Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
eines Koffers, den er mit sich in den Wagen nahm, in die Gepäckablage auf dem Autodach.
    Er bestand darauf, sich vor dem Café de la Poste auf dem Dorfplatz absetzen zu lassen. Der Taxifahrer aus der nahen Kleinstadt brauchte nicht zu erfahren, daß er zum Château wollte. Als das Taxi weggefahren war, schaffte er seine Koffer in das Café. Draußen auf dem Dorfplatz, wo zwei vor einen Heuwagen gespannte Ochsen nachdenklich wiederkäuten, während fette schwarze Fliegen ihre sanft dreinblickenden Augen umschwirrten, begann es bereits glühend heiß zu werden.
    Im Café war es dunkel und kühl. Der Schakal bemerkte, daß sich die Leute an den Tischen nach ihm umwandten. Eine bäuerlich aussehende alte Frau in einem schwarzen Kleid, die eine Gruppe von Landarbeitern bedient hatte, klapperte in Holzpantinen über den Fliesenboden und trat hinter die Theke. »Monsieur?« krächzte sie. Er stellte seine Gepäckstücke ab und beugte sich über die Theke. Die Eingesessenen, das hatte er bemerkt, tranken Rotwein.
    »Un gros rouge, s'il vous plaît, madame.«
    »Wie weit ist es bis zum Schloß, Madame?« fragte er, als die Frau ihm den Wein eingoß. Sie sah ihn mit ihren listigen schwarzen Knopfaugen scharf an.
    »Zwei Kilometer, Monsieur.«
    Er seufzte müde. »Dieser Idiot von einem Taxifahrer hat mir doch einzureden versucht, hier gäbe es kein Schloß, und mich auf dem Marktplatz abgesetzt.«
    »War er aus Egletons?« fragte sie. Der Schakal nickte.
    »Die Leute in Egletons sind Narren«, bemerkte sie.
    »Ich muß zum Château«, sagte er.
    Keiner der Bauern, die rundum an den Tischen saßen und unverwandt herüberblickten, rührte sich. Er zog einen Hundertfrancschein aus der Tasche.
    »Wieviel macht der Wein, Madame?«
    Die alte Frau betrachtete den Schein mißtrauisch.
    »Soviel kann ich nicht wechseln«, sagte sie.
    Erhob ratlos die Schultern. »Wenn doch nur jemand mit einem Wagen da wäre, würde der vielleicht auch wechseln können«, sagte er.
    Einer der Bauern stand auf und trat an ihn heran.
    »Es gibt einen Wagen im Dorf, Monsieur«, sagte er.
    Der Schakal drehte sich in gespielter Überraschung um.
    »Gehört er Ihnen, mon ami?«
    »Nein, Monsieur, aber ich kenne den Mann, dem er gehört. Vielleicht fährt er Sie hinauf.«
    Der Schakal nickte nachdenklich, als erwäge er die Vorzüge des Angebots.
    »Was trinken Sie inzwischen?«
    Der Bauer gab der alten Frau einen Wink. Sie goß ihm ein großes Glas Rotwein ein.
    »Und Ihre Freunde? Es ist ein heißer Tag. Ein Tag, der durstig macht.«
    Das bartstoppelige Gesicht des Bauern verzog sich zu einem breiten Lächeln. Er nickte der alten Frau nochmals zu, die daraufhin zwei volle Flaschen zu der an dem großen Tisch sitzenden Gruppe hinübertrug.
    »Benoit, geh und bring den Wagen her«, befahl der Bauer, und einer der Männer leerte sein Glas in einem Zug und ging hinaus.
    Der Vorzug des Landvolks der Auvergne, dachte der Schakal, als er auf dem ratternden und schaukelnden Gefährt die letzten beiden Kilometer zum Schloß hinauf zurücklegte, besteht darin, daß es viel zu abweisend und verschlossen ist, um nicht seinen verdammten Mund zu halten - zumindest Fremden gegenüber.
    Colette de la Chalonnière hatte sich im Bett aufgesetzt, um ihren Morgenkaffee auszutrinken und den Brief nochmals zu lesen. Der Ärger, der sie bei dessen erster Lektüre überkommen hatte, war einem verdrossenen Abscheu gewichen.
    Sie fragte sich, was in aller Welt sie mit dem Rest ihres Lebens anfangen sollte. Nach der gemächlichen Heimfahrt von Gap war sie gestern nachmittag von der alten Ernestine, dem Hausmädchen, das bereits zu Alfreds Vaters Zeiten auf dem Schloß in Diensten stand, und dem Gärtner Louison, einem ehemaligen Bauernjungen, der Ernestine geheiratet hatte, als sie noch die Gehilfin des Hausmädchens war, begrüßt worden.
    Die beiden fungierten jetzt praktisch als die Kuratoren des Schlosses, dessen Räume in der Mehrzahl verschlossen und dessen Möbel zum großen Teil mit Schonbezügen bespannt worden waren.
    Sie war, darüber gab sie sich keiner Täuschung hin, die Herrin eines leeren Schlosses, in dessen Park keine Kinder mehr spielten und in dessen Hof kein Schloßherr sein Pferd mehr bestieg.
    Sie betrachtete nochmals den Ausschnitt aus einem Pariser Modemagazin, den ihr eine Freundin in so rührender Weise zugeschickt hatte; sah ihren darauf abgebildeten Gatten dümmlich ins Blitzlicht lächeln, während sein leerer Blick zwischen der Kameralinse und dem

Weitere Kostenlose Bücher