Der Sarg: Psychothriller
direkt zwangseinweisen lassen, nach dem, was er von dir gehört hat.«
Wiebke sah sie auf eine Art an, die Eva nicht deuten konnte. »Tut mir leid, Eva, ich wusste nicht, dass du das so siehst. Burghard hat mich nach dem genauen Grund gefragt, warum du zu ihm kommen wolltest, da dachte ich, es ist wichtig, dass er das weiß. Und er hätte natürlich nichts unternommen, wenn du nicht mit ihm hättest sprechen wollen. Ich würde aber niemals jemandem gegenüber ein Wort über Dinge verlieren, die du mir im Vertrauen erzählt hast, und das solltest du eigentlich wissen. Aber sagst du mir jetzt bitte, was hier los war? Als ich eben ankam, zogen sich draußen gerade ein paar Männer um. Sie hatten weiße Overalls an, wie diese Polizisten im Fernsehen, die Tatorte untersuchen.«
»Ja, das waren die Beamten von der Spurensicherung. Heute Nacht ist hier wieder etwas passiert, wieder mit diesem Sarg, und Dr. Leienberg war hier.«
»Wie? Ich verstehe nicht, Burghard war dabei? Heute Nacht? Hier?«
Eva nickte, dann erzählte sie Wiebke, was in der vergangenen Nacht vorgefallen war. Während sie redete, schüttelte Wiebke immer wieder fassungslos den Kopf. Als Eva mit ihren Schilderungen fertig war, hatte Wiebke Tränen in den Augen. Über den Tisch hinweg ergriff sie Evas Hände, hielt sie und streichelte ihr mit den Daumen über den Handrücken. »Mein Gott, wie furchtbar, du Arme, du musst doch vor Angst fast gestorben sein! Und Burghard hatte wohl Glück, dass er nur gefesselt worden ist. Aber warum tut man dir so was an? Und wer? Ich verstehe das alles nicht!«
»Ich verstehe es auch nicht«, erwiderte Eva und sah Wiebke in die Augen. In diesem Moment wünschte sie sich mehr als alles andere, ihre Freundin würde aufstehen, zu ihr kommen und sie einfach in die Arme nehmen. Sie erschrak bei dem Gedanken, denn er war neu für sie. Sie mochte es überhaupt nicht, angefasst zu werden, von niemandem. An dieser … Abneigung war bisher auch jeder Versuch einer Beziehung gescheitert.
»Und du hast überhaupt keine Idee, wer das gewesen sein könnte?«
Etwas schnürte Eva die Kehle zu. Bilder entstanden in ihrem Kopf, Erinnerungen waren mit einem Mal wieder da. Was sollte sie Wiebke auf diese Frage antworten? Die Wahrheit? Und dann? Das ging nicht. Aber anlügen wollte sie ihre Freundin auch nicht. »Doch, ich … ich habe eine Idee, aber die ist so … ich kann das niemandem sagen, Wiebke.« Doch noch während sie sprach, überlegte Eva es sich anders. Sie hatte das dringende Bedürfnis, die Gedanken, die sie schon so lange quälten, mit jemandem zu teilen, sie wollte, dass ihre einzige Freundin verstand, wie groß ihre Angst wirklich war und woher sie kam. Und deshalb erzählte sie Wiebke alles.
34
»Was hältst du von dieser Geschichte?« Reithöfer bog von der Straße, in der Eva Rossbachs Villa lag, auf die Hauptstraße ein.
»Ach, ich habe keine Ahnung, das ist alles mehr als merkwürdig. Außerdem hasse ich es, dass jetzt ausgerechnet auch noch ein Psychiater ins Spiel kommt.«
Reithöfer warf ihm einen kurzen Blick zu, sagte aber nichts.
»Als die gute Frau Rossbach uns diese Geschichte erzählt hat, dachte ich zuerst, sie tischt uns irgendwelche Phantasien auf. Aber erstens erklärt das nicht, warum dieser Psychiater gefesselt im Gästebett lag, und zweitens stellt sich die Frage, woher sie wissen sollte, auf welche Art die Opfer gefesselt wurden, wenn sie es nicht tatsächlich selbst erlebt hat. Es sei denn …«, er zuckte mit den Schultern.
»Es sei denn, sie hätte selbst was damit zu tun«, ergänzte Reithöfer, und Menkhoff nickte. »Ja, das wäre theoretisch eine Möglichkeit, aber ich traue es ihr nicht zu. Mein Gefühl müsste mich schon sehr täuschen, wenn sie dazu fähig wäre, jemanden lebendig zu begraben. Vielleicht hängt ja dieser Psychiater irgendwie mit drin. Wir werden ihn mal durchleuchten. Vielleicht findet sich was, das uns weiterhilft.«
»Offensichtlich war Frau Rossbach eben ziemlich überrascht, als sie hörte, dass Jörg Wiebking vorgestern bei Wiebke Pfeiffer übernachtet hat.«
»Ja, und der guten Frau Pfeiffer war es auch nicht gerade angenehm, dass ihre Freundin davon erfahren hat. Aber ich musste ja schließlich Wiebkings Alibi überprüfen.«
»Was denkst du, könnte er doch was damit zu tun haben?«
Menkhoff hob die Hände und ließ sie auf die Schenkel fallen. »Ach, die könnten doch theoretisch alle was damit zu tun haben. Ich blicke nicht durch, wie die
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