Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
aufreizenden Busen des Starletts, über dessen Schulter er blinzelte, hin und her irrte. Das Mädchen war eine zur Kabarettänzerin avancierte vormalige Bardame, die dem Vernehmen nach gesagt haben sollte, sie hoffe, den Baron, mit dem sie »sehr befreundet« sei, »eines Tages« heiraten zu können.
    Während sie sich das faltige Gesicht und den dünnen Hals des alternden Barons auf dem Photo ansah, fragte sie sich, was mit dem gutaussehenden jungen Partisanenhauptmann der Résistance geschehen sein mochte, in den sie sich 1942 verliebt und den sie im Jahr darauf, als sie ein Kind - ihren Sohn - von ihm erwartete, geheiratet hatte.Als sie ihm damals in den Bergen begegnete, war sie ein junges Mädchen von noch nicht zwanzig Jahren gewesen, das für die Résistance Meldungen beförderte. Er war ein unter dem Decknamen »Pegasus« bekannter magerer, habichtgesichtiger, befehlsgewohnter Mann in den Dreißigern gewesen, der sofort ihr Herz gewann. Sie hatte sich in einem als Kapelle hergerichteten Keller von einem der Résistance angehörenden Pfarrer heimlich trauen lassen und ihren Sohn in ihrem Vaterhaus zur Welt gebracht.
    Nach dem Krieg wurde ihm dann sein Vermögen und der gesamte Landbesitz wieder zugesprochen. Während des alliierten Vormarsches durch Frankreich war sein Vater einem Herzschlag erlegen, und er kehrte aus der Verbannung zurück, um Baron de la Chalonnière zu werden. Das Bauernvolk hatte ihm begeistert zugejubelt, als er seine junge Frau und seinen Sohn zu sich aufs Schloß holte. Das Leben auf den Besitzungen langweilte ihn jedoch schon bald, und die Lockungen, die Paris bereithielt, wie auch der Drang, sich für die im öden Kolonialdienst und im Untergrund verlorenen Jahre der Jugend und des frühen Mannesalters schadlos zu halten, erwiesen sich als zu stark, als daß er ihnen hätte widerstehen können.
    Jetzt war er siebenundfünfzig Jahre alt und sah aus wie siebzig.
    Die Baronin warf den Brief und den mitgeschickten Ausschnitt aus dem Magazin auf den Boden. Sie sprang aus dem Bett und stellte sich vor den großen Ankleidespiegel an der gegenüberliegenden Wand und zog die ihren Morgenrock vorn zusammenhaltenden Bänder auf. Dann hob sie sich auf die Zehenspitzen, um die Muskeln ihrer Schenkel so zu straffen, als trüge sie Pumps mit hohen Absätzen.
    Nicht schlecht, dachte sie. Könnte jedenfalls viel schlimmer sein. Ich habe das, was man eine füllige Figur nennt - den Körper einer reifen Frau. Die Hüften waren breit, aber die Taille dank unzähliger im Sattel verbrachter Stunden und langer Spaziergänge in den Bergen glücklicherweise schlank geblieben. Sie umfaßte mit jeder Hand eine ihrer Brüste und prüfte deren Gewicht. Sie waren zu groß und zu schwer, um wirklich schön genannt zu werden, vermochten aber einen Mann im Bett durchaus noch zu erregen.
    Nun, Alfred, dachte sie, was du dir erlaubst, kannst du mir nicht verbieten. Sie schüttelte den Kopf, um ihr schulterlanges Haar zu lösen, und eine Strähne fiel ihr über Wange und Brust. Sie nahm ihre Hände vom Busen, ließ sie zwischen ihre Schenkel gleiten und dachte dabei an den Mann, den sie noch vor wenig mehr als vierundzwanzig Stunden dort gespürt hatte. Er war gut gewesen. Sie wünschte jetzt, daß sie in Gap geblieben wäre. Vielleicht hätten sie zusammen Ferien machen und unter falschem Namen im Land umherfahren können wie Liebesleute, die der bürgerlichen Ordnung ihres Lebens zu entfliehen versuchen. Wozu in aller Welt war sie nach Hause zurückgekehrt?
    Vom Schloßhof her drang das Rattern eines klapprigen alten Automobils herauf. Sie band sich den Hausmantel zu und trat ans Fenster. Ein Lieferwagen aus dem Dorf stand dort unten, dessen hintere Türen geöffnet waren. Zwei Männer holten etwas aus dem Laderaum. Louison, der eine der ornamental gefaßten Rasenflächen gejätet hatte, trat hinzu, um mit anzupacken. Einer der vom Lieferwagen verdeckten Männer ging jetzt um diesen herum, kletterte auf den Fahrersitz und betätigte die knirschende Kupplung. Wer lieferte Waren aufs Schloß? Sie hatte nichts bestellt. Der Wagen setzte sich in Bewegung, und sie stieß einen Laut der Überraschung aus. Drei Koffer und eine Reisetasche waren abgeladen worden, und daneben stand ein Mann. Sie erkannte ihn an dem metallischen Glanz des blonden Haars und lächelte freudestrahlend übers ganze Gesicht.
    »Du Bestie. Du schöne, primitive Bestie. Du bist mir nachgefahren.«
    Sie eilte ins Badezimmer, um sich anzukleiden.
    Als

Weitere Kostenlose Bücher