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Der Schädelring: Thriller (German Edition)

Der Schädelring: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schädelring: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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unsicheren, verschwommenen Gegenwart, die bei der kalten Schärfe des Likörs endete, und die angenehme Amnesie wäre nur ein Schluck weit entfernt.
    Ein metallisches Klicken und Surren brachte Julia zum leeren Fernsehbildschirm zurück; das Band war fertig zurückgespult. Tränen brannten in ihren Augen. Sie wischte sie weg und drückte den Knopf auf der Fernbedienung. Der Bildschirm flackerte auf und das Band startete. Julia hielt den Finger auf der Schnellvorlauftaste und war soeben dabei, die Ansage vor dem Spiel zu überspringen.
    Das Spiel war nicht auf dem Band. Stattdessen war der Bildschirm vom glattrasierten Gesicht eines Mannes mit leuchtenden, fiebernden Augen gefüllt. Der Mann zeigte auf die Kamera, als ob er mit dem Kameramann wie auch mit dem Publikum schimpfte. Durch das schnelle Vorspulen wirkte der Mann komisch. Er machte wilde Handbewegungen wie Charlie Chaplin in alten Stummfilmen.
    Julia war überzeugt, dass sie das Band auf ESPN2 eingestellt hatte. Sie überprüfte das Programm, das geöffnet auf dem Kaffeetisch lag. Dort stand es: Cardinals gegen Astros, 16:00 Uhr, TV-Kanal 27. Das Programmieren von VCRs war bekanntermaßen kompliziert. Julia hatte jedoch die ganze Saison über problemlos viele Programme aufgenommen.
    Es sei denn, ihr Gedächtnis hätte ihr beim Programmieren einen Streich gespielt, einen weiteren Trick, um ihr Angst einzujagen. Und logen sich Menschen mit Wahnvorstellungen nicht selbst an?
    Nein. Ich habe die Holzblöcke am Morgen nicht auf dem Tisch verteilt und ich habe dieses . . . dieses WAS IMMER ES AUCH IST nicht aufgenommen.
    Sie stoppte das Band und ließ es mit normaler Geschwindigkeit abspielen. Das Gesicht des Mannes reichte bis an den Rand des Bildschirms; die Großaufnahme war so intensiv, dass sie die Speicheltropfen sehen konnte, die beim Sprechen aus seinem Mund sprühten. Die manische Stimme des Mannes donnerte los, als sie die Lautstärketaste auf der Fernbedienung aufdrehte.
    „Und Satan kam in die Welt, die Welt, die Satan gehört, die Welt, die er Gott gestohlen hat“, sagte der Mann. „Und Satan verbreitete seinen Reichtum, verbreitete seine Lust, verkleidet als Liebe, seine Habsucht, verkleidet als Notwendigkeit; er verbreitete seinen Krieg, getarnt als Rechtschaffenheit. Satan streckte seine Finger nach der Welt aus und berührte jeden Mann, jede Frau und jedes Kind.“
    Der Mann zeigte auf die Kamera, auf Julia, und seine Stimme wurde sanfter. „Er berührte dich .“
    Ah, ja? Der Teufel hat mich im KOPF berührt. Besten Dank. Nun habe ich eine Entschuldigung. Ich hätte beinahe die Verantwortung für mein kleines Problem übernommen und nun kommst du daher und zeigst mir die größte Ausrede aller Zeiten. Ich bin nur ein Opfer. Natürlich. Wieso habe ich das nicht schon früher erkannt?
    Der Prediger machte eine dramatische Pause. „Diese Welt gehört dem Teufel. Es steht gerade hier im Lukasevangelium. Gott hat es eigenhändig geschrieben. ‚Dir will ich alle diese ihre Macht und Herrlichkeit geben‘, sagte der Teufel zu Jesus, als sie auf dem Berg standen und die Wunder der Welt betrachteten. ‚Denn mir ist sie übergeben, und ich gebe sie, wem ich will.‘ Der Herr konnte der Versuchung widerstehen, aber Ihr würdet sofort zugreifen, nicht wahr? Ihr würdet alles an euch reißen und noch immer mehr wollen.“
    „Und ich mache euch nicht einmal einen Vorwurf“, fuhr der wild dreinblickende Mann fort und wischte sich den Schweiß weg, der sich infolge der Klieg-Lichter und der Anstrengung auf seinem Gesicht angesammelt hatte. „Ich mache euch keinen Vorwurf, dass ihr in den Apfel beißt, in diesen roten, glänzenden, süßen Apfel. Ich habe auch davon gekostet, wir alle haben es getan. Wie können wir widerstehen?“
    Julia schaltete beinahe den Fernseher aus, doch etwas am TV-Spiel dieses Evangelisten faszinierte sie. Sein Haar war glatt und perfekt frisiert und mit Frisiergel zu einem Wirbel aufgebauscht, der einem Orkan standgehalten hätte. Seine Zähne funkelten stärker als himmlische Perlen, seine Kiefermuskeln verzogen sich vor Verzückung. Julia zweifelte nicht an seiner Aufrichtigkeit.
    „Wie können wir widerstehen?“ wiederholte er. Die Kamera wich zurück, damit die weit geöffneten Arme des Mannes sichtbar wurden, mit denen er entweder Jesus oder die nächsten UFOs zu begrüßen schien. „Wir sind leere Gefäße und wenn wir nicht Gott in uns aufnehmen, dann strömt der Teufel herein“ – der Mann wölbte seine Arme,

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