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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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der Aussicht, sondern auf das tiefe Tal zwischen ihren Brüsten gerichtet waren, deren Haut im Mondlicht alabasterweiß erschien.
    Er hatte gelächelt, als er ertappt worden war, und, indem er seine Lippen ihrem Ohr näherte, geflüstert: »Bei Mondlicht wird auch der wohlerzogenste Mann zum Halbwilden.« Verstimmung vortäuschend, obschon sie die unverfrorene Bewunderung des Fremden in eine angenehme Erregung versetzte, hatte sie sich auf dem Absatz umgedreht, um die restlichen Stufen zu ihrer Etage hinaufzusteigen.
    »Es war ein reizender Abend, Monsieur.«
    Die Hand auf der Türklinke, fragte sie sich, ob der Mann sie wohl zu küssen versuche würde. In gewisser Weise erhoffte sie es.Vielleicht lag es nur am Wein oder an dem feurigen Calvados, den er zum Kaffee bestellt hatte, vielleicht auch an der Szene im Mondlicht ­ jedenfalls war ihr bewußt, daß sie mit einem solchen Ende des Abends nicht gerechnet hatte. Sie fühlte, wie sich die Arme des Fremden um sie legten und seine Lippen sich unvermittelt auf ihre preßten. »Das muß aufhören«, sagte ihr eine innere Stimme. Eine Sekunde später erwiderte sie den Kuß mit noch geschlossenen Lippen. Der Wein hatte sie ein bißchen benommen gemacht, ja, es mußte die Wirkung des Weins sein. Sie spürte, wie seine Arme sich fester um sie legten - kraftvolle Arme mit harten Muskeln.
    Ihr Schenkel wurde gegen ihn gedrückt, und durch den Satin ihres Kleides fühlte sie die arrogante Härte seines Gliedes. Sie zog ihr Bein schnell zurück und preßte es gleich darauf wieder gegen ihn. Eine bewußte Entscheidung gab es gar nicht; die Gewißheit, daß sie ihn haben wollte, zwischen ihren Schenkeln, in ihrem Schoß, die ganze Nacht, war urplötzlich gekommen.
    Als sie merkte, daß seine Hand hinter ihr zur Türklinke tastete, löste sie sich aus der Umarmung, und ohne sich von ihm abzuwenden, trat sie einen Schritt in ihr Zimmer zurück.
    » Viens, primitif. «
    Er folgte ihr und schloß die Tür.
    Die ganze Nacht hindurch wurden sämtliche Archive im Pantheon neuerlich durchforscht, diesmal nach dem Namen Duggan und mit mehr Erfolg. Eine Karteikarte fand sich, die besagte, daß Alexander James Quentin Duggan, aus Brüssel kommend, am 22. Juli im Brabant-Expreß nach Frankreich eingereist war. Eine Stunde später wurde ein weiterer Bericht von derselben Zollgrenzwache, die ihren Dienst in den zwischen Brüssel und Paris verkehrenden Expreßzügen versah, gefunden. Er enthielt eine vom 31. Juli datierende Liste der Fahrgäste des Etoile-du-Nord-Expreß, auf der sich auch der Name Duggan befand.
    Aus der Polizeipräfektur kam ein auf den Namen Duggan ausgefülltes Anmeldeformular, aus dem hervorging, daß er vom 22. bis einschließlich 30. Juli in einem kleinen Hotel nahe der Place de la Madeleine gewohnt hatte. Die auf der Anmeldung vermerkte Paßnummer stimmte laut Auskunft aus London mit derjenigen überein, die der von ihm beantragte Paß trug. Inspektor Caron war dafür, sofort eine Razzia in dem Hotel zu veranstalten, aber Lebel zog es vor, es in den frühen Morgenstunden allein aufzusuchen und sich mit dem Hotelbesitzer zu unterhalten. Es genügte ihm, zu erfahren, daß der Mann, den er suchte, sich nicht mehr in dem Hotel aufhielt, und der Besitzer war ihm dankbar für die Rücksichtnahme auf seine schlafenden Gäste.
    Lebel wies einen Kriminalbeamten an, bis auf weiteres als zahlender Gast im Hotel Quartier zu nehmen und sich, für den Fall, daß Duggan wieder auftauchen sollte, ständig dort aufzuhalten. Der Besitzer wurde informiert und zeigte sich in jeder Weise entgegenkommend.
    »Dieser Aufenthalt im Juli war eine Erkundungsreise«, bemerkte Lebel zu Caron, als er morgens um 4 Uhr 30 in sein Büro zurückkam. »Wie immer er vorgehen wird, er hat alles bis ins einzelne geplant und festgelegt.«
    Er lehnte sich in seinen Schreibtischsessel zurück, starrte zur Decke hinauf und dachte nach. Warum war er in einem Hotel abgestiegen? Warum nicht im Haus eines OAS- Sympathisanten, wie dies alle flüchtigen O AS- Agenten taten? Weil er sich nicht darauf verließ, daß die OAS-Sympathisanten dichthielten. Recht hatte er. Deswegen arbeitete er allein, vertraute niemandem, plante seine Operation auf seine eigene Weise, benutzte einen gefälschten Paß, verhielt sich unauffällig, erregte keinen Verdacht. Der Besitzer des Hotels, den er soeben befragt hatte, bestätigte dies. »Ein echter Gentleman«, hatte er gesagt. Ein echter Gentleman, dachte Lebel, und gefährlich wie

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