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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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keinesfalls sicher«, sagte Rolland. »Ich halte es sogar für sehr unwahrscheinlich. Sie werden vermutlich keine Beweise haben. Unsere britischen Freunde nehmen es mit der Wahrung der Bürgerrechte bekanntlich sehr genau. Wenn sie ihn gefaßt haben, werden sie ihn verhören und mangels Beweisen wieder laufenlassen.«
    »Oberst Rolland hat vollkommen recht«, schaltete sich SaintClair ein. »Die britische Polizei ist durch einen bloßen Zufall auf diesen Mann gestoßen. Die Engländer können in solchen Dingen unglaublich töricht sein. Es ist ihnen glatt zuzutrauen, daß sie einen derart gefährlichen Mann frei herumlaufen lassen. Oberst Rollands Kommando sollte Auftrag erhalten, diesen Mann ein für allemal unschädlich zu machen.«
    Dem Minister war nicht entgangen, daß Lebel sich jeder Beteiligung an der Diskussion enthalten und auch nicht gelächelt hatte. »Nun, Kommissar, und was meinen Sie? Sind auch Sie wie Oberst Rolland der Ansicht, daß Calthrop seinen Plan zeitweilig aufgegeben und sein Mordwerkzeug versteckt oder zerstört hat?« Lebel blickte auf und sah, daß sich ihm alle Gesichter erwartungsvoll zugewandt hatten.
    »Ich hoffe, daß der Oberst recht hat«, sagte er zögernd. »Aber ich fürchte, er täuscht sich.«
    »Warum?« fragte der Minister in schneidend scharfem Tonfall. »Weil seine Theorie auf der Voraussetzung basiert, daß Calthrop sich entschlossen hat, die Operation abzubrechen. Wie aber, wenn das nicht der Fall sein sollte? Wenn er entweder Rodins Botschaft nicht erhalten oder aber sich dennoch für die Ausführung seines Vorhabens entschieden hat?«
    Die allgemeine Mißbilligung, die Lebels Äußerung in der konsternierten Runde hervorrief, machte sich in halblauten Kommentaren Luft. Nur Oberst Rolland schwieg. Er blickte nachdenklich zu dem am unteren Ende des Tisches sitzenden Kommissar hinüber. Dieser kleine, dickliche Mann, dachte er, war offenbar ein weit klügerer Kopf, als irgendeiner der hier versammelten Männer zu erkennen vermochte. Lebels Beurteilung der Lage, das mußte er einräumen, mochte sich durchaus als die richtige erweisen.
    Die Gemüter hatten sich noch nicht wieder beruhigt, als Lebel ans Telephon gerufen wurde. Diesmal blieb er länger als zwanzig Minuten weg. Als er wiederkam, referierte er seinerseits weitere zehn Minuten lang vor einer gespannt lauschenden Runde, was ihm soeben aus London gemeldet worden war.
    »Was machen wir jetzt?« fragte ihn der Minister, als er geendet hatte. In seiner bedächtig­ gelassenen Art gab Lebel seine Anweisungen wie ein General, der seine Truppen aufmarschieren läßt, und keiner der im Raum anwesenden Männer, die ausnahmslos höhere Ränge bekleideten als er, machte auch nur den geringsten Versuch, irgendwelche Einwände zu erheben.
    »Das also ist die Situation«, schloß er. »Wir werden eine auf das gesamte Staatsgebiet ausgedehnte, ebenso diskret wie umfassend gehandhabte Fahndung nach Calthrop alias Duggan in seiner neuen Tarnung veranstalten, während die britischen Polizeibehörden die Passagierlisten der Fluggesellschaften, Kanalfähren und so weiter überprüfen. Wenn sie ihn lokalisieren, werden sie ihn, sofern er auf britischem Boden angetroffen wird, festnehmen oder aber, sollte er England bereits verlassen haben, uns sofort benachrichtigen. Lokalisieren wir ihn dagegen, wird er, wenn er sich in Frankreich aufhält, sofort verhaftet. Machen wir ihn in einem dritten Land ausfindig, können wir entweder abwarten, bis er sich nichtsahnend anschickt, die Grenze zu überschreiten, und ihn dabei fassen - oder uns für eine andere Art des Vorgehens entscheiden. Zu dem Zeitpunkt freilich wird meine Aufgabe, den Mann zu finden, bereits abgeschlossen sein. Bis dahin jedoch wäre ich allerdings dankbar, wenn Sie, meine Herren, sich weiterhin an meine Empfehlungen hielten.«
    Der Affront war so unerhört, die gelassene Selbstverständlichkeit, mit welcher der kleine Kommissar seinen Anordnungen Nachdruck zu verleihen verstand, so überzeugend, daß niemand etwas zu sagen wagte. Sie nickten nur. Selbst Saint Clair hielt den Mund.
    Erst als er kurz nach Mitternacht heimkam, fand er ein aufmerksames Publikum für seinen Wutausbruch über diesen lächerlichen petit bourgeois, diese kümmerliche Polizistenseele, die recht behalten hatte, während sich die qualifiziertesten Experten des Landes ausnahmslos getäuscht hatten.
    Seine Geliebte lauschte verständnisinnig und voller Mitgefühl, während sie ihm, der bäuchlings auf

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