Der Schakal
das nicht behauptet haben, ehe er nicht hinter Gittern sitzt«, sagte er dann.
»Oder tot ist«, fügte Rolland hinzu.
»Wenn er auch nur einen Funken Verstand hat«, sagte Saint Clair, »macht er, daß er aus Frankreich herauskommt, solange er noch am Leben ist.«
»Ich wünschte, er täte uns den Gefallen«, bemerkte Lebel, als die Sitzung beendet und er wieder in sein Büro zurückgekehrt war, zu Caron. »Aber ich glaube nicht daran. Einstweilen ist er noch ganz schön lebendig, bei bester Gesundheit, in Freiheit und bewaffnet. Wir suchen weiter nach dem Wagen. Er hat drei Gepäckstücke, und zu Fuß kann er damit nicht weit gekommen sein. Finden Sie mir den Wagen, und wir haben etwas, wovon wir ausgehen können.«
Der Mann, den sie suchten, streckte sich wohlig auf einem frisch bezogenen Bett aus, das im Schlaf gemacht eines Schlosses im Herzen von Corrèze stand. Er hatte gebadet und sich an einem Mahl von Landpâté und Hasenpfeffer gestärkt, zu dem ihm Rotwein, Kaffee und Cognac serviert worden waren. Den Blick auf die vergoldeten Stukkaturen an der Zimmerdecke gerichtet, erwog er, wie er die jetzt noch bis zum Zeitpunkt des Attentats verbleibenden Tage verbringen konnte. In etwa einer Woche, rechnete er sich aus, würde er aufbrechen müssen. Zwar mochte es sich als nicht so einfach erweisen, von hier wegzukommen. Aber es würde zu schaffen sein. Er mußte sich einen Grund einfallen lassen, um gehen zu können.
Die Tür öffnete sich, und die Baronin trat ins Zimmer. Das gelöste Haar fiel ihr bis über die Schultern, und sie trug einen Hausmantel, der am Hals geschlossen, im übrigen aber von oben bis unten vorn offen war. Im Gehen schlug er einen flüchtigen Augenblick lang auf. Sie war gänzlich nackt darunter, hatte jedoch die langen Seidenstrümpfe und hohen Pumps, die sie beim Essen trug, anbehalten.
Auf den Ellbogen gestützt, richtete sich der Schakal halb auf, während sie die Tür abschloß und an das Bett trat. Stumm sah sie auf ihn hinunter. Er hob die Arme und löste die Samtschleife, mit der ihr Hausmantel am Hals geschlossen war. Der Mantel öffnete sich und enthüllte ihre Brüste. Der Schakal beugte sich vor und streifte ihr den mit einer Spitzenborte versehenen Mantel vollends ab. Geräuschlos glitt der seidene Stoff zu Boden. Sie faßte den Schakal bei den Schultern und stieß ihn aufs Bett zurück. Dann packte sie seine Handgelenke und drückte sie, während sie sich auf ihn hockte, auf die Kissen nieder. Als ihre Schenkel sich mit hartem Druck gegen seine Rippen preßten, starrte er ihr herausfordernd in die Augen, und sie hielt seinem unverwandten Blick lächelnd stand. Ihr langes Haar war nach vorn geglitten und hing bis zu ihren Brustspitzen herab.
»Bon, monprimitif, und jetzt wollen wir doch einmal sehen, was du alles kannst.«
Als sie ihr Gesäß von seinem Brustkorb hob, reckte er ihr den Kopf entgegen und schickte sich an, es ihr zu zeigen.
Drei Tage lang war die Spur unauffindbar geblieben, und bei jeder abendlichen Besprechung hatte sich die Meinung, der Schakal habe Frankreich still und heimlich verlassen, mehr und mehr durchgesetzt. Auf der Konferenz vom 19. August war es nur noch Lebel, der weiterhin die Ansicht vertrat, der Killer halte sich noch immer irgendwo in Frankreich verborgen und warte dort ab, bis der richtige Zeitpunkt für ihn gekommen sei.
»Der richtige Zeitpunkt wozu?« höhnte Saint Clair. »Das einzige, worauf er warten kann, wenn er sich tatsächlich noch auf französischem Boden aufhält, ist eine Gelegenheit, in Richtung Grenze zu fliehen. In dem Augenblick, wo er sich aus seinem Versteck hervorwagt, fassen wir ihn. Wenn es stimmt, was Sie vermuten, und er jede Verbindung mit der O AS und ihren Sympathisanten vermeidet, hat er keine Helfer, an die er sich wenden und bei denen er Unterschlupf finden kann.«
Rund um den Tisch erhob sich beifälliges Gemurmel von seilen all derjenigen Konferenzteilnehmer, die zu dem Schluß gekommen waren, daß die Polizei versagt und Bouviers Diktum, die Lokalisierung des Killers sei reine Detektivarbeit, sich als Irrtum erwiesen hatte.
Lebel schüttelte eigensinnig den Kopf. Die unablässige Nervenanspannung, der fortgesetzte Mangel an Schlaf und nicht zuletzt die Notwendigkeit, sich selbst und seinen Stab gegen die ständigen Nadelstiche und Vorwürfe von Männern verteidigen zu müssen, die ihre hohen Posten weniger ihrer einschlägigen Erfahrung als vielmehr ihrer parteipolitischen Richtung verdankten,
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