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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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ein Mann gestellt hat, der nicht mehr am Leben ist, dürfte es sich bei dem Betrüger vermutlich um den Gesuchten handeln. Und jetzt vorwärts, meine Herren. An die Arbeit!«
    Während die acht Männer den Raum verließen, griff Thomas zum Telephon, um sich mit dem Paßamt und anschließend mit der Zentralregistratur für Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle verbinden und von beiden Ämtern zusichern zu lassen, daß seiner anrückenden Sonderkommission bei deren Arbeit jede Hilfe gewährt werden würde.
    Zwei Stunden später, als er sich gerade mit einem geborgten Apparat rasierte, meldete sich der dienstältere der beiden Kriminalinspektoren, der als Leiter der Sonderkommission fungierte, telephonisch. Im Zeitraum der letzten hundert Tage seien insgesamt 841 Paßanträge gestellt worden, sagte er. Die hohe Zahl der Anträge sei jahreszeitlich bedingt; im Sommer, wenn die Leute verreisen wollten, pflege sie immer zu steigen.
    Bryn Thomas hängte ein und schneuzte sich in sein Taschentuch.
    »Verdammter Sommer«, sagte er.
    Kurz nach elf erreichte der Schakal das Stadtzentrum von Cannes. Er hielt nach einem ihm zusagenden Luxushotel Ausschau, und nachdem er ein paar Minuten lang herumgefahren war, steuerte er in den Vorhof des Majestic. Er kämmte sich rasch das windzerzauste Haar und betrat das Foyer.
    Zu dieser Tageszeit lagen die meisten Hotelgäste am Strand, und die Halle war menschenleer. Sein eleganter leichter Anzug und sein selbstbewußtes Auftreten machten ihn auf den ersten Blick als englischen Gentleman kenntlich, und dem Hotelpagen, den erfragte, wo die Telephonzellen seien, kam es gar nicht in den Sinn, die Brauen hochzuziehen. Die Dame hinter dem Tresen, der die Telephonzentrale vom Eingang zur Garderobe trennte, blickte auf, als er auf sie zutrat.
    »Bitte verbinden Sie mich mit Paris, Molitor 5901«, sagte er. Wenige Minuten später wies sie ihm eine Telephonzelle zu, deren schalldichte Tür er hinter sich schloß. »Allô, ici Chacal.«
    »Ici Valmy. Gott sei Dank, daß Sie anrufen. Seit zwei Tagen haben wir versucht, Sie zu erreichen.«
    Wer den Engländer durch das Fenster der Telephonzelle beobachtet hätte, würde ihn erstarren und die Stirn runzeln gesehen haben. Während des etwa zehn Minuten dauernden Gesprächs blieb er zumeist stumm. Nur gelegentlich, wenn er eine knappe Zwischenfrage stellte, bewegten sich seine Lippen. Aber es beobachtete ihn niemand. Die Telephondame war in die Lektüre eines Liebesromans vertieft und sah erst wieder auf, als der hochgewachsene Engländer vor ihr stand und durch seine dunkle Brille auf sie hinabstarrte. Sie las die Gebühren für das Gespräch von dem am Klappenschrank angebrachten Zähler ab und nahm den geforderten Betrag entgegen.
    Der Schakal trank ein Kännchen Kaffee auf der Terrasse, von der aus man auf die Croisette und das in der Sonne glitzernde Meer hinausblickte, an dessen Strand sich braungebrannte Sommerfrischler tummelten und balgten. Nachdenklich zog er an seiner Zigarette.
    Wie man Kowalsky nach Frankreich gelockt hatte, konnte er sich zusammenreimen; er erinnerte sich an den bulligen Polen in der Wiener Pension. Was ihm nicht in den Kopf wollte, war dagegen, wie der Leibwächter, der vor der Tür gestanden hatte, seinen Decknamen erfahren haben mochte und woher er wußte, zu welchem Zweck er, der Schakal, engagiert worden war. Vielleicht hatte die französische Polizei das selbst herausbekommen. Vielleicht auch hatte Kowalsky seinerseits geahnt, was er war, denn er war selbst ein Killer gewesen, wenn auch nur einer von der tumben, stümperhaften Sorte.
    Der Schakal zog Bilanz. Zwar hatte ihm Valmy dringend geraten, auszusteigen und so rasch wie möglich heimzufahren; aber er hatte auch zugeben müssen, daß er von Rodin nicht ermächtigt worden war, die Aktion abzublasen. Was er dem Schakal zu berichten gewußt hatte, bestätigte dessen Vermutungen über die Laxheit der OAS in Sicherheitsfragen. Aber er wußte etwas, wassie nicht wußten und auch die französische Polizei nicht ahnen konnte: daß er unter falschem Namen reiste, einen auf den falschen Namen ausgestellten echten Paß in der Tasche trug und darüber hinaus noch drei weitere gefälschte ausländische Personalausweise mitsamt den dazu passenden Verkleidungen in Reserve hatte.
    Eine ungefähre Personenbeschreibung war alles, wovon die französische Polizei ausgehen konnte. Hochgewachsen, blond, ausländischer Nationalität - mehr wußte dieser Kommissar, den Valmy

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