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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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sind, ist einträglich. Englische Mylords verschwenden nicht mit Taschendiebstählen auf Rennbahnen ihre Zeit. Bitte, Monsieur, hören wir doch auf, uns gegenseitig etwas vorzumachen, hein? Sie rufen Ihre Freunde in London an und bitten sie, Ihnen telegraphisch tausend Pfund auf Ihre hiesige Bank zu überweisen. Dann tauschen wir morgenabend unsere Päckchen aus, und - hopp! - kann es losgehen mit der Reise, was meinen Sie?«
    Der Engländer nickte mehrmals wie in schmerzlicher Rückschau auf ein Leben voller Irrtümer. Plötzlich hob er den Kopf und lächelte den Belgier freundlich an. Es war das erste Mal, daß der Fälscher ihn lächeln sah, und er fühlte sich ungemein erleichtert, daß dieser ruhige Engländer die Sache so gelassen nahm. Das übliche sich Drehen und Wenden, die Suche nach einem Ausweg, nun ja. Aber kein wirklich schwieriger Fall. Der Mann hatte schließlich doch noch gespurt.
    »Also gut«, sagte der Engländer, »ich gebe mich geschlagen. Bis morgen mittag kann ich mir tausend Pfund kommen lassen. Aber ich stelle eine Bedingung.«
    »Bedingung?« Der Belgier war sofort wieder mißtrauisch.
    »Wir treffen uns nicht hier.«
    Der Fälscher war überrascht. »Was haben Sie gegen dieses Studio einzuwenden? Es ist ruhig und abgelegen…«
    »Ich habe eine ganze Menge gegen dieses Studio einzuwenden«, entgegnete der Engländer.
    »Sie haben mir gerade erzählt, daß Sie hier in diesem Raum heimlich ein Photo von mir gemacht haben. Ich lege keinen Wert darauf, daß unsere morgige kleine Übergabezeremonie von dem leisen Klicken einer Kamera unterbrochen wird, mit der sich einer Ihrer Freunde rücksichtsvollerweise hier irgendwo versteckt hält…«
    Sichtbar erleichtert, lachte der Belgier laut auf.
    »Da brauchen Sie keine Angst zu haben, cher ami. Dieser Laden gehört mir, und niemand kommt hierher, den ich nicht dazu aufgefordert habe. Ich muß da sehr vorsichtig sein, verstehen Sie, sehr diskret, denn ich betreibe hier noch ein Nebengeschäft mit Photos für die Touristen, wenn Sie wissen, was ich meine. Sehr gefragt übrigens, diese Arbeit, aber doch nicht ganz das Genre, das für ein Studio an der Grande Place geeignet ist…«
    Mit Daumen und Zeigefinger ein O formend, hob er die linke Hand und bewegte den durch die kreisförmige Öffnung gesteckten Zeigefinger seiner Rechten mehrfach hin und her.
    Der Engländer zwinkerte, grinste dann breit und fing schließlich an zu lachen. Der Belgier lachte ebenfalls über den Witz. Der Engländer klatschte dem Belgier auf die Oberarme, und seine Finger, die sich um deren Muskeln legten, packten unvermittelt stahlhart zu und hielten den Belgier, der weiter die obszöne Geste voll­ führte, fest im Griff. Der Fälscher lachte noch immer, als er einen fürchterlichen Schmerz in seinen Genitalien verspürte.
    Ruckartig schnellte sein Kopf nach vorn, während seine Hände, die mitten in ihrer Pantomime erstarrt waren, zu den zerquetschten Hoden hinabfuhren, in die der Mann, der ihn mit eisernem Griff gepackt hielt, sein rechtes Knie gerammt hatte. Sein Lächeln wurde zu einem Schreien, einem Gurgeln, einem Röcheln. Halb bewußtlos, sackte er in die Knie und versuchte dann, sich vornüber fallen und auf die Seite rollen zu lassen. Er krümmte sich vor Schmerzen.
    Der Schakal beugte sich rittlings über den Rücken der zusammengesunkenen Gestalt, ließ seinen rechten Arm um den Hals des Belgiers gleiten, packte mit der rechten Hand den eigenen linken Oberarm, während seine Linke sich um den Hinterkopf des Fälschers legte. Mit einem kurzen, harten Ruck drehte er ihm den Hals seitlich nach hinten um. Das Knirschen, mit dem die Wirbelsäule brach, war vermutlich nicht sehr laut, aber in der Stille des Studios klang es, als krache ein Schuß aus einer kleinen Pistole. Der Körper des Fälschers bäumte sich ein letztes Mal auf und sackte dann in sich zusammen wie eine Stoffpuppe. Der Schakal hielt ihn noch einen Augenblick in seinem Griff fest, bevor er ihn mit dem Gesicht nach unten auf den Boden fallen ließ. Der Kopf des Toten drehte sich zur Seite, und zwischen seinen zusammengepreßten Zähnen stand die fast durchgebissene Zunge leicht hervor, während die starren Augen auf das verschlissene Muster des Linoleumfußbodens gerichtet und die Hände noch immer um das Genital gekrallt waren. Der Engländer ging rasch zu den Vorhängen hinüber, um sich zu vergewissern, daß sie gänzlich zugezogen waren, und kehrte dann zu der Leiche zurück. Er drehte sie

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