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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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klein, aber er sah, daß sie von der extralangen Sorte dieses Kalibers waren, und wußte, daß die zusätzliche Explosivladung dem Geschoß eine sehr viel höhere Geschwindigkeit und damit erhöhte Zielgenauigkeit und Wirkungsweise verleihen würde. Im Gegensatz zu den meisten auf der Jagd verwendeten Kugeln waren diese Patronen nicht stumpf, sondern zugespitzt und die Patronenköpfe noch dazu nicht wie jene aus Blei, sondern aus einer Kupfer-Nickel-Legierung gegossen. Es waren Schießwettbewerbspatronen vom gleichen Kaliber wie das Jagdgewehr, das er in der Hand hielt.
    »Wo sind die richtigen Geschosse?« fragte er. Goossens ging wieder zum Tisch hinüber und holte ein in Seidenpapier gewickeltes Päckchen hervor.
    »Normalerweise verwahre ich dergleichen selbstverständlich an einem sicheren Platz«, erklärte er, »aber als Sie mir sagten, Sie kämen, habe ich sie bereitgelegt.«
    Er öffnete das Päckchen und schüttete den Inhalt auf seinen weißen Schreibblock. Auf den ersten Blick sahen sie genauso aus wie die Patronen, die der Engländer jetzt wieder in die Pappschachtel zurückschüttete. Als er seine Hand geleert hatte, nahm er eines der auf dem Schreibblock liegenden Geschosse und schaute es sich genauer an.
    Vom Kopf der Patrone war die Kupfer-Nickel-Schicht sorgfältig weggeschliffen worden, so daß man an dieser Stelle die Bleifüllung sehen konnte. Die scharfe Geschoßspitze war geringfügig gekürzt und in sie ein winziges, etwa einen halben Zentimeter tiefes Loch gebohrt worden, das der Länge der Geschoßkappe entsprach. In diese Öffnung hatte Goossens ein Tröpfchen Quecksilber gegossen und sie dann mit einem Tropfen flüssigen Bleis verschlossen. Nachdem das Blei erhärtet war, hatte Goossens es ebenfalls so lange zurechtgeschliffen, bis die Geschoßspitze wieder ihre ursprüngliche Form auf wies.
    Der Schakal kannte diese Geschosse, hatte selbst jedoch nie Gelegenheit gehabt, eines zu verwenden. Viel zu umständlich in der Herstellung, um in größerer Anzahl benutzt zu werden, von der Genfer Konvention verboten, weil von noch weit verheerenderer Wirkung als das simple Dumdumgeschoß, würde das Explosivgeschoß krepieren wie eine kleine Granate, wenn es den menschlichen Körper traf. Beim Feuern wurde das Quecksilbertröpfchen in seinem Hohlraum durch die Vehemenz des vorwärtsschießenden Projektils in ganz ähnlicher Weise zurückgeschleudert, wie ein Autofahrer durch plötzliche Akzeleration in das Polster seines Sessels gepreßt wird. Sobald das Geschoß auf Fleisch, Knorpel oder Knochen traf, bewirkte die plötzliche Minderung seiner Geschwindigkeit, daß das Quecksilber nach vorn gegen die plombierte Geschoßspitze gepreßt wurde, wobei es das Blei nach außen bog wie die Finger einer gespreizten Hand oder die Blätter einer aufblühenden Blume. In dieser Form würde es sich seinen Weg durch Nerven und Gewebe bahnen und dabei Fragmente seiner selbst in einem Umkreis von der Größe einer Untertasse im Fleisch zurücklassen. Traf es den Kopf, so würde ein solches Projektil nicht aus ihm wieder austreten, sondern alles, was sich in ihm befand, zerreißen und durch den Druck der freigewordenen Energie die Schädeldecke sprengen.
    Der Killer legte das Geschoß sorgfältig wieder auf das Seidenpapier zurück. Der sanfte kleine Mann neben ihm sah ihn fragend an.
    »Die scheinen mir in Ordnung zu sein. Sie verstehen wirklich etwas von Ihrem Handwerk, Monsieur Goossens. Wo also liegt denn nun die Schwierigkeit, von der Sie sprachen?«
    »Ich meinte die Röhren, Monsieur. Die waren viel schwerer anzufertigen, als ich angenommen hatte. Zunächst habe ich Aluminium genommen, wie Sie es vorgeschlagen hatten. Aber verstehen Sie bitte, daß ich zuerst das Gewehr erworben und hergerichtet habe. Deswegen bin ich erst vor ein paar Tagen dazu gekommen, mich mit den anderen Dingen zu befassen. Ich hatte gehofft, es würde relativ einfach sein, mit meiner Erfahrung und den Geräten, die ich in der Werkstatt habe. Um die Röhren so schmal wie möglich anfertigen zu können, habe ich sehr dünnes Metall gekauft. Es war zu dünn. Als ich es in meiner Maschine hatte, um es für die Montage mit Schraubengewinden zu versehen, war es, als hätte ich Silberfolie genommen. Schon unter geringfügigem Druck verlor es jede Form. Um einen Durchmesser zu erhalten, der groß genug war, damit der breiteste Teil des Verschlusses hineinpaßte, hätte ich, sofern ich ein dickeres Metall verwendet hätte, etwas bauen müssen,

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