Der Sandner und die Ringgeister
schon. Mit Gespür.« Er lässt sich vom verdatterten Kare noch den Mann genau beschreiben, dann beendet er das Gespräch. Die Versuchung, sich ein Glaserl Wein einzuschenken, wird so übermächtig, dass er ihr schlicht nachgibt.
Wenig später steht er wieder einmal bei der Imhoferin vor der Tür. Nur einen Spalt hat sie aufgemacht. Es riecht intensiv nach Kräutern und Katze.
»Sie ham uns den Keller aufgesperrt, mir und dem Herrn Lehnharter?«
Einen Blick schickt sie ihm, der ist im Malleus Maleficarum ausführlich dargelegt. Wahrscheinlich wird schlagartig seine Milch sauer im Kühlschrank, oder den Beischlaf kann er nie mehr praktizieren.
»Oiso – hams uns auch weggesperrt, da unten? An Gspaß gemacht?« Falsche Ansage. Nach Spaß sieht sie definitiv nicht aus – aber vielleicht geht sie dazu gerade in den Keller. Sie lässt den Spalt noch offen.
»Schauens, des is so eine Sache mit der ...« Rums! Die Tür ist zu. Zum Narrischwerden mit der Alten. Wenigstens konnte er sie locken. Morgen würde er wieder vorbeischauen. Der kleine Prinz zähmt den Fuchs. Obwohl er, nomen est omen, bei der Fuchszähmung Schwächen offenbart.
Die Wiesner und den Wenzel verbindet außer dem W eigentlich nichts. Nicht einmal eine gemeinsame Abneigung. Die Wiesner vermutet, dass sie dem Staatsanwalt wurscht ist, wie eine überfahrene Kröte auf der A8. Wie sie ihn auf der Stiege gewahr wird, grübelt sie, ob sie ihn überholen und ihm ein lässiges »Grüß Gott« zuwerfen sollte. Natürlich trägt sie das Stigma, zu Sandners Team zu gehören. Ein Schandmal. Die beiden werden in diesem Leben nicht mehr zusammenfinden. Eigentlich war sie zweite Wahl gewesen, als die Stelle bei der K11 neu besetzt wurde. Nachrücker.
Der ursprünglich Auserwählte ist kurzfristig aus dem Polizeidienst ausgeschieden. Gerade nach fünf Tagen Kripo. Er hat auf der B31 einen Mann niedergeschossen, der das Pech gehabt hatte, eine Katze zu überfahren. Obwohl der Polizist schon als tierlieb galt, war das dem Zufall geschuldet. Blöde Geschichte.
Nachts, halb zwölf ist es gewesen, und der Polizist hat angehalten, weil da ein Auto gestanden ist am Straßenrand.
Der Fahrer hat sich über etwas gebeugt. Wie der Beamte näher gekommen ist, hat er gesehen, es war eine Katz, mehr tot als lebendig. Nix mehr zu machen. Ein letzter Funken ihrer neun Leben war noch am Glimmen im zerstoßenen Leib. Erbarmt hat ihn das arme Viech. Selbst Haustierbesitzer, hat er die folgenschwere Entscheidung getroffen, das Tier mittels Dienstwaffe zu erlösen. Die Kugel hat das Tier wie geplant durchschlagen, final, sofortiger Exitus. Als der Meisterschütze das Schießeisen wieder verwahrt und sich umgedreht hat, ist er selbst blutleer geworden: Den Verursacher des Malheurs hat es ebenfalls hingestreckt, vor seinem Mercedes. Steckschuss im Schädel. Leider hat der nur ein Leben gehabt.
Die Rekonstruktion war eindeutig gewesen. Katze, Straßenbelag, metallene Straßenbegrenzung, Hirn.
Nicht mal nach den Statuten von PETA würde das als höhere Gerechtigkeit durchgehen. Schicksal eben. Du steckst halt nicht drin in so einer Kugel, meistens ist es umgekehrt. Nach diesem Querschläger mit 9 mm Vollmantel könntest du dich getrost zur Snooker WM anmelden.
Der verhinderte Samariter ist heute Angestellter eines Wachdienstes. Das Führungszeugnis ist blütenweiß.
Inzwischen glaubt die Wiesner längst bewiesen zu haben, dass der Begriff zweite Wahl auf sie nie gepasst hat. Und sie wird es weiter beweisen. Den Mannsbildern hierherin samt und sonders.
Der Staatsanwalt ist stehen geblieben. Jetzt bückt er sich und wischt mit der Hand über einen seiner Hochglanzschuhe.
»Grüß Gott, Herr Wenzel.«
»Ach, die Frau Kommissarin Wiesner. Da kann ich’s mir gleich sparen, zu Ihnen zu kommen.« Warum spart er sich nicht auch dieses Gespräch?
»Ich habe gerade vom Herrn Bischoff erfahren, dass der Herr Auerhammer noch einmal zu Ihnen kommt. Es geht wohl um Formalitäten, Vernehmungsprotokoll, Unterschriften, Bestätigungen, weiß der Teufel. Wie auch immer, ich fände es höchst angemessen, nein, ich fordere Sie auf, sich bei dem Mann für Ihren gestrigen Auftritt angemessen zu entschuldigen.«
Schlag sechs steht der Sandner auf dem Parkplatz vor dem Präsidium. Besser gesagt, er flippert umher. Immer wieder schaut er auf die Uhr. Pünktlichkeit ist eine Zier. Der Sandner als Großwildjäger. Und die Beute heißt Auerhammer. Ob die Falle zuschnappen wird und er ihm das Fell
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