Der Sandner und die Ringgeister
nickt.
»Was der Hauptkommissar meint«, sagt der Wenzel und deutet auf den Rekorder, »ist ...«
»Und ich red mit ihm allein«, fährt ihm der Bauunternehmer über den Mund.
»Karl! Herr Auerhammer, es ist besser ...«
»Ich weiß scho, was für mich besser ist.«
Der Wenzel reißt die Arme nach oben, gibt den Schnürlhanswurscht. Dann schließt sich die Tür hinter ihm.
Von einem Baulöwen hat der Auerhammer gerade nichts. Das kennt der Sandner, dass es Momente gibt, in denen die Autorität, die Rollen und Masken verschwinden, als würd jemand aus der Rüstung geschält. Vor dir kauert der blanke, nackerte Mensch. Meist sind es tragische Momente, immer haben sie mit Schuld zu tun.
Der Mann vor ihm schaut zur Zimmerdecke. Er schwitzt. Seine Hände hat er zu Fäusten geballt, der Kehlkopf hüpft auf und ab wie ein Springfrosch.
»Wissens«, sagt er nach oben, als würd er zur höheren Macht sprechen, »des hab ich schon gewusst, dass der Tag kommt, wo des rauskommt.«
Der Sandner schweigt.
Auerhammers Blick richtet sich auf ihn.
»Ja, der Kevin is meiner.«
Nicken vom Sandner.
»Ich bin ... ich hab, Sie dürfen ned von mir denken, dass ich allerweil umanand bin und die jungen Madln zammschuster.«
Jetzt schaut der Sandner zur Decke. Das Warum ist für ihn nicht relevant. Der Auerhammer wird es ihm erzählen, weil er sich rechtfertigen muss, weil er nicht würdelos sein will. Irgendeine Mischung aus spontanem, unerklärlichem Trieb und lockender Lolita wird es halt sein. Das hätt einem jeden passieren können, würd er als Resümee verkaufen wollen. Den Sandner interessiert das Danach. Aber er muss ihn erzählen lassen. Auch wenn er bei der Sanne ist mit seinen Gedanken.
»Des ist bei einer Weihnachtsfeier im Heim gewesen. Lustig war’s, ich bin hin, wie ...«
Der Sandner nickt wieder, diesmal aufmunternd.
»Hams mir ein Glas Wasser?«, bittet der Auerhammer.
»Freilich.«
Der Sandner steht auf und geht hinüber zu seinem Büro, in dem die Wiesner immer noch sitzt. Sie blättert in der SZ, schaut nicht auf. Der Auerhammer wird ihm nicht weglaufen. Nach Dummheiten schaut er nicht aus.
Der Hauptkommissar nimmt sich eine Wasserflasche und zwei Gläser.
»Mit deinem Gefühl könntest im Varieté auftreten«, bemerkt er im Rausgehen, »des wär immer ausverkauft.«
Nachdem der Auerhammer getrunken hat, redet er weiter. Glühwein hätte er an jenem besagten Abend ordentlich getankt. Eigentlich hätte er nicht mehr selber fahren sollen, aber er hätte den Neunelfer da nicht stehen lassen wollen. Und da wär sie draußen gelehnt, die Janine, an seinem Wagen.
»Und ich weiß nimmer warum, ich habs halt gefragt, ob sie mal mitfahren möchte. Einfach so. Bin ich noch gar nicht auf irgendwelche Gedanken gekommen.«
Freilich bist du das, denkt der Sandner. Er ist ein geduldiger Mensch bei einem Verhör, aber wie ihm der Auerhammer erzählt, das Madl hätte ja genau gewusst, was es wollte, und Pipapo, reicht es ihm.
»Und wie hams das eingefädelt hinterher? Wie hams denn erfahren, dass sie schwanger ist?«
Der Auerhammer legt sich eine Antwort zurecht. Er holt Luft.
»Und warum hams ned wenigstens ein Präservativ benutzt, zefix?«, schiebt der Polizist unwirsch nach.
»Einen Gummi? Ich hab halt keinen dabeigehabt. Wissens, ich bin zwanzig Jahre verheiratet. Wir haben keine Kinder. Meine Frau hat immer gemeint, ich soll mich untersuchen lassen, aber ich wollt ned. So weit kommt’s noch. Dann ist es eben so, hab ich mir gedacht, hat nicht sollen sein. Ja, Scheißadeckl!«
»Und Aids?«
»A geh, so a Madl.«
»Ich hab an Sie gedacht.«
Der Auerhammer haut auf den Tisch. »Jetzt tätens mir noch die Seuche anhängen!«
»Gar nix häng ich Ihnen an, hauens ned so herum da herin. Schnaufens durch.«
Der Auerhammer reibt sich die Augen. »Erfahren hab ich’s von der Janine.«
»Sie ham sie noch mal getroffen?«
»Ja.«
»Wie oft?«
»Höchstens zwei- oder dreimal.«
»Und dann?«
»Der Dennis hat grad sein Praktikum in den Sand gesetzt bei uns. Und ich hab eine Lösung gebraucht. Also hab ich mich mit ihnen getroffen, und sie waren einverstanden. Beide haben die Schnauze voll gehabt vom Heim.«
»Was hat die Janine davon gehabt?«
»Sie wollte das Kind unbedingt behalten und hat gedacht, die Giese sorgt dafür, dass sie es weggeben muss. Sie hat auch eine Lösung gebraucht.«
»Wolltens keine Abtreibung?«
Der Auerhammer schüttelt bloß den Kopf.
»Und die Lösung war England und
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