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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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ging er in sein nahes Hotel, zahlte seine Rechnung und begann zu packen. Seine jüngsten Anschaffungen wurden im doppelten Boden eines seiner beiden teuren Koffer verstaut. Aus der Medaillensammlung stellte er mit Hilfe der erworbenen Broschüre eine Ordensschnalle zusammen, die von der Médaille Militaire für Tapferkeit vor dem Feind über die Médaille de la Libération bis hin zu fünf der den Angehörigen der Streitkräfte des Freien Frankreich im Zweiten Weltkrieg verliehenen Gefechtsauszeichnungen reichte. Er verlieh sich selbst Medaillen für die Teilnahme an den Kämpfen bei Bir Hakeim, in Libyen, Tunesien und der Normandie sowie das Abzeichen für die Angehörigen der von General Philippe Leclerc befehligten Zweiten Panzerdivision.
    Die restlichen Medaillen wie auch die Broschüre deponierte er in zwei auf dem Boulevard Malesherbes an Laternenkandelabern befestigten Papierkörben. Der Empfangschef seines Hotels unterrichtete ihn, daß der bequeme Etoile-du-Nord-Expreß nach Brüssel um 17 Uhr 15 von der Gare du Nord abfuhr. Er erreichte den Zug, speiste ausgezeichnet zu Abend und traf in den letzten Stunden des Juli in Brüssel ein.

SECHSTES KAPITEL
    Der Brief an Viktor Kowalsky traf am folgenden Morgen in Rom ein. Als der hünenhafte Pole vom Postamt zurückkehrte, wo er die an Monsieur Poitiers adressierten Briefe in Empfang genommen hatte, und die Hotelhalle durchschritt, rief ihm einer der Pagen nach: »Signor, per favore…!«
    Schroff wie immer, wandte er sich um. Spaghettifresser waren eine Sorte Mensch, die er grundsätzlich nicht zu beachten pflegte. Er übersah sie, wenn er durch die Hotelhalle zum Aufzug stapfte. Der dunkeläugige Junge, der auf ihn zutrat, hielt einen Brief in der Hand.
    »E una lettera, signor. Per un Signor Kowalsky. No cognosce questo signor… E forse un francese…«
    Kowalsky verstand kein Wort von dem italienischen Redeschwall, begriff aber den Sinn und vor allem, daß es sein eigener Name war, den der Hotelpage, wenn auch in falscher Aussprache, genannt hatte. Er riß ihm den Brief aus der Hand und starrte auf den in ungelenker Schrift gekritzelten Namen und die Adresse. Kowalsky war unter falschem Namen gemeldet, und da er keine Zeitungen las, wußte er nicht, daß ein Pariser Blatt vor drei Tagen berichtet hatte, daß die drei ranghöchsten OAS-Führer sich im obersten Stockwerk des Hotels verbarrikadiert hatten.
    Was ihn betraf, so hätte niemand wissen sollen, wo er sich aufhielt. Und doch freute er sich über den Brief. Er bekam nur selten Post, und wie die meisten einfachen Leute empfand er die Ankunft eines Briefes als ein größeres Ereignis. Daß unter den im Empfang beschäftigten Hotelangestellten keiner einen Gast dieses Namens kannte und niemand mit dem Brief etwas anzufangen wußte, hatte Kowalsky dem Redeschwall des kleinen Italieners, der jetzt mit treuen Hundeaugen zu ihm aufblickte, als sei er der Hort menschlicher Weisheit und könne das Dilemma lösen, immerhin entnommen. »Bon. Je vais demander«, sagte er gnädig. Der Italiener blickte ihn noch immer fragend an. »Demander, demander«, wiederholte Kowalsky und deutete nach oben. Der Italiener begriff. Ah, si. Domandare, Prego, Signor. Tante grazie…« Kowalsky ließ ihn stehen und fuhr im Lift zum achten Stock hinauf, wo er beim Verlassen des Aufzugs vom in der Rezeption des Stockwerks postierten Wachhabenden mit gezogener Pistole empfangen wurde. Eine Sekunde lang starrten die beiden Männer einander an, dann sicherte der Posten seine Waffe und steckte sie wieder ein. Außer Kowalsky war niemand im Aufzug gewesen. Das Ganze war eine reine Routinesache, die sich jedesmal abspielte, wenn das Licht über der Fahrstuhltür ankündigte, daß der Aufzug höher als bis zum siebenten Stock hinauffahren würde.
    Neben dem diensthabenden Mann am Empfangstisch gab es einen weiteren, der die Tür zur Feuerleiter am Ende des Korridors bewachte, und einen dritten, der auf dem Treppenabsatz postiert war. Obschon das Hotelmanagement nichts davon wußte, waren sowohl die Treppe als auch die Feuerleiter mittels Schreckminen gesichert, die nur durch Betätigung eines die Stromzufuhr zu den Zündern regulierenden Schalters unter dem Empfangstisch entschärft werden konnten.
    Der vierte Mann hielt auf dem Dach über dem neunten Stock, in dem die Bosse wohnten, Wache. Im Falle eines Überraschungsangriffs würden drei weitere Männer, die Nachtschicht gehabt hatten und jetzt in ihrem Zimmer am Ende des Korridors

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