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Der sanfte Kuss des Todes

Titel: Der sanfte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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hatte. Aber Lucy kannte er. Und sie gehörte nun wirklich nicht zu den Frauen, die ihr Gegenüber ständig anfassen mussten. Sie vermied es, in der Öffentlichkeit jemanden anzufassen, zu umarmen oder zu küssen, und schon gar nicht eine andere Frau. Lucy war verschlossen und hatte etwas Herbes an sich, viele Leute hielten sie sogar für schroff.
    Fiona schien sie sich allerdings geöffnet zu haben.
    Jack fuhr auf den Highway und warf Fiona einen besorgten Blick zu. Sie hatte sein Hemd übergezogen und die Ärmel hochgekrempelt, aber sie sah immer noch so aus, als würde sie darin ertrinken. Sie schniefte und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase, aber es waren keine Tränen zu sehen.
    Jack öffnete die Konsole und nahm ein paar einzelne Taschentücher heraus. Er steckte sie in den Becherhalter und reichte ihr eines.
    »Danke.« Sie nahm das Taschentuch und tupfte sich die Nase ab. »Tut mir leid. Normalerweise passiert mir so etwas nicht.«
    »Was denn?«
    »Ich weiß nicht. Dass ich eine Geschichte so nah an mich heranlasse.«
    »Der Fall ist ja auch wirklich grauenvoll«, sagte er. Das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Lucy hatte Unvorstellbares durchmachen müssen, und es war ein Wunder, dass sie es überhaupt überlebt hatte. Nach dem, was er heute wusste, zweifelte Jack daran, dass der Täter das beabsichtigt hatte.
    Fiona legte die Hände in den Schoß und holte tief Luft. »Okay … Gibt es hier irgendwo ein Motel?«

    »Klar. Warum?«
    Sie sah ihn an. Ihre Augen schimmerten jetzt smaragdgrün. »Ich brauche einen ruhigen Platz zum Arbeiten. Ich habe eine Skizze angefertigt und will noch daran arbeiten, und dann muss ich das Gesicht noch ein paar Jahre altern lassen.«
    Unglaublich. »Sie haben ein Phantombild gemacht?« Jack hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben.
    »Etwas in der Art.« Sie sah auf ihre Hände. »Die Frage ist, ob Sie etwas damit anfangen können. Das lässt sich wirklich noch nicht sagen. Ich muss noch daran arbeiten, und dann muss ich eine Entscheidung treffen.«
    Jack konzentrierte sich auf die Straße und versuchte verständnisvoll dreinzublicken. Aber in Wahrheit lag es nicht bei ihr, irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Da er sie bezahlte, konnte er mit der Zeichnung machen, was er wollte.
    »Wie lange brauchen Sie dazu? Vielleicht könnten Sie ja in meinem Büro arbeiten.«
    Fiona sah zum Fenster hinaus. »Da wäre ich wahrscheinlich zu sehr abgelenkt. Und außerdem könnte es eine Weile dauern. Insbesondere wenn ich noch jemanden zeichnen soll.«
    Noch jemanden?
    Sie sah ihn an. »Das wollten Sie mich doch fragen, oder nicht?«
    Er rang einen Moment mit sich, ob er ehrlich antworten sollte. Er hatte von Anfang an nicht mit offenen Karten gespielt, auch was diesen Punkt anging.
    »Ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet«, erwiderte er. »Wenn Sie nicht wollen, dann …«
    »Reden Sie doch keinen Unsinn. Wie wollen Sie einen
Mord aufklären, wenn Sie nicht einmal die Identität des Opfers kennen?«
    Sie hatte recht. Die Identität des Opfers war eines der Hauptprobleme. Allerdings machte Fiona einen völlig erschöpften Eindruck. Er hatte nicht gedacht, dass der Fall sie so mitnehmen würde, und bekam ein schlechtes Gewissen.
    »Wollen Sie zuerst ins Motel?«, fragte er. »Und sich vielleicht kurz aufs Ohr legen?«
    Sie schüttelte den Kopf und sah wieder zum Fenster hinaus. »Nein, danke, ich verzichte«, sagte sie. »Bringen Sie mich lieber gleich ins Leichenschauhaus.«

KAPITEL 4
    Shelby Sherwoods Entführer hatte am Nachmittag zuvor in Minneapolis einen Chrysler Minivan gemietet.
    Eine Stunde später war er in Maine und hatte in Bangor in einem Motel eingecheckt, und an diesem Morgen um 7.15 Uhr war er gesehen worden, als er an einer Shell-Tankstelle in Tucson Super tankte. Der Kassierer, bei dem er mit einem Zwanzigdollarschein bezahlt hatte, sagte, er hätte genauso ausgesehen wie auf dem Phantombild in den Nachrichten, bloß ein bisschen dicker und mit Pferdeschwanz.
    Garrett Sullivan trank seinen Automatenkaffee aus und schlug die Akte auf dem Beifahrersitz des Taurus auf. Seit sie vor drei Tagen Fionas Zeichnung an die Medien gegeben hatten, waren Hunderte von Anrufen mit Hinweisen eingegangen. Der Kerl ist in Nashville. Nein, in Roanoke.
Gerade eben hatte ihm in Peoria jemand einen Satz Winterreifen verkauft …
    Ein engagiertes Team aus Polizisten und Freiwilligen hatte Stunden damit zugebracht, sämtliche Hinweise zu überprüfen. Denen, die

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