Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schacht

Der Schacht

Titel: Der Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David J. Schow
Vom Netzwerk:
angefertigt worden, der sich darauf spezialisiert hatte, Kinkerlitzchen für die Crème de la Crème des Kokainhandels herzustellen. Der Verschluss sprang auf, wenn Emilio senkrecht nach unten zog, und gab ein Klicken von sich wie ein aufklappendes Taschenmesser.
    Das Rasiermesser aus Platin, das sich immer noch in seinem geölten Gelenk drehte, gab gar kein Geräusch von sich.
    Ihre Hand hob sich, um sanft seinen Unterarm zu umfassen. Ein Griff, den man als lockere professionelle Ermutigung ansehen konnte … der ihr aber auch eine Möglichkeit zur Verteidigung gab, wenn er mit dem Messer komisch wurde. Sein Blut schoss ihm durch den Kopf und wieder nach unten, um die Festigkeit unter Deck zu behalten. Diese Jamaica war schon scharf.
    Sein Daumen verblieb auf dem stummelartigen Auslöser, der die Klinge aufschnappen ließ. Ihre Augen sprachen Bände. Er fuhr mit der Hand hoch und schnitt ihr die Chemise einen Zentimeter vom Fleisch weg in zwei Teile. Nachdem sie heftig nach Luft geschnappt hatte, sagte sie ihm, dass er gut mit dem Ding sei. Er gab ihr recht.
    Cruz hatte Emilio etwas genommen. Hatte ihm etwas gestohlen. Es war nicht das bisschen Geld: das war Kleingeld, das die niederen Chargen immer abschöpften. Das gehörte in einem Geschäft dazu, in dem die Dealer clever genug sein musste, sich nicht hochnehmen zu lassen. Emilio verschwendete absichtlich eine Menge Kohle, nur um zu zeigen, dass ihm Geld nichts bedeutete. Seine Art, mit Geld um sich zu schmeißen, war beiläufig genug, um darauf hinzudeuten, dass er in seiner Jugend arm gewesen war. Er schmiss das Geld zum Fenster hinaus, sicher – aber Emilio wusste auch, wo jeder Cent davon landete.
    Cruz hatte Chiquita gestohlen, hatte sie ohne Erlaubnis genommen und hatte sie kaputtgemacht, ohne sich zu entschuldigen oder für Ersatz zu sorgen. Von seiner Schuld geplagt, war er nach Chicago geflohen, statt um Vergebung zu bitten und zu versuchen, das wiedergutzumachen. Es war gar nicht so schwer gewesen, die Geschichte den anderen Koksern bei der fatalen Penthouseparty aus der Nase zu ziehen. Sie hatten alle zugesehen, wie Chiqui den Abgang gemacht hatte. Und Cruz war nicht dageblieben, um Abbitte zu leisten. Ein paar Ohrfeigen und Geschrei, ein bisschen Strafe mit dem Rasiermesser, und alles wäre wieder in Ordnung gewesen. Vielleicht hätte Cruz einen Schmiss zurückbehalten als permanente Erinnerung daran, dass er Mist gebaut hatte.
    Das Problem war, dass man sich bei Emilio nie ganz sicher sein konnte, wie wütend er werden würde und wie tief genau er schneiden würde. Das konnte auch schon mal tödlich enden. Damit kam dann Rosie ins Spiel, der Mann für die Probleme. Und Cruz ging ab, via American Airlines, erste Klasse.
    In der Woche war nicht viel los gewesen, und das war Pech für Cruz.
    Rosies Ersatzmann war ein Weißer namens Riff, der wusste, wie man die Außenstellen besetzen musste und den Nachschub am Rollen hielt, während Emilio sich sein Pfund Fleisch holte. Emilio reservierte die ganze erste Klasse des Fluges, um nicht von Touristen oder Idioten belästigt zu werden. Er hatte der Stewardess einen Hunderter Trinkgeld zugesteckt, und sie hatte ihm eine Chicagoer Telefonnummer gegeben, die unter ihrem Namen – Stef – auf einer Karte stand. Emilio hatte sich gefühlt, als wäre er wieder zwanzig, und war mit einer guten Laune aus dem Flugzeug gestiegen. Und Bauhaus tat alles, um ihm diese Laune zu erhalten.
    Während er Jamaica bewunderte und genoss, überschlug Emilio noch einmal die Kosten für seinen Flug in den Norden. Für ihn stand auch der Name Cruz mit auf der Rechnung.
    Jamaica war feucht und eng und gut ausgebildet, und sie wurde dafür bezahlt, dass sie nicht Nein sagte. Ein bisschen Sado, ein bisschen Analverkehr, ein Hauch Noxzema, ein oder zwei Tropfen Haschöl. Ein paar blaue Flecke und ein paar Tropfen Blut – ihr Blut –, und Emilio war bereit zu schlafen.
     
    Emilio schreckte mit einem Schnauben aus dem Schlaf auf. Er hatte schon schlechte Laune, bevor er richtig wach war, war wütend auf den Traum, der sich so komisch angelassen hatte. In dem Traum hatte er sich in einen kolossalen Wutanfall hineingesteigert, und jetzt schleppte er die Wut einfach mit sich hinüber, als er in die Wirklichkeit zurückgeholt wurde.
    Er wachte nie einfach so auf. Nicht mehr. Es war immer ein heftiger Schock, nach dem er mit heftig schlagender Pumpe im Bett hockte. Rosie hatte ihm einmal vorgeworfen, er hole sich seinen Kick vom Stress.

Weitere Kostenlose Bücher