Der Schädelring: Thriller (German Edition)
wärest nicht so verrückt, wenn du nicht immer in der Vergangenheit wühltest. Männer mit Kapuzen und all diesen Blödsinn.“
Sie umklammerte den Telefonhörer, bis ihre Knöchel weiß waren. Acht Jahre. Sie hatte ihn beinahe ein Drittel ihres Lebens gekannt. Am Anfang liebten sie sich leidenschaftlich und oft, und sie war aufgeblüht wie eine Blume unter der Sonne seiner Liebe. Dann begannen ihre Probleme – kleine paranoide Gedanken, ein nervöser Magen, das Gefühl, sie hätte etwas Wichtiges vergessen. Bald kamen die kleinen Überraschungen, die bösen Träume und die Vorwürfe.
Mitchell hatte sie anfangs ermutigt, als sie zu Dr. Lanze in die Therapie ging. Er hatte bereits aufwändige Pläne für ihre gemeinsame Zukunft geschmiedet und betrachtete eine Therapie lediglich als kleinen Umweg auf dem Weg zum ewigen Glück. Als er sich jedoch über die Jahre hinweg mehr und mehr zu einem gewinnsüchtigen Anwalt entwickelte, wurde er zunehmend stur und besitzgierig und ärgerte sich über ihre Schwäche und ihre Weigerung, ihn zu heiraten. Er hatte ihr einen absurd großen Verlobungsring geschenkt, den sie in einem Bankschließfach aufbewahrte. Das Beängstigende am Ganzen war, dass sie ihn nicht gehen lassen konnte, dass sie beiden nicht die Freiheit gönnen konnte. Dies war hörige Liebe, Liebe unter Drohung, Liebe in einer Zwangsjacke.
„Würdest du das für mich tun?“ fragte Julia, als sie sich wieder gefasst hatte. Sie wollte sich nicht prostituieren, indem sie ihn mit ihrem Körper verführte, wenn ihr Herz und Geist nicht voll dazu bereit waren. Sie konnte jedoch an sein Ego appellieren. „Du weißt, wie man sich durchsetzt. Die Leute fressen dir aus der Hand, Mitchell.“
„Na, ich werde es versuchen.“ Er tönte leicht beschwichtigt. „Ich kann jedoch nichts versprechen.“
„Vielen Dank, Mitchell. Ich rufe dich an, wenn ich beim Memphis International ankomme.“
„Können wir wenigstens zusammen essen gehen?“
„Das wäre schön“, sagte sie. Es wurde ihr klar, dass sie sich tatsächlich auf ein Wiedersehen freute. Mitchell hatte ihr dabei geholfen, über den Unfalltod ihrer Adoptiveltern hinwegzukommen und unterstützte sie moralisch auf seine eigene dominierende, löwenartige Weise. Manchmal wünschte sie sich, sie könnte etwas mehr von seiner Philosophie annehmen, einfach nachgeben, sein Country Club-Schmuckstück werden und das Bild des erfolgreichen Yuppie vervollständigen.
„Bis bald“, sagte Julia. „Tschüss.“
Sie reservierte den Flug und nahm eine Dusche. Ihr Koffer war beinahe gepackt, als es an der Haustüre klopfte. Sie zog den Bademantel eng an sich, ging ins Wohnzimmer und spähte durch den Spalt zwischen den Vorhängen. Walters Jeep stand am Randstein.
Sie hatte Herrn Webster nicht wegen Reparaturen angerufen. Was machte der Handwerker hier?
„Hallo?“ rief sie hinter der verschlossenen Tür. Vielleicht hätte sie warten sollen um zu sehen, was er vorhatte. Falls er ein Verbrecher war, würde er vielleicht versuchen, durch eines der Fenster einzusteigen. Dann erinnerte sie sich, dass er wahrscheinlich noch immer den Schlüssel zu ihrem Haus besaß, den er von Herrn Webster erhalten hatte.
„Hallo, Fräulein Stone?“
Er konnte einfach hereinkommen und sie konnte nichts dagegen tun. Sie dachte an das, was Mabel Covington ihr über Walters Ehefrau erzählt hatte.
Sie warf einen Blick auf das Telefon. Die Polizei brauchte fünfzehn bis zwanzig Minuten, um auf einen Anruf zu reagieren, der von außerhalb der Stadt kam. Genügend Zeit für Walter, sollte er etwas im Schild führen. Es sei denn, er war einer dieser fiesen Kerle, denen es Spaß machte, sein Opfer langsam zu quälen.
Sie drückte die Faust an die Stirne.
„Fräulein Stone?“ wiederholte Walter.
„Was ist?“ fragte sie und versuchte, ihrer Stimme einen sorglosen Klang zu geben.
„Ich bin gerade auf dem Weg in die Stadt und ich habe etwas, das Ihnen vielleicht gefallen wird.“
Vielleicht ein Messer an der Gurgel? Oder einen Schraubendreher, mit dem du mir ein drittes Auge in die Stirn bohren kannst? Oder was immer du deiner Frau im Wald beim Cracker Knob angetan hast.
Nach dem Gesetz waren Verdächtige unschuldig, bis sie für schuldig befunden wurden. Julia dachte daran, wie freundlich er sie behandelt hatte.
„Warten Sie einen Moment“, rief sie.
Sie warf einen Blick auf das Telefon, verwarf den Gedanken, ging ins Schlafzimmer und schlüpfte aus
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