Der Schachspieler
Der Täter hat die Zalentine-Zwillinge mit Läufern gleichgesetzt und sie beide eliminiert.«
»Und was bedeutet das?«
»Dass der Täter Zug um Zug die Verteidigung des Königs dezimiert.«
»Dann dürfte wohl klar sein, dass die Sache noch nicht ausgestanden ist«, meinte Jund, »weil der König noch auf dem Brett ist.«
Für Cady war nur eines klar: dass Vance Zalentine seine Söhne völlig richtig eingeschätzt hatte.
8
G uten Morgen, Senator Farris.« Cady stand in der Tür zu Farris’ Büroräumen im Dirksen Senate Office Building und schüttelte dem Senator aus Delaware die Hand. Der Mann hatte einen Händedruck wie ein Schraubstock und ein Lächeln, das von teuren Kronen zeugte.
»Danke, dass Sie so kurzfristig gekommen sind, Agent Cady«, sagte Senator Arlen Farris, klopfte ihm auf die Schulter und führte ihn zu seinem Schreibtisch. »Kennen Sie meinen Sohn Patrick schon?«
»Ich hatte noch nicht das Vergnügen, Sir«, antwortete Cady. »Guten Morgen, Herr Abgeordneter.«
Der Kongressabgeordnete stand von seinem Lehnstuhl auf und schüttelte Cady die Hand. »Das Vergnügen ist ganz meinerseits, Agent Cady. Nennen Sie mich doch einfach Patrick.«
Cady nickte. Er erinnerte sich, dass Newsweek die beiden Politiker vor einigen Jahren auf dem Titelbild präsentiert hatte, nachdem Patrick Farris den Sitz im Repräsentantenhaus gewonnen hatte, den schon sein Vater einst innehatte, bevor er in den Senat wechselte. Der Autor der Titelgeschichte verglich die Farris-Dynastie in Delaware sogar mit den Kennedys und den Bushs. Zwei Drittel der Dynastie standen hier vor Cady, der dritte im Bunde, Arlens Bruder Graham, einst Gouverneur von Delaware, war vor einigen Jahren an Leukämie gestorben.
»Assistant Director Jund hat erwähnt, dass Sie Informationen zu den Mordermittlungen im Fall Barrett Sanfield hätten.«
»Schreckliche Sache«, sagte Senator Farris kopfschüttelnd. »Wissen Sie, Barry und ich sind zusammen in Milford aufgewachsen. Wir haben unser Footballteam angeführt und hätten die verdammte Meisterschaft gewonnen, wenn wir’s nicht im Finish mit einem dummen Foul und einem verpassten Field Goal vergeigt hätten: Das wird mich bis ins Grab verfolgen. Barry hat mich seit damals auf meinem Weg begleitet. Hab den Hundesohn geliebt.«
»Mein Beileid, Sir. Ich habe gehört, dass Sie und Mr. Sanfield enge Freunde waren.«
»Danke, Agent Cady.« Der Senator drückte eine Taste an seinem Telefon. »Mavis, ist noch was von dem leckeren Biskuitkuchen da?«
»Ja, Senator«, antwortete eine weibliche Stimme aus dem Lautsprecher.
»Würden Sie uns bitte drei Stücke bringen – nein, verdammt, bringen Sie uns alles, was noch da ist, und drei Tassen Kaffee.«
»Mach ich, Arlen«, meldete Mavis.
»Senator, das muss wirklich nicht sein …«
»Ein Bissen davon, und Sie ziehen Ihren Colt, um das Rezept von ihr zu bekommen. Und jetzt hören Sie endlich auf, mich Senator zu nennen. Ich heiße Arlen.«
Senator Farris nahm Cady am Ellbogen, als wären sie alte Kumpel, und führte ihn zur Couch. Cady erkannte in Farris den geborenen Politiker, stets bereit, die Leute mit einem Lächeln und einem flotten Spruch auf seine Seite zu ziehen. Er konnte selbst über die mysteriöseste Mordangelegenheit in Washington seit Vince Foster in einem Tonfall sprechen, als ginge es um einen Zuchtbullen auf dem Viehmarkt von Delaware. Mavis, eine Frau mit silbriger Bienenkorbfrisur und um den Hals gehängter schwarzer Brille, schob einen Servierwagen mit drei Tassen Kaffee und drei Stücken ihres angeblich legendären Biskuitkuchens herein. Als sie hinausging, schloss sie die Tür hinter sich.
»Und?« Der Senator musterte Cady, als der seinen ersten Bissen kostete.
»Sehr gut.«
»Sagen Sie ihr das, wenn Sie gehen. Mavis bedeutet es viel, wenn man ihre Kuchen lobt. Gestern gab’s einen Zimtstreuselkuchen, der war so lecker, dass ich den Bäckereien per Gesetz vorschreiben werde, ihn ins Angebot zu nehmen.« Farris nahm einen großen Bissen Biskuitkuchen. »Ich hätte längst dreihundert Kilo, wenn ich ihre Leckereien nicht an Besucher verteilen würde.«
Cady verstand gut, warum Arlen Farris alle sechs Jahre mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt wurde. Seine kumpelhafte Leutseligkeit machte ihn den Menschen sympathisch, doch Cady spürte, dass da hinter den grünen Augen des Senators eine andere Seite lauern musste: Dieses Leg dich bloß nicht mit mir an , das er brauchte, um möglichst viele Projekte für
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