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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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angebrochen.
    Superintendent Thomas lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und musterte die sechs Kriminalinspektoren, die er nach Beendigung seines Gesprächs mit Paris von ihren bisherigen Aufgaben entbunden und auf neue angesetzt hatte. Die Turmuhr vom nahen Big Ben schlug Mitternacht.
    Die Ausgabe der Orders dauerte eine Stunde. Ein Mann wurde angewiesen, Calthrops Jugend zu recherchieren und festzustellen, wo seine Eltern - sofern sie noch lebten - wohnhaft waren ; welche Schulen er besucht hatte und ob er bereits als Schüler ein guter Schütze gewesen war; ob und durch welche sonstigen Leistungen er sich ausgezeichnet hatte usw. Einem zweiten Mann oblag es, Calthrops nächsten Lebensabschnitt von der Schulentlassung über die Ableistung des Militärdienstes (Ausbildung zum Scharfschützen? Charakterliche Beurteilung?) und alle nach der Entlassung in das Zivilleben eingegangenen Arbeitsverhältnisse bis zu dem Zeitpunkt zu durchleuchten, wo er von dem Waffenhändler wegen mangelnder Loyalität gefeuert worden war.
    Der dritte und der vierte Kriminalinspektor waren beauftragt, Calthrops Tätigkeit seit der im Oktober 1961 erfolgten Trennung von seinem letzten der Polizei inzwischen bekannten Arbeitgeber zu ermitteln und in Erfahrung zu bringen, wo er sich seither aufgehalten, wen er getroffen, welche Einkünfte er gehabt hatte und aus welchen Quellen sie stammten; da es keine Kriminalakte über ihn gab und man folglich auch nie Fingerabdrücke von ihm genommen hatte, brauchte Thomas unbedingt Photos des Mannes, vorzugsweise solche, die in jüngster Zeit aufgenommen worden waren. Die letzten beiden Inspektoren sollten feststellen, wo sich Calthrop gegenwärtig aufhielt. Sie waren angewiesen, die Möbel und Gebrauchsgegenstände in seiner Wohnung eingehend auf Fingerabdrücke zu untersuchen und darüber hinaus zu eruieren, wo er den Wagen gekauft hatte. Zu diesem Zweck sollten sie sich bei der Londoner County Hall erkundigen, ob dort Unterlagen über die Ausstellung eines Führerscheins vorhanden waren, und sich, wenn das nicht der Fall sein sollte, an die entsprechenden Ämter in den Landkreisen und Grafschaften wenden. Es war ihnen aufgetragen, Fabrikat und Baujahr, Farbe und polizeiliche Kennzeichen des Wagens festzustellen, seine Garage in Augenschein zu nehmen und die von ihm frequentierte Werkstatt aufzusuchen, um herauszufinden, ob er eine längere Autoreise geplant hatte; falls dies zutraf, bei der Reederei der Kanalfähren nachzufragen; und schließlich der Reihe nach alle Luftverkehrsgesellschaften abzuklappern, um zu erfahren, ob er bei einer von ihnen - mit welchem Reiseziel auch immer - einen Flug gebucht hatte.
    Alle sechs Männer machten sich ausführliche Notizen. Als Thomas geendet hatte, standen sie auf und verließen das Büro. Auf dem Korridor sahen die beiden letzten einander von der Seite an. »Ist doch merkwürdig«, meinte der eine, »daß der Alte uns nicht sagen will, was der Bursche angestellt haben soll oder womöglich noch vorhat.«
    »Eines ist sicher«, entgegnete der andere, »eine Aktion von diesem Ausmaß kann nur auf Anweisung von ganz oben gestartet werden. Man möchte fast glauben, der Kerl hätte die Absicht, den König von Siam umzulegen.«
    Es dauerte eine Weile, bis ein Richter geweckt und der Haussuchungsbefehl unterschrieben war. In den ersten Morgenstunden, als Thomas in seinem Schreibtischsessel eingenickt war und Claude Lebel in seinem Büro starken schwarzen Kaffee schlürfte, durchsuchten zwei Agenten von Scotland Yards Special Branch Calthrops Wohnung.
    Beide waren Experten. Sie begannen mit den Schubladen, deren Inhalt sie auf ein Bettuch leerten und eingehend untersuchten. Als alle Schubladen ausgeräumt waren, nahmen sie sich den Schreibtisch vor, um festzustellen, ob er Geheimfächer enthielt. Anschließend kamen die gepolsterten Möbelstücke an die Reihe, und sehr bald sah die Wohnung aus wie eine Geflügelfarm nach dem Weihnachtsgeschäft. Der eine Agent durchsuchte das Wohnzimmer, der andere das Schlafzimmer. Danach setzten sie ihre Tätigkeit in der Küche und im Bad fort. Als sie sämtliche Möbel, Kissen, Polster und Matratzen sowie die Mäntel und Anzüge in den Schränken Stück für Stück untersucht hatten, konzentrierten sie sich auf die Fußböden, Wände und Zimmerdecken. Um 6 Uhr morgens war die Wohnung wieder tadellos aufgeräumt. Die Nachbarn standen im Hausflur, beratschlagten flüsternd und blickten argwöhnisch auf die geschlossene

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