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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Spielraum. Die Gefahr war da, sie war ernst, unabwendbar, und der Präsident mußte ins Bild gesetzt werden.
    Widerstrebend drückte er auf eine Taste der Haussprechanlage und verlangte den Generalsekretär im Elysée-Palast. Innerhalb einer Minute klingelte das rote Telephon neben der Haussprechanlage. Er nahm den Hörer ab. »Monsieur Foccart, s'il vous plaît.« Nach wenigen Sekunden meldete sich die trügerisch sanfte Stimme eines der mächtigsten Männer Frankreichs. Roger Frey erklärte kurz, was er wollte und warum es ihm so dringlich sei, den Präsidenten zu sprechen. »So rasch wie möglich, Jacques… Ja, ich weiß, Sie müssen erst nachsehen. Ich warte. Rufen Sie mich bitte zurück, sobald Sie können.«
    Der Anruf kam nach einer Stunde. Die Audienz war auf 4 Uhr am selben Nachmittag festgesetzt worden; sobald der Präsident seine Siesta gehalten hatte, würde er für Frey zu sprechen sein. Eine Sekunde lang war der Minister versucht, darauf hinzuweisen, daß das, was er dem Präsidenten zu sagen hatte, wichtiger als dessen Siesta sei, aber er besann sich eines Besseren. Wie jedermann im Gefolge des Präsidenten wußte er, daß es nicht ratsam war, sich mit dem glattzüngigen Beamten anzulegen, der jederzeit das Ohr des Präsidenten hatte und dem Vernehmen nach eine private Kartei mit intimen Informationen angelegt hatte, deren Existenz, obschon niemand Genaues darüber wußte, die Gemüter außerordentlich beunruhigte.
    Zwanzig Minuten vor vier verließ der Schakal nach einer der köstlichsten und kostspieligsten Fischmahlzeiten, die auf Meeresfrüchte spezialisierte Londoner Gastronomen zu bieten haben, Cunningham's in der Curzon Street. Schließlich, so sagte er sich, als er in die South Street einbog, war es aller Wahrscheinlichkeit nach auf einige Zeit hinaus sein letzter Lunch in London gewesen, und er glaubte Grund genug gehabt zu haben, diesen Anlaß zu feiern.
    Im gleichen Augenblick bog eine aus dem schmiedeeisernen Portal des französischen Ministeriums des Innern kommende schwarze DS-19-Limousine in die Place Beauvau ein. Durch Zurufe seiner das Portal bewachenden Kollegen aufmerksam gemacht, stoppte der in der Mitte des Platzes postierte Polizist den aus den angrenzenden Straßen flutenden Verkehr und salutierte dann mit ruckartiger Geste.
    Nach hundert Meter steuerte der Citroen auf den steingrauen Portikus vor dem Elysée-Palast zu. Auch hier hatten die diensttuenden Gendarmen vorsorglich den Verkehr angehalten, um der Limousine den zum Einbiegen in die enge Durchfahrt benötigten Platz zu sichern. Die Posten der Garde Républicaine, die zu beiden Seiten des Portals vor ihren Schilderhäuschen standen, legten grüßend die weißbehandschuhte Rechte an das Magazin ihrer Karabiner, als sie den Wagen des Ministers passieren ließen. Im inneren Torbogen sperrte eine locker gespannte Kette die Durchfahrt in den Vorhof des Palastes. Der diensttuende Inspektor - einer von Ducrets Leuten - schaute kurz in den Wagen und nickte dem Minister zu, der seinerseits ihm zunickte. Auf einen Wink des Inspektors wurde die Kette abgehängt. Sie fiel zu Boden, und der Citroën fuhr knirschend über sie hinweg. Jenseits des etwa vierzig bis fünfzig Meter breiten, mit braunem Kies bestreuten Hofs erhob sich die Fassade des Palastes. Robert, der Chauffeur des Innenministers, lenkte den Wagen nach rechts und fuhr ihn im Gegenuhrzeigersinn um den Hof herum vor die sechs Granitstufen, die zum Eingang hinaufführten.
    Einer der beiden befrackten und mit silbernen Ketten behängten Palastdiener öffnete die Tür.
    Roger Frey eilte die Stufen hinauf und wurde an der Spiegelglastür vom dienstältesten Kammerdiener empfangen. Einen Augenblick lang mußte der Minister im Vestibül unter dem an einer langen goldenen Kette von der gewölbten Decke herabhängenden Kronleuchter warten, während der Diener seine Ankunft über das links der Tür auf einem Marmortisch stehende Haustelephon dem diensthabenden Offizier meldete. Als er den Hörer auflegte, lächelte er dem Minister kurz zu und schritt ihm in seinem gewohnten, würdevoll gemessenen Tempo über die teppichbedeckten Granitstufen voran. Im ersten Stock überquerten sie den kurzen, breiten Treppenabsatz, von dem aus sich das Vestibül überblicken ließ, und blieben vor einer Tür zur Linken des Treppenabsatzes stehen. Der Diener klopfte leise. Auf das gedämpft vernehmbare »Entrez« hin öffnete er die Tür und trat zurück, um den Minister in den Salon des

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