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Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Sandmann: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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zu.
    »Legen Sie sich auf den Boden«, entgegnet der jüngere Mann und nähert sich ihr gehend.
    »Das ist nur ein Mädchen«, sagt der andere.
    »Ich bin Polizistin«, erklärt sie und wirft das Obstmesser fort.
    Es holpert klappernd über den Kunststoffboden und bleibt vor ihnen liegen. Sie schauen es an, öffnen die Halfter und ziehen ihre Dienstpistolen.
    »Auf den Boden!«
    »Ich lege mich hin«, sagt sie schnell, »aber Sie müssen Alarm ausl…«
    »Verdammt«, schreit der jüngere Wärter, als er den Kopf sieht. »Verdammt, verdammt …«
    »Ich schieße«, sagt der andere mit bebender Stimme.
    Saga geht vorsichtig auf ein Knie hinunter, und der Wärter eilt zu ihr und löst gleichzeitig die Handschellen von seinem Gürtel. Der zweite Wärter tritt zur Seite. Saga hält die Hände vor sich und steht auf.
    »Ganz ruhig«, sagt der Wärter mit aufgeregter Stimme.
    Sie schließt die Augen, hört seine Stiefel auf dem Boden, spürt seine Bewegungen und macht einen kleinen Schritt nach hinten. Der Wärter lehnt sich vor, um ihre Hände zu fesseln, und Saga öffnet die Augen und schlägt im selben Moment einen rechten Haken. Es klatscht, als sie ihn hart über dem rechten Ohr trifft. Sie fährt herum und begegnet der Drehbewegung seines Kopfs mit ihrem linken Ellbogen.
    Man hört nur einen kurzen Knall.
    Aus seinem offenen Mund spritzt Speichel.
    Die beiden Schläge sind so hart, dass sich das Blickfeld des Wärters binnen einer Zehntelsekunde zu einem Stecknadelkopf aus Licht verengt.
    Seine Beine geben nach, und er merkt nicht, dass Saga ihm die Pistole abnimmt. Sie hat sie entsichert und abgefeuert, noch ehe er auf dem Boden liegt.
    Saga schießt dem anderen Wärter zwei Mal in die Schutzweste.
    Die Schüsse hallen in dem schmalen Gang wider, und der Wärter weicht taumelnd einen Schritt zurück. Saga rennt zu ihm und schlägt ihm mit dem Kolben ihrer Waffe die Pistole aus der Hand.
    Sie fällt scheppernd zu Boden und rutscht zu der Blutspur.
    Saga tritt ihm die Beine weg, so dass er stöhnend auf den Rücken fällt. Der zweite Wärter rollt auf die Seite und tastet mit der Hand sein Gesicht ab. Saga reißt ein Funkgerät an sich und entfernt sich ein paar Schritte.

161
    Joona wird vom Klingeln des Telefons aus dem Schlaf gerissen. Er muss eingeschlafen sein, während Disa ihre Arbeitskleider angezogen hat. Es ist dunkel im Schlafzimmer, aber das Licht des Telefondisplays wirft eine bleiche Ellipse an die Wand.
    »Joona Linna«, meldet er sich seufzend.
    »Jurek Walter ist ausgebrochen, er ist geflohen und …«
    »Saga?«, fragt Joona und springt aus dem Bett.
    »Er hat eine Menge Menschen umgebracht«, sagt sie mit hysterisch klingender Stimme.
    »Bist du verletzt?«
    Joona geht durch die Wohnung und als ihm allmählich klar wird, was Saga da eigentlich sagt, schießt das Adrenalin in seine Adern.
    »Ich weiß nicht, wo er ist, er meinte, er wolle dich fertigmachen, er hat gesagt …«
    »Disa!«, ruft Joona.
    Er sieht, dass ihre Stiefel fort sind, öffnet die Wohnungstür und ruft ihren Namen so laut ins Treppenhaus, dass seine Stimme in der Dunkelheit widerhallt. Er versucht, sich zu erinnern, was sie zu ihm gesagt hat, bevor er eingeschlafen ist.
    »Disa ist nach Loudden gefahren«, sagt er.
    »Entschuldige, dass ich …«
    Joona drückt das Gespräch weg, zieht sich schnell an, greift nach dem Schulterhalfter mit der Pistole und verlässt seine Wohnung, ohne die Tür abzuschließen.
    Er läuft die Treppen hinunter und anschließend zur Dalagatan, wo Carlos sein Auto abgestellt hat. Im Laufen ruft er Disa an, aber sie meldet sich nicht. Es schneit kräftig, und als er die hohen Wälle sieht, die der Schneepflug an den Straßenrand geschoben hat, denkt er, dass er sein Auto unter Umständen wird freischaufeln müssen.
    Er wird von einem Bus aufgehalten, der so nahe an ihm vorbeidonnert, dass der Erdboden erzittert. Der Fahrtwind weht Neuschnee von einer flachen, breiten Mauer.
    Joona läuft zu seinem Wagen, steigt ein, fährt einfach über den Schneewall, schrammt seitlich an einem geparkten Wagen vorbei und gibt Gas.
    Als er am Tegnérlunden vorbeikommt, beschleunigt und zum Sveavägen hinunterfährt, fliegt in weichen Schwaden loser Schnee von seinem Auto.
    Joona weiß auf einmal, dass alles, wovor er Angst hat, in dieser Nacht aufflammen wird wie ein Feuersturm.
    Von einer Sekunde zur nächsten.
    Disa ist in ihrem Auto alleine unterwegs zum Freihafen.
    Joona spürt sein Herz gegen das Pistolenhalfter

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