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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Eroberungen und erfahrene Frauen gewohnt. Sie spielte die Scheue, war aufmerksam, aber keusch, nach außen hin kühl, jedoch nicht ohne gelegentlich durchblicken zu lassen, daß sie ihren erlesenen Leib eines Tages, sofern nur der Richtige käme, willig hingeben würde. Das zog. Sie zu gewinnen wurde für den Mann zu einer Angelegenheit von höchster Priorität.
    Ende Juli wies sie ihr Zellenleiter an, daß ihr Zusammenleben in Kürze beginnen solle. Das einzige Hindernis stellten die Frau und die Kinder des Mannes dar, von denen er nicht getrennt lebte. Am 29. Juli reisten sie zum Landhaus der Familie im Loiretal ab, während der Mann seiner Arbeit wegen in Paris zurückbleiben mußte. Wenige Minuten nach der Abreise seiner Familie hatte er bereits im Salon angerufen und darauf bestanden, daß Jacqueline und er noch am gleichen Tag in seinem Apartment gemeinsam zu Abend aßen.
    In ihrer Wohnung angekommen, warf Jacqueline Dumas einen Blick auf ihre Armbanduhr. Sie hatte drei Stunden Zeit, um sich für den Abend herzurichten, und obschon sie beabsichtigte, ihre Vorbereitungen mit größer Sorgfalt zu treffen, würden dazu zwei Stunden genügen. Sie zog sich aus, duschte und sah, während sie sich vor dem in die Innenseite der Schranktür eingelassenen Standspiegel abtrocknete, mit teilnahmsloser Gleichgültigkeit zu, wie das Handtuch in kreisender Bewegung ihre Haut frottierte, und als sie die Arme hochstreckte, um ihre vollen, von zarten rosa Knospen gekrönten Brüste zu heben, geschah es ohne jenes Vorgefühl kommender Entzückungen, das sie noch stets empfunden hatte, wenn sie wußte, daß François' Handflächen sie bald liebkosen würden.
    Sie dachte mit Widerwillen an die bevorstehende Nacht, und ihre Bauchmuskeln strafften sich vor Ekel. Sie würde, das gelobte sie sich, durchhalten und es hinter sich bringen, egal, welche Art von Liebe er von ihr verlangte. Aus einer Kommodenlade holte sie das Photo von François hervor, aus dessen Rahmen er ihr mit dem gleichen, leise ironischen Lächeln zuzunicken schien, das seine Lippen immer umspielt hatte, wenn er sie über die ganze Länge des Bahnsteigs hinweg auf ihn zulaufen sah, um von ihm in die Arme genommen zu werden. Das weiche braune Haar, das khakifarbene Uniformhemd mit der breiten, muskulösen Brust darunter, an der den Kopf zu bergen sie vor langer, langer Zeit so sehr geliebt hatte, das Abzeichen mit den stählernen Fallschirmjägerschwingen, das sich an ihrer heißen Wange so kühl anfühlte, alles das war noch immer da - auf Photopapier. Sie lag auf dem Bett und hielt François über sich, der auf sie hinunterblickte, wie er es getan hatte, wenn sie sich liebten. Und seine Frage: »Alors, petite, tu veux… ?« wäre auch jetzt wieder ganz überflüssig gewesen. Wie stets flüsterte sie: »Oui, tu sais bien…« und schloß die Augen. Sie glaubte ihn in sich zu fühlen, seine ganze heiße und harte, pochende Kraft, meinte seine ihr leise ins Ohr geraunten Koseworte und schließlich den erstickten Befehl: » Viens, viens…!« zu hören, dem sie noch immer gehorcht hatte.
    Sie öffnete die Augen und starrte zur Zimmerdecke hinauf. »François«, flüsterte sie und preßte das erwärmte Glas des Photos an ihre Brüste, »hilf mir, bitte, hilf mir heute nacht.« Am letzten Tag des Monats war der Schakal ungemein beschäftigt. Er verbrachte den Vormittag auf dem Flohmarkt, wo er, eine zusammenlegbare, billige Reisetasche mit sich führend, von Stand zu Stand ging. Er kaufte ein speckiges schwarzes beret, ein Paar ausgetretener Schuhe, eine nicht allzu saubere Hose und, nach langem Suchen, einen ausgedienten, schweren Militärmantel. Er würde einen Mantel aus leichterem Stoff vorgezogen haben, aber Militärmäntel sind selten für den Hochsommer geschneidert, und die der französischen Armee werden aus Duffel angefertigt. Der Mantel war jedoch lang genug, selbst an ihm, dem er, und darauf kam es ihm an, ein gutes Stück bis unters Knie reichte.
    Im Weggehen fiel sein Blick auf einen Stand voller Orden und Medaillen, die zumeist alt und fleckig waren. Er suchte sich eine Kollektion aus und erwarb sie zusammen mit einer Broschüre, welche die französischen Militärmedaillen mitsamt Ordensbändern auf verblichenen Farbabbildungen zeigte und den Betrachter anhand ausführlicher Bildunterschriften darüber aufklärte, für welche Schlachten oder tapferen Handlungen sie verliehen zu werden pflegten.
    Nach einem leichten Lunch bei Queenie's in der rue Royale

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