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Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
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roten Schlafzimmer hinüber und sorgte dafür, dass sie hinter ihr her sahen. Chari begann auf der Couch zu schnarchen. Sie hatte Chipskrümel im Schamhaar.
    Emilio grinste wie ein Mandrill. Er hatte noch eine Menge Zeit, um sich um Cruz zu kümmern. Der lief ihm nicht weg. Aber in Chicago ging so einiges ab.
    Er wollte nicht, dass es zu schnell zu seiner Abrechnung mit Cruz kam. Er wollte, dass es lange dauerte, er wollte es genießen. Er hatte volles Vertrauen in seine Wirkung auf Frauen. Es war eine Herausforderung, zuerst Jamaicas Vertrauen zu gewinnen und dann Cruz wissen zu lassen, Sekunden bevor die Axt fiel, dass sie ihn verraten hatte. Emilio liebte es, zuzusehen, wie einem Weichei und Jammerlappen der Boden unter den Füßen wegbrach. Sie machten dann die komischsten Gesichter. Und dann modelierte er mit seinem Rasiermesser die Gesichter noch komischer und unappetitlicher.
    Er konnte diese Nutte auch ein bisschen aufschlitzen, nur so zum Spaß. Er konnte in sie hineinschneiden, während er in sie abspritzte. Das war ein Vergnügen, dass er sich schon geraume Zeit nicht mehr gegönnt hatte. Chiquita war dazu da gewesen, für ihn zu bluten, und Cruz hatte ihm diesen Spaß genommen. Andere Frauen hatten dafür bezahlen müssen.
    Jamaica ging voran, aber sie nahm nicht Emilios Hand.
    Die Wahl des Zimmers in Bauhaus’ protzigem Mini-Motel spielte für sie keine Rolle. Jamaica hatte beim einen oder anderem Mal schon in jedem von ihnen gevögelt.

26.
    Dem feucht glänzenden Ding, das auf der anderen Seite des altersschwachen Fahrstuhls klebte, lief wässriges Blut unter dem Hemd hervor. In der Mitte des Brustbeins ging das Hemd in Fetzen über und entblößte ein Untergestell aus hornigen Platten und feuchtschleimigem Gewebe wie eine wilde Kombination aus Schlange und Schnecke. Aus puckernden Poren floss schleimiges Schmiermittel; angetrocknete Spuren davon zeigten sich auf den silbrigen Kabinenwänden.
    Als die Tür sich öffnete und es Cruz sah, zuckte es zurück. Sein untätig klopfender Schwanz hinterließ das Geräusch eines nassen Handtuchs, als er über den Boden und die umgebenden Wände peitschte und dabei feuchte Flecken hinterließ.
    Das Ding hatte das Gesicht von Mario Velasquez, wenigstens so ungefähr.
    Die Augen des Kindes waren zu groß geraten, als seien sie von Kitschgemälden kopiert worden. Die Augäpfel waren kupferfarben und ohne Pupillen. Der Mund war zu breit, zu groß, ein nach unten gezogener lippenloser Spalt, ein übertriebenes Clownszweifeln, das durch die Unzahl nadelspitzer Fangzähne konterkarikiert wurde. Die dünnen Zähne saßen quer durcheinander und ragten heraus wie Dornen aus einer Hecke. Das ganze Ding passte nicht zusammen.
    Als Cruz dastand, mit offenem Mund und unfähig, sich zu rühren, gähnte es als Erwiederung, imitierte ihn. Die Geräusche, die es machte, waren nasal und verschnupft. Cruz dachte an eine Python, die ihren Kiefer ausrenkte, um Beutetiere zu verschlingen, die größer waren als ihr Kopf. Er dachte an den mörderischen Fleischklumpen mit den Stahlzähnen, den er in Alien gesehen hatte, seinem Lieblingsfilm in der wirklichen Welt.
    Das gibts einfach nicht, Leute.
    Er stand immer noch da und rührte sich nicht. Das glitschige kleine Monster holte noch einmal pfeifend Atem, und dann robbte es auf seinen Segmenten die Kabinenwand hinauf und durch die offene Dachluke hinaus. Sein stumpfer, olivfarbener Schwanz peitschte als Letztes hindurch.
    Cruz erinnerte sich an seine holprige Fahrstuhlfahrt in den zweiten Stock. Da ist es auf das Dach des aufsteigenden Fahrstuhls gefallen. Vielleicht hatte es sich in den Kabeln verheddert. Deswegen war die Kabine zwischen den Stockwerken stecken geblieben. Vielleicht war die untere Hälfte in den Seilwinden stecken geblieben und abgerissen worden. Vielleicht …
    Ja, und vielleicht war das alles gar nicht wahr. Er zwang sich dazu, vorsichtiger zu sein, sich langsamer zu bewegen. Spiderman und die Sache mit der Lötlampe fielen ihm wieder ein. Die Wahrnehmungen von dem Kerl hatten ihm keinen Zweifel daran gelassen, dass er Dutzende von widerlichen Spinnen über seinen Körper krabbeln sah und fühlte, wo gar keine Spinnen waren. Was hatte er sonst noch gesehen, bevor er die Flammen gegen sich selbst gerichtet hatte? Was für Visionen hatten ihn auf die Notfallstation begleitet, als sein Lungengewebe goldschwarz gebraten worden war? Was hatte er sieben Tage später noch gesehen, als er in der Zwangsjacke gestorben

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