Der Sarg: Psychothriller
Konstellationen tatsächlich sind, aber im Dunstkreis der Rossbachs scheint es niemanden zu geben, der so ist, wie er sich darstellt. Alles Schauspieler, und jeder mauschelt hinter dem Rücken der anderen rum. Das geht mir langsam gehörig auf die Nerven.«
»Aber würde einer von ihnen tatsächlich so weit gehen?«
»Ich frage mich vor allem, was diese Sargspiele mit Eva Rossbach sollen. Wenn sie selbst nichts damit zu tun hat und hat das alles tatsächlich so erlebt … das ist doch Wahnsinn!«
»Ja, wer weiß, vielleicht legt es ja jemand darauf an, sie regelrecht in den Wahnsinn zu treiben?«
Menkhoff dachte einen Moment darüber nach. »Um dann vielleicht einfacher an die Firma ranzukommen, meinst du? Wie Herr Wiebking zum Beispiel? Oder wer weiß, vielleicht auch Herr Glöckner?« Reithöfer hob die Schultern, und Menkhoff schüttelte den Kopf. »Weißt du, was mir dabei Probleme macht? Die Art und Weise. Das passt nicht zu einem Täter, der ein eigennütziges, vielleicht materielles Ziel verfolgt. Das Vergraben vielleicht noch, um Eva Rossbach so richtig Angst einzujagen. Aber diese Sache mit den verbundenen Augen und dem verbundenen Mund und die seltsame Art der Fesselung, obwohl in den Kisten weder das eine noch das andere nötig wäre … das hat schon was Pathologisches.«
Reithöfer sah kurz zu ihm herüber, konzentrierte sich aber sofort wieder auf den Verkehr. »Was aber nicht bedeutet, dass die Kandidaten aus Eva Rossbachs Umfeld damit raus sind.«
»Nein, das bedeutet es nicht«, stimmte Menkhoff ihr zu. »Diesen Psychiater sollten wir uns in jedem Fall vorknöpfen. Ich möchte wissen, was er so zu erzählen hat, wenn seine Patientin nicht dabei ist.«
»Sollen wir jetzt zu ihm …«
»Ja, wir fahren sofort hin«, fiel Menkhoff ihr schroff ins Wort, und als er aus den Augenwinkeln bemerkte, dass sie ihn wieder ansah, wandte er sich ihr zu und sagte: »Was?«
»Ich habe nur gerade überlegt, ob es für Dr. Leienberg vielleicht ein Nachteil ist, Psychiater zu sein, was deine Ermittlungen angeht. Ich weiß ja, dass du …«
»Das ist Quatsch, Jutta. Dieser Leienberg war letzte Nacht dabei, das ist alles.«
»Ich glaube nicht, dass das Quatsch ist. Du hast mich jetzt zweimal hintereinander unterbrochen, und zwar recht barsch. Ist dir das aufgefallen? Das tust du sonst nicht. Seit wir auf Dr. Leienberg getroffen sind, hast du dich verändert, du wirkst auf mich plötzlich so … ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll.«
Menkhoff war versucht aufzubrausen, besann sich aber. Er ließ einige Sekunden verstreichen, dann sagte er mit kontrolliert ruhiger Stimme: »Leienberg war in der vergangenen Nacht als Einziger im Haus, als Eva Rossbach in diesen Sarg gesperrt wurde, oder was auch immer es war. Dass er zudem Psychiater ist, rückt ihn für den Fall natürlich in ein anderes Licht, das gebe ich ja zu. Aber nicht etwa, weil ich grundsätzlich alle Psychiater hasse, sondern wegen der Art, mit der diese Verbrechen ausgeführt worden sind. Wie ich eben schon sagte, dieses Zukleben der Augen und des Mundes, das Fesseln der Hände in einem geschlossenen Sarg … das deutet auf einen pathologischen Täter hin. Oder auf jemanden, der sich mit den Verhaltensweisen dieser Menschen auskennt und nur vortäuscht, die Taten wären von jemandem verübt worden, der psychisch krank ist.«
»Ich verstehe, was du meinst, aber welches Motiv sollte Dr. Leienberg für das alles haben?«
Menkhoff wandte sich schnaubend ab und sah sich durch das Seitenfenster die schnell vorbeiziehenden Häuser an. »Ich habe keinen blassen Schimmer, aber ich habe vor, es herauszufinden.«
Dr. Leienberg hatte eine Patientin, als sie in seiner Praxis ankamen. Nachdem Menkhoff ihm erklärte, dass sie noch einmal mit ihm über die Geschehnisse der vergangenen Nacht reden wollten, bat er sie, sich noch einen Moment ins Wartezimmer zu setzen. Wenige Minuten später kam eine etwas füllige, schwarzhaarige Frau Mitte vierzig aus dem Behandlungszimmer und nickte ihnen zu, während sie ihren Mantel anzog.
Als sie kurz danach dem Psychiater in gemütlichen Sesseln gegenübersaßen, kam Menkhoff ohne Umschweife zur Sache. »Herr Dr. Leienberg, was halten Sie eigentlich von dieser Geschichte?«
Leienberg sah ihn fragend an. »Wie meinen Sie das?«
»Na ja, es ist ja nicht gerade alltäglich, dass eine Frau mehrfach in einen Sarg eingeschlossen wird und kurz danach in ihrem Bett wieder aufwacht, als sei nichts
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