Der Schachspieler
hatte. Bret war im Grunde ein anständiger Mensch, wirklich. Er hatte das Herz am rechten Fleck, aber diese Sucht kriegte er nicht in den Griff, und nach der ganzen Mühe wurde mir irgendwann klar, dass er’s gar nicht wirklich versucht hat. Da bin ich dann gegangen, obwohl es verdammt schwer war.«
»Gab’s in seiner Familie noch weitere Alkoholiker?«
»Alles strikte Antialkoholiker bis zurück zu den Urgroßeltern.«
»Hat Bret Ihnen je von einem Vorfall auf einer Party erzählt, als er noch an der Uni war? Von einer jungen Frau, mit der er zusammen war und die in einem See ertrank?«
Terri Ingram starrte ihn geschockt an. »Er hat nie so etwas erwähnt, Agent Cady. Was ist da passiert?«
Cady erzählte ihr in wenigen Worten, was sich damals auf Dane Schaeffers Party zugetragen hatte. Er hielt sich an die Fakten, behielt seine eigene Einschätzung für sich und überließ es Terri, sich ihre eigenen Gedanken zu machen.
»Bret hat nie davon gesprochen. Nicht einmal in den Beratungssitzungen, als uns der Therapeut über mögliche Auslöser für Brets Sucht nachdenken ließ. Vielleicht war das der Dämon, den er nicht austreiben konnte.«
Die beiden saßen schweigend in Gedanken vertieft. Die Sonne verschwand schließlich hinter dem fernen Horizont. Die Kinder hatten den Spielplatz verlassen. Motten schwirrten um die Lampe herum.
Terri Ingram stand auf, die Hände in die Hüften gestemmt. »Warum sind Sie gekommen? Sie sind der zweite FBI-Agent, der mit mir über meinen Mann spricht. Habt ihr nicht genug damit zu tun, Terroristen zu jagen, dass ihr euch mit einem Trinker beschäftigt, der bei einem Unfall ums Leben gekommen ist? Finden Sie nicht, es wäre Zeit, mir endlich zu sagen, warum Sie wirklich hier sind, Agent Cady?«
Cady hätte in diesem Moment selbst einen starken Drink gebrauchen können. Er hatte gewusst, dass dieser Moment früher oder später kommen würde. »Ich glaube genauso wenig wie Sie, dass Brets Tod ein Unfall war. Setzen Sie sich, Mrs. Ingram. Ich möchte Ihnen ein paar Dinge erzählen, die Sie vielleicht interessieren.«
Cady erzählte ihr von den Morden nach dem Tod ihres Mannes und den darauffolgenden Ermittlungen. Seine Anwesenheit in Farris’ Haus während dessen Ermordung erwähnte er nicht. Abschließend wies er daraufhin, dass man sich mit Spekulationen zurückhalten müsse, verriet ihr dann aber doch einige seiner gewagtesten Thesen.
»Wow«, entfuhr es Terri, als Cady mit seinem Bericht fertig war.
»Ja«, antwortete Cady. »Wow.«
»Sie denken also, Bret wurde von Dane Schaeffer ermordet, als Rache für das, was in der Nacht passierte, als Marly Kelch ertrank?«
Cady wog seine Worte sorgfältig ab, wollte angesichts der laufenden Ermittlungen nur das Nötigste preisgeben. »Es gab schon damals viele offene Fragen, aber man wollte den Fall so schnell wie möglich abschließen. Eigentlich hätte ich schon vor drei Jahren mit Ihnen über die Sache sprechen sollen, aber ich war zu dem Zeitpunkt indisponiert und nicht mehr mit dem Fall beschäftigt. Die jüngsten Ereignisse werfen die Frage auf, ob Dane Schaeffer wirklich der Chessman-Killer war oder nur eines seiner Opfer.«
»Bret hat nie über seine Princeton-Jahre gesprochen, und er war schon tot, als das mit den Zalentines herauskam.« Ein nachdenklicher Blick trat auf Terri Ingrams Gesicht. »Bret hat getrunken, um zu vergessen, dass er mitgeholfen hatte zu vertuschen, was wirklich mit dem Mädchen passiert ist? Mein Gott. Alles, wofür ich in den letzten fünf Jahren gearbeitet habe – das alles hier –, ist auf einer alten Schuld und auf Blutgeld aufgebaut.«
»Ich bin nicht gekommen, um Ihre Welt zu erschüttern, Terri«, sagte Cady und sprach sie zum ersten Mal mit dem Vornamen an. »Das alles ist nicht Ihre Schuld. Es ist passiert, lange bevor Sie Bret Ingram kennenlernten.«
»Wenn das stimmt, was Sie sagen, dann sollte ich die ganze Ferienanlage eigentlich Marly Kelchs Familie geben.«
»Ich glaube nicht, dass Marlys Mutter sie nehmen würde. Schauen Sie, Terri, die Ermittlungen haben nichts mit Ihnen zu tun. Sie tragen keine Verantwortung dafür.«
»Aber es würde sich gehören.«
»Ich würde sagen, Ihr Mann hat alle Schulden mit seinem Leben bezahlt.«
»Ich bin froh, dass Sie so ehrlich sind, Drew. Das ist … eine Wohltat. Was Sie mir da erzählt haben, daran werd ich noch ein bisschen zu knabbern haben.«
Cady nickte.
»Ich will, dass derjenige, der für Brets Tod verantwortlich ist,
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