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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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die anderen gräßlichen Puppen da drinnen. Du bist ein sehr gut aussehender Junge und hast es nicht nötig, dir das Zeug ins Gesicht zu schmieren.«
    »Tut mir leid, Jules. Ich dachte, du fändest mich hübscher so. Wenn wir nach Hause kommen, wische ich es mir gleich ab.«
    Wieder versöhnt, führte Bernard den Schakal zu seinem Wagen. Er erklärte sich bereit, seinen neuen Freund zunächst zur Gare d'Austerlitz zu fahren, damit er sein Gepäck abholte, bevor sie in Bernards Wohnung gingen. An der ersten Kreuzung wurden sie von einem Polizisten gestoppt. Als der Beamte sich zum linken Vorderfenster hinunterbeugte, knipste der Schakal die Innenbeleuchtung an. Der Polizist starrte sechzig Sekunden lang entgeistert in den Wagen und zog dann angewidert den Kopf zurück.
    »Allez«, befahl er, ohne die Insassen eines weiteren Blicks zu würdigen, und murmelte:
    »Sales pédés«, als der Wagen anfuhr. Kurz vor dem Bahnhof wurden sie nochmals angehalten und zum Vorweisen ihrer Papiere aufgefordert. Der Schakal kicherte verführerisch.
    »Ist das alles, was ihr wollt?« fragte er schelmisch.
    »Macht, daß ihr weiterkommt«, sagte der Polizist und trat zur Seite.
    »Provoziere sie doch nicht so«, warnte ihn Bernard sotto voce. »Du bringst uns noch ins Gefängnis.«
    Der Schakal löste seinen Koffer und die Reisetasche am Gepäckschalter aus, ohne dabei Schlimmerem als dem verächtlichen Blick des diensttuenden Beamten zu begegnen, und verstaute beide Gepäckstücke im Kofferraum des Wagens.
    Auf der Fahrt zu Bernards Wohnung wurden sie wiederum angehalten. Diesmal waren es zwei CRS-Männer, ein Sergeant und ein Gemeiner, die wenige hundert Meter vor dem Haus, in dem Bernard wohnte, auf einer Straßenkreuzung standen und die Ausweise aller Fahrzeuginhaber kontrollierten. Der Gemeine trat an das rechte Fenster, blickte dem Schakal ins Gesicht und zuckte zurück.
    »Oh, mein Gott. Wohin wollt denn ihr zwei beiden?«
    »Na, was glaubst du wohl, Süßer?«
    Der CRS-Mann verzog angewidert das Gesicht.
    »Schiebt ab, ihr geilen Puppen! Los, weiterfahren.«
    »Sie hätten sie nach ihren Ausweispapieren fragen sollen«, hielt ihm der Sergeant vor, als der Wagen sich entfernte.
    »Aber Sergeant«, winkte der Gemeine ab, »wir suchen nach einem Burschen, der eine Baronin erst um und dumm gevögelt und dann totgeschlagen hat ­ und nicht nach zwei schwulen Tunten.« Um 2 Uhr morgens betraten Bernard und der Schakal die Wohnung. Der Schakal bestand darauf, im Wohnzimmer auf der Couch zu schlafen, und Bernard erhob keine Einwände, wenngleich er es nicht lassen konnte, durch die Schlafzimmertür zu spähen, als der junge Amerikaner sich auszog. Es würde offenkundig einer geduldigen, aber konsequenten Taktik bedürfen, um den durchtrainierten Studenten aus dem Staat New York zu verführen. In der Nacht sah sich der Schakal in der mit weibisch­ betulichem Geschmack dekorierten, im übrigen aber hochmodern eingerichteten Küche um und inspizierte die Lebensmittelvorräte im Kühlschrank. Er kam zu dem Schluß, daß sich eine Person mit den vorhandenen Lebensmitteln drei Tage lang ernähren konnte; für zwei reichten sie jedoch nicht. Am Morgen wollte Bernard frische Milch holen, aber der Schakal beharrte darauf, daß er es vorziehe, seinen Kaffee mit Dosenmilch zu trinken. So verbrachten sie den Vormittag in der Wohnung. Der Schakal schaltete den Fernseher ein, um die Mittagssendung des Nachrichtendienstes zu sehen.
    Die erste Meldung betraf die Jagd nach dem Mörder der Baronin de la Chalonnière, deren Leiche vor achtundvierzig Stunden aufgefunden worden war. Jules Bernard schrie entsetzt auf. »Uuuh, Brutalität kann ich nicht ertragen«, erklärte er. Im nächsten Augenblick erschien in Großaufnahme ein Gesicht auf dem Bildschirm: ein gutgeschnittenes junges Gesicht mit kastanienbraunem Haar und Hornbrille. Wie der Nachrichtensprecher sagte, handelte es sich um das des Mörders, eines amerikanischen Studenten namens Marty Schulberg. Hatte irgend jemand diesen Mann gesehen oder Kenntnis von seinem gegenwärtigen Aufenthaltsort erlangt? Sachdienliche Hinweise nahm jedes Polizeikommissariat entgegen…
    Bernard, der auf dem Sofa saß, drehte sich um und blickte auf. Sein letzter Gedanke war, daß der Sprecher sich geirrt haben mußte, denn er hatte gesagt, Schulbergs Augen seien blau. Aber die auf ihn hinunterstarrenden Augen über den stählernen Fingern, die ihm die Kehle zudrückten, waren grau…
    Wenige Minuten später schloß

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