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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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dem Bett lag, mit kundiger Hand den Nacken massierte. Es begann schon zu dämmern, als er endlich eingeschlafen war und sie sich in die Halle schleichen konnte, um ein kurzes Telephongespräch zu führen.
    Superintendent Thomas blickte auf die beiden Paßanträge und zwei Photographien, die im Lichtkreis der Tischlampe auf der Schreibunterlage ausgebreitet waren.
    »Gehen wir alles noch einmal rasch durch«, sagte er. »O. K.?«
    »Ja, Sir«, erwiderte der neben ihm sitzende dienstälteste Inspektor.
    »Gut. Calthrop: Größe fünf Fuß elf Zoll. Stimmt's?«
    »Ja, Sir.«
    »Duggan: Größe sechs Fuß.«
    »Erhöhte Absätze, Sir. Mit spezial angefertigten Schuhen kann man sich bis zu fünf, sechs Zentimeter größer machen. Im Showgeschäft tun das eine Menge Leute. Im übrigen schaut einem bei der Paßkontrolle niemand auf die Füße.«
    »Also gut«, räumte Thomas ein. »Schuhe mit erhöhten Absätzen. Calthrop: Haarfarbe braun. Das besagt nicht viel, denn die kann ebensogut hellbraun wie kastanienbraun sein. Nach dem Photo zu urteilen, hat er dunkelbraunes Haar. Bei Duggan steht auch: Haar braun. Aber es sieht aus, als sei es hellblond.«
    »Das stimmt, Sir. Auf Photos sieht Haar jedoch meistens dunkler aus, als es ist. Es hängt davon ab, von wo das Licht kommt und so weiter. Außerdem könnte er es heller getönt haben, um Duggan zu werden.«
    »Mag sein. Calthrops Augenfarbe: braun. Duggan: Augenfarbe grau.«
    »Kontaktlinsen, Sir. Kein Problem.«
    »O.K., Calthrop ist siebenunddreißig, Duggan im April vierunddreißig geworden.«
    »Er mußte vierunddreißig werden«, erklärte der Inspektor, »weil der echte Duggan, der kleine Junge, der mit zweieinhalb Jahren ums Leben kam, im April 1929 geboren wurde. Daran konnte nichts geändert werden. Und ein Siebenunddreißigjähriger, dessen Alter im Paß mit vierunddreißig angegeben ist, erregt keinen Verdacht. Man glaubt dem, was im Paß steht.« Thomas betrachtete die beiden Photos. Calthrops Gesicht wirkte schwerer, voller, wie das eines eher untersetzten Mannes. Aber um Duggan zu werden, konnte er sein Äußeres verändert haben. Vermutlich hatte er es bereits verändert, bevor er mit den OAS-Chefs zusammentraf, und es seither bei dem veränderten Äußeren belassen - auch während der Zeit, in der er seinen Paß beantragte. Männer wie er mußten in der Lage sein, monatelang unter der Tarnung einer zweiten Identität zu leben, wenn sie der Identifizierung entgehen wollten. Eben dieser klugen Vorsicht und gewissenhaften Sorgfalt verdankte es Calthrop vermutlich, daß sein Name in keiner Polizeiakte der Welt zu finden war. Hätte es nicht dieses Gerücht gegeben, das vor ein paar Jahren in Westindien kursierte, wäre man nie auf ihn gekommen. Abervon jetzt ab war er Duggan. Gefärbtes Haar, getönte Kontaktlinsen, schlankere Figur und überhöhte Absätze - es war Duggans Personenbeschreibung, die er nebst Paßnummer und ­ photo zur Übermittlung nach Paris in den Telexraum bringen ließ. Lebel würde das Material ­ er blickte auf seine Armbanduhr - schätzungsweise gegen 2 Uhr morgens erhalten.
    »Und alles weitere ist dann deren Sache«, meinte der Inspektor.
    »Irrtum, mein Junge«, klärte Thomas ihn auf, »es gibt noch eine Menge Arbeit für uns. Morgen früh fangen wir als erstes mit der Überprüfung der Fluggesellschaften, Reisebüros und Kartenverkaufsstellen für den Kanalverkehr an. Wir müssen nicht nur herausfinden, wer er jetzt ist, sondern auch, wo er jetzt ist.«
    In diesem Augenblick kam der Anruf aus dem Somerset House. Der letzte Paßantrag war überprüft und in Ordnung befunden worden.
    »O.K., danken Sie den Beamten des Hauses, und machen Sie Schluß. Morgen früh pünktlich um 8 Uhr 30 erwarte ich Sie alle sieben in meinem Büro«, sagte Thomas.
    Ein Sergeant brachte einen Durchschlag der schriftlichen Erklärung, die der Zeitungs und Zigarettenhändler auf seiner örtlichen Polizeiwache abgegeben hatte. Thomas überflog die beeidete Aussage, die im wesentlichen wiederholte, was der Mann dem Inspektor schon an der Wohnungstür gesagt hatte.
    »Es liegt nichts gegen ihn vor, was uns dazu berechtigen könnte, ihn festzuhalten«, sagte er.
    »Bestellen Sie den Diensthabenden in Paddington, sie sollen ihn laufenlassen.«
    »Ja, Sir«, sagte der Sergeant und trat ab. Während er mit dem Sergeanten sprach, war es Donnerstag, der 15. August geworden. Thomas lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und versuchte ein wenig zu

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