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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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blendete sie. Da war nur noch Dunkelheit und geräuschloses Schneegestöber.
    Es war besser, wenn sie unangemeldet auftauchte.
    Sie schaltete das Licht aus und legte die Schlüssel unter die Fußmatte. Stallis Revolver, in dem eine Kugel fehlte, war in das Hosenband unter ihrem Sweatshirt gestopft, die Ausbeulung wurde von der klobigen Bomberjacke überdeckt.
    Nach einer kurzen Identifizierung per Kamera wurde sie von einem von Bauhaus Kokainvögelchen durch die Alarmanlagen hindurchgelotst; entweder Krystal oder Chari, sie konnte sich nie merken, wer wer war.
    Bauhaus selbst hielt Hof in der gepolsterten Grube in der Mitte seines Wohnzimmers. Ein seidenes Smoking-Jackett, weite Samthose und neue Mokassins aus ermordeten Bambis an den nackten Füßen. Acht oder neun Riesen in ziseliertem Gold prangten inmitten seines ergrauenden Brusthaars. Krystal oder Chari – die andere – schielte wie ein nachtaktiver Nager auf die MTV-Präsentation im Fernsehen: hektische Schnitte, blitzende Bewegungen, grelle Farben – der Acid-Trip eines Wahnsinnigen. Sie trug einen offenen Bademantel, und die eine Hand lag auf ihrer Scham, als ob Sie vergessen hatte, was sie tun wollte, während die andere in einer Schale mit Käsechips steckte. Bei all dem Junkfood bekam sie langsam Pickel um die Mundwinkel. Es würde nicht mehr lange dauern, und Bauhaus würde sie abstoßen. Wenn sie Glück hatte, würde er sie umbringen.
    Neben Bauhaus, aber jetzt dem Eingang und Jamaica zugewandt, so als sei er gerade bei einem wichtigen Informationsaustausch unterbrochen worden, war ein Gast, den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Er hörte auf zu reden und lächelte, als er ihrer ansichtig wurde; er entblößte dabei Zähne, die aussahen, als wären sie in Olivenöl mariniert. Sein volles Haar war sorgfältig gekämmt und tiefschwarz. Er war einer von den Männern, die immer einen deutlichen Bartschatten haben und über und über mit Körperbehaarung bedeckt sind. Seine Stirn war hoch und breit. Deutlich ausgeprägte Wangenknochen liefen in ein spitzes Kinn aus, wodurch das ganze Gesicht an eine Gottesanbeterin erinnerte. Die Gesichtsfarbe war durch UV zu einer unnatürlichen Bronze getönt, in der seine Augen hervorzuquellen schienen. Er sah aus, als sei er ein wenig verrückt.
    Jamaica fühlte, dass das ein Mann war, der hier und jetzt Bargeld für sie auf den Tisch legen und sie nicht gerade sanft anfassen würde.
    »Wenn man vom Teufel spricht«, begann Bauhaus, feist und strahlend. Er dämpfte die Lautstärke des Fernsehers mit der Fernbedienung und schlug mit einem Grunzen wieder seine dicken Beine übereinander. Mit einer großartigen Geste hob er eine kubanische Zigarre, fünfundzwanzig qualmende Zentimeter, aus einem Kristallaschenbecher und saugte an ihr. »Trab mal zu uns rüber, Schatz. Ich habe hier einen Gast, den du kennenlernen musst.«
    Vögeln musst, dachte sie.
    »Das hier ist mein guter Freund aus Florida, Emilio.«
    Emilio erhob sich, verbeugte sich elegant und schüttelte ihr die Hand. Er hielt sie länger als nötig. Als er sich vorbeugte, konnte sie ein Platinrasiermesser sehen, das er an einer Kette um den Hals trug. Sein Grinsen bemühte sich vergeblich, nicht raubtierhaft zu erscheinen.
    Bauhaus versuchte einen Rauchring und scheiterte. »Emilio und du, ihr habt etwas gemeinsam, meine Liebe.«
    Oh, Scheiße -jetzt kommts, wie ein Pfeil in den Rücken.
    »Gemeinsame Vorfahren unter den Affen?« Sie lächelte süßlich.
    Sie bemerkten die Spitze nicht. Bauhaus paffte an seiner Zigarre. Sein Ende war zu sehr durchweicht. »Unseren Genossen Cruz. Du weißt nicht zufällig, wo er sich herumtreibt, oder?«
    »Nach dem, was ich zuletzt gehört habe, ist er im St.-Judes-Krankenhaus. Solltest du eigentlich wissen, du hast ihn da einliefern lassen, nachdem du und Marko mit ihm fertig wart.«
    »Hmm.« Bauhaus wollte keine wiederaufgewärmten Geschichten hören. »Das ist Schnee von gestern, fürchte ich. Genau genommen hat Marko sich sogar selbst davon überzeugt. Ich befürchte, Cruz hat Marko falsche Informationen darüber gegeben, wo dein Freund Jonathan wohnt. Erinnerst du dich noch an deinen kleinen, unschuldigen, spießigen Freund Jonathan? Oder rede ich zu schnell für dich?«
    Sie zuckte die Achseln: »Und? Was willst du mir damit sagen?«
    Lord Alfred schwebte in den Raum, kuhäugig und völlig weggetreten. Er reichte Emilio, der zu der ganzen Unterhaltung noch kein Wort beigesteuert hatte, eine Tasse schwarzen

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