Der Schachspieler
Cady. »Was hat dieser Chessman eigentlich mit den Morden der Zalentines zu tun?«
»Unsere Leute haben mit den Familien der sechs Opfer gesprochen. Es gibt bisher keine Hinweise, dass der Chessman irgendwie mit den Morden zu tun hatte. Im Yachthafen wurde jedenfalls nie ein männlicher Gast auf der She-Killer gesehen. Auf den Handtaschen finden sich jede Menge Fingerabdrücke von Alain und Adrien und der betreffenden Mädchen.«
»Sagen uns die Abdrücke sonst noch was?«
»Bei den Gesprächen mit den Familien der Opfer haben unsere Leute Fingerabdrücke von alten Jahrbüchern, Fotoalben und CDs genommen und mit denen aus der Trophäensammlung der Zalentines abgeglichen, von den Taschen und Papieren, Kreditkarten und Schlüsseln. Da fanden sich auch einzelne Abdrücke von Kassiererinnen und Tankstellenmitarbeitern. Die von Alain und Adrien sind jedoch überall. Die beiden müssen die Taschen oft herausgenommen und sich alles angesehen haben: Geldbörsen, Führerscheine, Schminksets.«
Einige Augenblicke herrschte Schweigen im Raum. »Wir nennen ihn den Chessman«, begann Jund schließlich, »und gehen von einem Einzeltäter aus, aufgrund der Sicherheitsaufnahmen vom Sanfield-Mord, aber die Zwillinge … Dieser Doppelmord deutet auf sorgfältige Planung hin. Hat jemand von Ihnen schon mal daran gedacht, dass es sich beim Chessman um mehr als eine Person handeln könnte?«
»Dazu möchte ich zwei Dinge sagen, Sir. Erstens: Adrien war spätestens zwei Stunden, nachdem er mit dem Boot hinausfuhr, tot. Um zehn Uhr vormittags. Es wäre für den Täter kein Problem gewesen, bis Mittag bei den Dorchester Towers zu sein, um Alain zu beschatten. Zweitens«, fuhr Cady fort, »sind fünf Wochen seit Sanfields Tod vergangen. Zeit genug, um die Zwillinge zu beobachten, sich ihre Gewohnheiten einzuprägen. Hätte es sich um ein Team von Killern gehandelt, so wäre es naheliegend gewesen, die beiden nachts in ihren Wohnungen zu überfallen. Das wäre viel einfacher gewesen.«
»Bei der Präzision und der sorgfältigen Planung dieser drei Morde«, meldete sich Bryce Drommerhausen zum ersten Mal zu Wort, »und auch – verzeihen Sie mir, Elizabeth – den Eiern , um die Sache durchzuziehen, würde ich einen militärischen Hintergrund des Täters vermuten. Ex-Special Forces, Ex-Navy SEAL, so was in dieser Art.«
»Ein interessanter Gedanke, Bryce«, meinte der AD. »Das sollten wir bei den Ermittlungen im Auge behalten.«
Zustimmendes Kopfnicken rund um den Konferenztisch.
»Und wir sollten die Vorgehensweise des Chessman sorgfältig abklopfen, um die Verbindung zwischen Sanfield und den Zalentines zu finden.«
»Eine erste Verbindung gibt es bereits«, sagte Cady. »Sanfield & Fine hat für Alain Zalentine ein paar Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung aus der Welt geschafft. Sanfield der Zauberer hat Alain in die Kanzlei geladen, die Sache aber an Stephen Fine übergeben. Übrigens leidet Stephen Fine seit dem Mord an Panikattacken und hält sich zurzeit an einem geheimen Ort auf den Bermudas auf.«
Detective Sears lachte und rieb sich mit dem Fingerknöchel im Augenwinkel. »Tut mir leid, aber mir ist gerade eingefallen, dass der Ehering meiner Frau von Zalentine ist. Sie haben doch diesen tollen Slogan: ›Zalentine reimt sich mit Valentine‹, ich glaube, das werden sie ändern müssen.«
»Zalentine reimt sich mit Frankenstein«, meldete sich Agent Kurtz über die Freisprechanlage.
Detective Sears musste sich das Lachen verbeißen. »Die Umsätze werden in der nächsten Zeit wohl ganz schön zurückgehen.«
»Danke für die Auflockerung, Gentlemen«, sagte Jund ernst, und brachte die Aufmerksamkeit der Anwesenden wieder auf die Sache. »Wir müssen der Verbindung zwischen Sanfield und Zalentine nachgehen. Da gibt es bestimmt mehr als ein paar Strafzettel.« Der AD runzelte die Stirn. »Gibt’s noch etwas über die Bedeutung der Schachfiguren?«
»Der Täter hat keine Bauern genommen, sondern gleich die Dame, danach die Läufer. Die Dame ist die stärkste Figur auf dem Brett, kann sich in alle Richtungen bewegen, deshalb dürfte der Täter Sanfield besondere Bedeutung beimessen.« Agent Tom Hiraldi war auf Junds Frage vorbereitet. »Die Läufer verfügen zwar nicht über die Möglichkeiten der Dame oder auch der Türme, aber auch sie sind wichtige Figuren, die sich diagonal über das Brett bewegen. Strategisch stellt man sie auf eine Stufe mit den Springern. Jedes Spiel beginnt mit zwei Läufern.
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