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Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch

Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch

Titel: Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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zusammengesetzt - wenn überhaupt.«
    Einige Augenblicke lang starrten sich die beiden schweigend an.
    Sie wußte, daß ihr Neffe vorläufig noch dringend auf ihre Mithilfe angewiesen war. Solange der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch noch nicht endgültig fertig gebraut war, konnte er bestimmt nicht auf sie verzichten. Und er wußte, daß sie es wußte.
    Sie lächelte ebenfalls unheilschwanger.
    »Gut«, sagte sie langsam, »ich denke, du wirst wohl alles hundertprozentig richtig machen. Ich verlasse mich ganz auf deine Selbstsucht, Bubi.«
    Er zog die farblose Flüssigkeit in seiner Spritze auf, beide entblößten den linken Arm, er prüfte ganz genau die Menge und gab erst ihr und dann sich selbst die Injektion.
    Ihrer beider Konturen fingen an zu vibrieren, zu verschwimmen, sich grotesk in die Länge und in die Breite zu ziehen, dann waren sie beide nicht mehr zu sehen.
    Im Punschglas aus Kaltem Feuer aber begannen, scheinbar wie von selbst, die sonderbarsten Dinge vor sich zu gehen...

»Ein Schönie soll ich sein?« gackelte der Rabe vor sich hin. »Ja, wahrhaftig - ein schönes Schönie! Ich möcht’ mich gleich selbst in Stücke hacken wegen meiner schö- nialen Idee. Nie mehr denk’ ich nach, das schwör’ ich, oder ich will den Rest meines Lebens zu Fuß gehen. Vom Nachdenken hat man bloß Unannehmlichkeiten, nix wie Unannehmlichkeiten hat man davon.«
    Aber der Kater hörte ihn nicht, er war schon wieder ein ganzes Stück höher geklettert, dorthin, wo das schräge Dach der Turmspitze begann.
    »Er schafft’s tatsächlich!« sagte Jakob zu sich selbst. »Ich glaub’, ich krieg’ die Mauser, der Kerl schafft’s!«
    Er nahm sein letztes bißchen Kraft zusammen und flatterte dem Kater nach, aber er fand ihn nicht mehr in der Dunkelheit. Er landete auf dem Kopf eines steinernen Engels, der eine Posaune des Jüngsten Gerichts blies, und spähte nach allen Seiten.
    »Moritz, wo bist du denn?« schrie er.

    Keine Antwort.
    Da kreischte er verzweifelt in die Finsternis hinein: »Und selbst wenn du’s wirklich schaffst bis zu den Glocken hinauf, du Mini-Ritter, du ..., und selbst wenn wir’s zu zweit schaffen würden, sie zu läuten ... was bestimmt nicht geht... dann is’ es trotzdem immer noch sinnlos ... weil... wenn wir sie jetzt schon läuten, dann ist es eben nicht das Neujahrsgeläut, sondern irgendein gewöhnlicher Ton. Es sind doch nicht die Glocken, um die’s dabei geht, sondern daß es genau Mitternacht sein muß.«
    Kein Laut war zu hören außer dem Pfeifen des Windes, der um die Ecken des Turmes und die steinernen Figuren pfiff. Jakob krallte sich am Kopf des Posaunenengels fest und schrie außer sich: »He, Käterchen, gibt’s dich noch oder bist du schon ’runtergehagelt?«
    Für den Bruchteil einer Sekunde war ihm, als habe er irgendwo in der Höhe ein schwaches, klägliches Miauen gehört. Er warf sich in die Finsternis und flabusterte hinter dem Ton her, wobei er sich ein paarmal in der Luft überschlug.
    Tatsächlich hatte Moritz - er wußte selbst nicht mehr wie - endlich ein Spitzbogenfenster erreicht, durch das er in den Turm hineinkommen konnte. Als Jakob neben ihm landete, verließen ihn endgültig die Kräfte. Er wurde ohnmächtig und purzelte ins Innere hinunter, glücklicherweise nicht tief. Als winziges Fellbündel lag er in der großen Dunkelheit auf den hölzernen Bohlen des Glockenstuhls.
    Jakob hüpfte zu ihm hinunter und stupste ihn mit dem Schnabel an. Aber der kleine Kater regte sich nicht mehr.
    »Moritz«, krächzte der Rabe, »bist du tot?«
    Da er keine Antwort bekam, senkte er langsam den Kopf. Ein Zittern durchlief seinen Körper.
    »Eins muß man dir lassen, Käterchen«, sagte er leise und feierlich, »wenn du auch vielleicht nicht gerade besonders viel Verstand hattest, aber ein Held warst du irgendwie. Deine vornehmen Ahnen könnten ziemlich stolz auf dich sein, wenn es sie gegeben hätte.«
    Dann wurde auch ihm schwarz vor den Augen und er fiel einfach um. Der Wind pfiff um die Turmspitze und trug Schnee herein, der die beiden Tiere nach und nach bedeckte.

    Im altersschwarzen Gebälk, ganz nahe über ihnen, hingen riesig und schattenhaft die gewaltigen Glocken und warteten schweigend auf den Beginn des neuen Jahres, das sie mit ihren mächtigen Stimmen begrüßen sollten.

    Rasend wie in einer Zentrifuge wirbelte der Punsch in seinem Glas aus Kaltem Feuer, denn in seinem Inneren fuhr, glitzernd und funkensprühend, der Schweif eines Kometen

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