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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Exemplar interessierte ihn am meisten. Die Photographie, mit der es versehen war, unterschied sich ein wenig von ,derjenigen auf der Identitätskarte, denn das Ausstellungsdatum j beider differierte um einige Monate, weil die Verlängerung, hätte es sich um echte Ausweise gehandelt, vermutlich nicht zum gleichen Datum fällig gewesen wäre.
    Das Photo auf dem Ausweis, den er in der Hand hielt, war ebenfalls vor fast zwei Wochen aufgenommen worden, zeigte ihn jedoch in einem dunkleren Hemd und mit der Andeutung eines Stoppelbarts um das Kinn herum. Dieser Effekt war das Resultat geschickter Retuschen, die den Eindruck vermittelten, daß es sich bei den beiden Photographien um zu verschiedenen Zeitpunkten aufgenommene Porträts eines und desselben Mannes in jeweils anderer Bekleidung handelte. In beiden Fällen hatte sich das handwerkliche Können des Fälschers als ausgezeichnet erwiesen. Der Schakal blickte auf und steckte die Ausweise ein.
    »Sehr hübsch«, sagte er. »Genau das, was ich suchte. Gratuliere. Wenn ich nicht irre, bekommen Sie noch fünfzig Pfund.«
    »Das stimmt, Monsieur.« Der Fälscher lächelte erwartungsvoll.
    Der Engländer zog ein einzelnes Päckchen von zehn Fünfpfundnoten aus der Tasche und hielt es ihm mit spitzen Fingern unter die Nase. Bevor er das Bündel losließ, sagte er: »Etwas fehlt noch.«
    Der Belgier versuchte vergeblich, so zu tun, als verstände er nicht.
    »Monsieur?«
    »Die erste Seite des Führerscheins. Die echte, die ich wiederhaben wollte.«
    Es konnte kein Zweifel darüber bestehen, daß der Fälscher Theater spielte. Er hob die Brauen in übertriebener Überraschung, als sei ihm die Sache eben erst wieder eingefallen, ließ das Päckchen Banknoten los, drehte sich auf dem Absatz um und entfernte sich, die Arme auf dem Rücken, mit gesenktem Kopf, als sei er in tiefes Nachdenken versunken, ein paar Schritte vom Schakal. Dann kehrte er um und kam zurück.
    »Ich hatte gedacht, daß wir uns über dieses Papierchen noch ein wenig unterhalten könnten, Monsieur.«
    »Ja?« Der fragende Tonfall des Schakals war so unbeteiligt wie sein Gesicht, das keinerlei Gefühlsregung verriet, sein Blick kalt und ausdruckslos.
    »Tatsächlich, Monsieur, befindet sich die erste Seite Ihres Führerscheins, auf der Ihr - wie ich annehme - richtiger Name steht, nicht hier im Studio. Oh, bitte, bitte -« er gestikulierte, als ginge es darum, jemanden, der von plötzlicher Angst gepackt war - wovon beim Engländer wahrlich keine Rede sein konnte -, beruhigen zu müssen. »Sie wird an einem absolut sicheren Ort verwahrt, in einer nur mir zugänglichen Kassette im Tresor einer Bank. Sie verstehen, Monsieur, daß ein Mann, der wie ich in einer etwas riskanten Branche tätig ist, gewisse Vorkehrungen treffen und sich absichern muß.«
    »Was wollen Sie?«
    »Nun, cher monsieur, ich hatte auf Ihre Bereitschaft gehofft, mit mir aufgrund der Tatsache, daß sich besagtes Papierchen in meinem Besitz befindet, einen zusätzlichen Handel auf Basis einer Summe abzuschließen, die allerdings um einiges über der zuletzt hier in diesem Raum erwähnten von hundertfünfzig Pfund liegen würde.«
    Der Engländer seufzte leise, als sei ihm die Fähigkeit des Menschen, sich seine eigene Existenz auf dieser Erde durch unnötige Komplikationen zu erschweren, schlechthin unbegreiflich. Ob er den Vorschlag des Belgiers erwog, war ihm nicht anzumerken.
    »Sind Sie interessiert?« erkundigte sich der Fälscher artig. Er spielte seine Rolle, als habe er sie sorgfältig einstudiert. Das schlechtkaschierte Angebot, die vermeintlich subtilen Anspielungen erinnerten Schakal an einen zweitklassigen Gangsterfilm.
    »Ich habe schon öfter mit Erpressern zu tun gehabt«, sagte er, und es war keine Beschuldigung, sondern eine in sachlichem Tonfall getroffene nüchterne Feststellung.
    »Aber Monsieur, ich bitte Sie. Ich bin doch kein Erpresser! Was ich Ihnen vorschlage, ist lediglich ein kleines Zusatzabkommen. Sie erhalten das gesamte Paket für eine bestimmte Summe. Schließlich habe ich nicht nur das Original Ihres Führerscheins, die entwickelten Abzüge und sämtliche Negative Ihrer Photos in meiner Kassette, sondern leider« - er hob bedauernd die Hände -»auch eine weitere Aufnahme von Ihnen, die Sie ohne Ihr Make-up hier in diesem Studio im Scheinwerferlicht zeigt. Ich bin sicher, daß Ihnen diese Dinge, sofern sie in die Hände der britischen oder französischen Behörden gelangten, beträchtliche Schwierigkeiten

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