Der Schädelring: Thriller (German Edition)
genug Gelegenheit gehabt. Bis jetzt war er eine kleine Insel der Vernunft in diesem Meer der Unsicherheit gewesen.
Er hatte jedoch mehrere scharfe Werkzeuge in seinem Gürtel. Und Mabel Covington hatte eigenartig reagiert, als sie seinen Namen hörte.
„Danke, Walter“, sagte sie. „Ich bin sehr froh, dass Sie die Leitungen überprüft haben.“
„Nichts der Ursache“, sagte er und schob seine Mütze zurück. „Tut mir Leid, dass ich nichts gefunden habe. Normalerweise ist es etwas Einfaches.“
„Nichts ist einfach in meinem Leben.“ Sie begleitete ihn zur Tür.
„Ich schalte den Strom wieder ein“, sagte er. „Ich sehe Sie sicher später wieder. Es scheint, dass so Einiges in diesem Haus nicht in Ordnung ist.“
„Allerdings“, sagte sie. Sie wartete, bis er wegfuhr. Dann schloss sie die Tür ab und ging ins Schlafzimmer. Das Fenster war geschlossen. Die Uhr befand sich noch immer im Papierkorb.
Julia war versucht, sie wieder anzuschließen, um zu sehen, ob dieselben Zahlen noch immer auf dem Display eingefroren waren. Was dann? Oder, wenn nicht, wäre dies beinahe ebenso schlimm.
Hatte jemand das Fliegengitter entfernt und war vielleicht durch das Fenster gekrochen, das sie irgendwie vergessen hatte, zu verriegeln? Oder hatte der Wind tatsächlich das Fliegengitter weggeweht, als sie im Büro war?
Oder hatte sie selbst das Fenster geöffnet und sich gezwungen, es zu vergessen?
Julia setzte sich auf das Bett, griff nach dem Handy und drückte auf die oberste Nummer im Adressbuch.
„Hallo?“ tönte die beruhigende Stimme.
„Hallo, Frau Doktor?“
Eine Pause. „Ja.“
„Ich bin´s. Julia. Es tut mir Leid, dass ich Sie zu Hause störe.“
„Das ist ganz in Ordnung”, sagte Dr. Forrest. „Deshalb habe ich Ihnen meine Privatnummer gegeben.“ Julia hörte eine andere Stimme im Hintergrund, die Stimme eines Mannes. Sie verstand nicht, was er sagte. „Gibt´s ein Problem?“
Natürlich gibt´s ein Problem , wollte Julia schreien. Nach vier Monaten Therapie sollten Sie das langsam wissen.
Das war jedoch unangebrachte Wut, die kein Bewusstsein und keine Heilung brachte. Das nannte man ‚sich der Verantwortung entziehen‘, wie ihr Dr. Forrest so sorgfältig erklärt hatte. Julia atmete tief aus, schloss die Augen und sagte, „Ich . . . ich glaube, ich habe wieder eine Episode.“
„Schlimmer als die letzte?“
„Nicht so intensiv, aber dafür länger. Ich bilde mir Dinge ein.“ Julia versuchte, sachlich zu klingen, beinahe gelangweilt. Sie erzählte die Geschichte von der Uhr, dem Videorecorder und den Fußspuren beim Fenster.
„Hmm. Führen Sie Tagebuch, wie Sie versprochen haben?“
Julia nickte, erinnerte sich dann daran, dass Dr. Forrest sie nicht sehen konnte. „Ja.“
Haben Sie die Vorfälle notiert?“
„Nein.“
„Julia, es ist sehr wichtig, dass Sie alles Ungewöhnliche aufschreiben, jeden Gedanken oder jede Idee, jede Befürchtung. Ich bin sehr enttäuscht von Ihnen.“
„Ich . . . ich werde es von jetzt an tun.“
„Sie wollen doch gesund werden, nicht?“
„Ja.“
„Sie wissen, dass Sie sich sehr anstrengen müssen. Sie müssen kämpfen. Ich kann Ihnen helfen, aber nur, wenn Sie es zulassen. Wollen Sie, dass ich Ihnen helfe, Julia?“
„Ja.“
„Können Sie morgen zu mir ins Büro kommen?“
„Sicher. Aber morgen ist Samstag.“
„Wir nehmen uns einfach Zeit für eine Extrasitzung. Die Probleme liegen sehr nahe an der Oberfläche. Sie müssen sie einfach loslassen, ans Licht bringen.“
„Um welche Zeit soll ich vorbeikommen?“
„Um elf Uhr morgens.“
„Okay. Was soll ich heute Abend tun?“
„Versuchen Sie, sich keine Sorgen zu machen. Denken Sie an die Dinge, an denen wir gearbeitet haben. Die Wahrheit liegt verschlossen in Ihrem Innern. Der Körper erinnert sich an das, was das Gehirn vergessen möchte. Achten Sie auf Ihre Träume.“
„Vielen Dank. Ich sehe Sie dann morgen.“
„Auf Wiedersehen. Und Julia?“
„Ja?“
„Wir werden dieses Ding bezwingen.“
Dr. Forrest legte auf. Julia schob das Handy auf den Nachttisch. Sie schrieb das Ereignis mit der Uhr in das Tagebuch und fügte den Teil mit dem Videorecorder hinzu. Zuletzt schrieb sie ihre Träume über die Knochen nieder. Dann fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
Knochen.
Sie klapperten am Fenster, hingen trocken und staubig im Schrank, sie purzelten auf dem Boden ihres Kinderzimmers umher wie Barbies und Holzbauklötze.
Die Knochen vernähten sich zu einem
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