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Der Saubere Tod

Titel: Der Saubere Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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recht oft so ein Ende erlebt. Jetzt ist es mir auch zuviel. So was ist nicht ganz leicht. Und Afrika stellt uns bloß: Das Klima führt eine ganze Zivilisation ad absurdum. Die zerfallenen Steinpaläste aus der Kolonialzeit. Es stehen nur noch die Außenmauern. Und innendrin, in den weißen Ruinen, haben die Leute wieder ihre Strohhütten gebaut.
    Ich wollte eigentlich heute abend noch zu Peter, sagte Johann.
    Und?
    Er ist nicht da.
    So.
    Kennst du ihn?
    Ja, sagte Maria.
    Und, magst du ihn?
    Wir haben ein paar gemeinsame Bekannte, sagte Maria. Ich bin aber nicht sicher, daß er das auch weiß.
    Was hatte er eigentlich mit der Rosa-Bar zu tun?
    Er hat sie damals gegründet, als ihm die Nichtstuerei in der Bülowstraße zuviel wurde. Er hat ne Menge getan damals. Er war ne Zeitlang einer der Stars in der Szene.
    Und warum ist ers nicht mehr?
    Weils keine Szene mehr gibt. Oder nie gab, was weiß ich. Er weiß das aber offensichtlich nicht. Er hat glaub ich ein paar Tausender aus der Kasse genommen, um damit die Läden aufzumachen, mit denen er auf die Schnauze gefallen ist. Die andern haben ihn dann aus der Rosa-Bar geekelt. Er kann sich sowieso kaum mehr irgendwo sehen lassen.
    Magst du ihn? fragte Johann.
    Nein.
    Ich möchte wissen, wo er ist.
    Wahrscheinlich hat er den Kopf voll Opium und Wodka und Weltschmerz und ist bei irgend jemandem, der ihm das alles aus dem Leib vögeln soll.
    Glaub ich nicht.
    Maria zuckte die Achseln.
    Meinst du? fragte Johann.
    Keine Ahnung, es interessiert mich auch nicht.
    Wahrscheinlich hast du recht, sagte Johann.
    Du weißt doch, daß er schwul ist, sagte Maria.
    Ja, sagte Johann.
    Jetzt siehst du müde aus, sagte Maria.
    Wie spät ist es denn?
    Gleich sechs.
    Was hast du gemacht, heut abend? fragte Johann. Nichts weiter. Und du?
    Auch nichts weiter, sagte Johann.
    Dann schwiegen sie. Maria schloß die Augen und lauschte der Musik, die klang, als hätte jemand ein Mikrofon in den Urwald gehalten und einen Apparat gehabt, mit dem man auch Gerüche und Farben und Licht und Schatten in Töne übertragen kann.
     
    Gegen sieben Uhr morgens klingelte es an der Tür. Johann durchquerte die stille Wohnung und öffnete. Es waren ein Mann, eine Frau und ein Baby. Der Mann war klein und dünn, ganz in Schwarz, mit einer Schirmmütze, die er verkehrt trug. Er hatte ein langes schmales Gesicht, trug einen Rucksack und hatte das Baby im Arm, das lächelte und Johann aufmerksam ansah. Die Frau war klein und hatte weißblond gefärbtes Haar und rosige Haut. Sie war auch schwarz gekleidet und trug einen Rucksack und hielt einen zusammengeklappten Buggy in der Hand.
    Hello, I’m Jimmy Breen. That’s Jennifer, my wife. She speaks German, I don’t.
    Hallo, sagte die Frau. Ist dies das Apartment, wo Barbara wohnt? Wir sind Freunde von ihr.
    Johann deutete ihnen mit dem Kopf an, hereinzukommen.
    Barbara arbeitet aber. Sie kommt erst heute abend wieder. Ich zeig euch ihr Zimmer.
    He says, Barbara’s not here at the moment, sagte Jennifer zu ihrem Mann.
    Johann betrachtete das Kind, das müde lächelte.
    Anyway, we’re here, sagte Breen. You know, we spent the night in a dirty room with twenty people staring at us. Didn’t find the address.
    Ich mache etwas für Jessica zu essen, sagte Jennifer. Sie lebt seit zwei Tagen von Keksen.
    Maria erschien. Sie sah das Kind und Jennifer und lächelte. Ich mache Kaffee.
    You know Blixa Bargeld? fragte Breen Johann. Since I got here I’ve been asking anybody, and no one seems to have ever heard of him. Man, that’s Berlin, isn’t it? I mean, he’s coming from here. New York is crazy for the Collapsing New Buildings, and nobody knows them at home. It’s crazy! Everyone says, I don’t know, when you ask them anything.
    New York, Jimmy Breen kam aus New York, und als sie zu fünft Kreuzberg durchquerten, den Erkelenzdamm auf dem Teppich brauner fauliger Blätter bis zum Fraenkelufer mit dem Blick auf die Krankenfabrik am andern Ufer des grauen Landwehrkanals, wo Schwäne, Enten und Bläßhühner kreischend und flügelschlagend auf eine alte Frau zuschwammen, die Brot streute, das Lincke-Ufer entlang in Richtung Treptow bis zur Grenze und dann in weitem Bogen auf Spree und Schlesisches Tor zu, die Kragen hochgeschlagen gegen den Herbstwind, da erzählte Jimmy Breen von New York und wie sie lebten und von Jennifer und von ihrem artwork, das keinen von beiden bislang ernährte, obwohl Jennifer jetzt die ersten Ausstellungen in den Galerien von Greenwich bekam.

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