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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Militäraufstand, der sich an der Empörung über die neue gaullistische Politik und das Elend der kleinen Siedler und Händler entzündet hatte, die als ruinierte Leute in ein jenseits des Meeres gelegenes Land fliehen mußten, das viele von ihnen nie gesehen hatten, leistete Casson einer OAS-Einheit dabei Vorschub, seine eigene Bank um 30 Millionen alter Francs zu berauben. Seine Mittäterschaft wurde von einem jüngeren Kassierer entdeckt und gemeldet, und damit war seine Laufbahn als Bankangestellter beendet. Er schickte seine Frau und seine beiden Kinder zu Verwandten nach Perpignan und trat in die OAS ein. Seine persönliche Kenntnis einiger tausend OAS- Sympathisanten, die jetzt in Frankreich lebten, war für die Organisation besonders wertvoll. Marc Rodin nahm hinter seinem Tisch Platz und sah seine beiden Besucher nachdenklich an. Gespannt erwiderten sie seinen Blick, ohne jedoch Fragen zu stellen.
    Mit analytischer Sorgfalt begann Rodin die Lage zu referieren und kam zunächst auf die wachsende Zahl der Fehlschläge und Niederlagen zu sprechen, welche die OAS in den letzten Monaten erlitten hatte. Seine Gäste starrten bedrückt in ihre Gläser.
    »Wir müssen den Tatsachen ins Auge blicken. In den vergangenen vier Monaten haben wir drei schwere Schläge eingesteckt. Der mißlungene Versuch in der Ecole Militaire, Frankreich von dem Diktator zu befreien, ist nur das letzte in einer langen Kette derartiger Unternehmen, von denen nicht einmal gesagt werden kann, daß es gelang, sie auch nur richtig ins Rollen zu bringen. Die einzigen beiden Versuche, bei denen es unseren Leuten tatsächlich glückte, nahe genug an ihn heranzukommen, sind an elementaren Fehlern in Planung und Ausführung gescheitert. Ich brauche hier nicht in die Einzelheiten zu gehen, die Sie ja ebenso gut kennen wie ich. Die Verschleppung Antoine Argouds hat uns eines unserer fähigsten Führer beraubt. Ungeachtet seiner Loyalität der gemeinsamen Sache gegenüber, kann angesichts der vermutlich auch die Verwendung von Drogen einschließenden modernen Technik, die bei seinen Verhören benutzt werden dürfte, kein Zweifel bestehen, daß die gesamte Organisation in punkto Sicherheit aufs äußerste gefährdet ist. Antoine wußte alles, was es zu wissen gab, und wir müssen jetzt wieder ganz von vorn anfangen. Das ist auch der Grund, weswegen wir hier in einer obskuren Pension sitzen und nicht in unserem Hauptquartier in München. Noch vor einem Jahr wäre es nicht derart katastrophal gewesen, wenn wir wieder von vorn hätten anfangen müssen. Damals konnten wir noch auf die enthusiastische Hilfe von Tausenden patriotisch gesinnter Freiwilliger zählen. Jetzt ist das keineswegs mehr so sicher. Der Mord an Jean-Marie Bastien-Thiry erschwert die Dinge noch weiter. Ich kann es unseren Sympathisanten nicht verdenken. Wir haben ihnen Resultate versprochen und keine geliefert. Sie haben ein Recht darauf, Resultate zu erwarten und nicht Worte.«
    »Schon gut, schon gut. Worauf wollen Sie hinaus?« fragte Montclair. Beide Zuhörer waren sich völlig darüber im klaren, daß Rodin recht hatte. Niemand wußte besser als Montclair, daß die durch Banküberfälle in ganz Algerien beschafften Geldreserven zur Deckung der laufenden Unkosten benötigt wurden und die Geldspenden rechtsorientierter Industrieller spärlicher zu fließen begannen. Seit kurzem begegnete man ihm, sobald er diesbezüglich vorstellig wurde, nicht selten mit schlecht verhehlter Geringschätzung. Casson seinerseits war sich bewußt, daß seine Drähte zum Untergrund in Frankreich mit jeder Woche rarer, daß bisher als sicher geltende Häuser laufend durchsucht wurden und seit der Gefangennahme Argouds viele Franzosen ihre Unterstützung der OAS eingestellt hatten. Bastien-Thirys Exekution konnte diese Entwicklung nur beschleunigen. Die zusammenfassende Darstellung, die Rodin gegeben hatte, entsprach der Wahrheit, die zu hören darum doch um keinen Deut angenehmer wurde.
    Rodin fuhr unbeirrt fort, als sei er nicht unterbrochen worden. »Wir haben jetzt einen Punkt erreicht, an dem das vordringlichste Ziel unserer der Befreiung Frankreichs dienenden gemeinsamen Sache, die Beseitigung des Tyrannen, ohne die alle unsere sonstigen Pläne vergeblich bleiben müssen, mit traditionellen Mitteln praktisch unerreichbar geworden ist. Meine Herren, ich zögere, noch weiter patriotisch gesinnte junge Männer auf Unternehmen anzusetzen, die kaum eine Chance haben, der französischen Gestapo länger

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