ungeheuer über mich und den Wikinger hinwegfauchte und auf halber Höhe des Hügels fast ein Dutzend von Ericksons Indios von den Füßen riß.
    »Bei Odin«, keuchte Lasse. »Dieses Monstrum ist … gewaltig.«
    »Ich denke, du kennst ihn!«
    Lasse schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn gesehen«, murmelte er, ohne den Blick von dem tobenden Riesenvogel zu nehmen.
    »Aber niemals aus der Nähe. Ich hätte nicht gedacht, daß er so groß ist!«
    Der Platz war übersät mit toten und verwundeten Indios, Setchatuatuans Krieger, aber auch Männer Leif Ericksons, die von den gewaltigen Schwingen der Bestie erfaßt und niedergeschlagen worden waren. Die, die noch lebten und sich bewegen konnten, versuchten verzweifelt, den Waldrand zu erreichen und sich in Sicherheit zu bringen. Viele waren es nicht mehr.
    »Komm jetzt!« keuchte ich. »Wir müssen weg, ehe er auf uns aufmerksam wird!«
    Aber Lasse rührte sich nicht von der Stelle.
    »Erickson!« keuchte er. »Wo ist Erickson? Ich muß diesen Verräter haben!« Er fuhr herum, stürmte, die tobende Alp-traumkreatur über seinem Kopf mißachtend, den Hang hinauf und rannte auf Erickson zu. Einer der Olmeken verstellte ihm den Weg und griff ihn blindlings an. Lasse schlug ihn mit einer wütenden Bewegung nieder, schleuderte ihn gegen einen zweiten Krieger und stürmte weiter.
    »Lasse! Komm zurück!« schrie ich verzweifelt. Aber der Wikinger hörte meine Worte gar nicht. Endlich, nach acht Jahren, stand er dem Mann gegenüber, dem sein ganzer Haß galt. Alles, was er wollte, war, ihn töten, und es schien ihm vollkommen egal zu sein, wenn er sein eigenes Leben dazu opfern mußte!
    Ich zerbiß einen Fluch auf den Lippen und stürmte hinter Lasse Rotbart her.
    Ich sah die Bewegung im letzten Moment, ließ mich im vollen Lauf zur Seite fallen und rollte über die Schulter ab.
    Eine gewaltige, dreizehige Pfote schoß da herab, wo ich gerade noch gestanden hatte, riß das Erdreich auf und hob sich zu einem zweiten, besser gezielten Schlag.
    Hinter mir fauchte der Jaguar. Das Tier setzte über mich hinweg, sprang den gewaltigen Drachen mit aufgerissenem Maul und weit gespreizten Krallen an, und flog hilflos durch die Luft, als ihn eine der titanischen Schwingen fast spielerisch traf. Ich schrie auf, versuchte, rücklings davonzukriechen, und schrie gleich darauf ein zweites Mal, als sich die titanische Klauenhand des Ungeheuers um mich schloß.
    Ein gnadenloser Schmerz schoß durch meinen Brustkorb. Ich bekam keine Luft mehr, trat und schlug verzweifelt um mich und spürte, wie ich vom Boden hochgehoben und in die Luft gerissen wurde.
    Quetzalcoatl stieß einen triumphierenden Schrei aus und versuchte mit einem mächtigen Flügelschlag an Höhe zu gewinnen.
    Etwas Winziges, Dunkles zischte vom Waldrand herauf und bohrte sich in sein rechtes Auge.

    Der gewaltige Drache schrie vor Schmerz. Seine Krallen öffneten sich. Ich stürzte zu Boden, schlug schwer auf den scharfkantigen Felsen auf und starrte halb benommen zu der grünen Höllenbestie empor.
    Quetzalcoatl tobte wie ein Rasender. Seine Schwingen ent-fachten einen wahren Orkan, und seine gewaltigen Kiefer bissen in irrem Schmerz immer wieder in die Luft. In seinem rechten Auge steckte der Schaft eines

Weitere Kostenlose Bücher