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Der Schakal

Der Schakal

Titel: Der Schakal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Präsidenten der Republik vor der Drohung eines jämmerlichen Mietlings zurückweichen zu sehen, der« - er machte eine Pause, in der seine Verachtung für den unbekannten Attentäter den Raum zu füllen schien - »noch dazu ein Ausländer ist.«
    Roger Frey begriff, daß er verloren hatte. Wie jemand, der Wert darauf legt, beim Zuhörer keinerlei Zweifel über den von ihm vertretenen Standpunkt aufkommen zu lassen, sprach der Präsident, ohne sich - wie Frey befürchtet hatte - zu erregen, klar und unmißverständlich. Einzelne Wendungen drangen bis zu Oberst Tes-seire, der bei geöffnetem Fenster im benachbarten Raum saß:
    »La France ne saurait accepter… la dignité et la grandeur assujetties aux misérables menaces d'un… d'un CHACAL…«
    Zwei Minuten später verließ Roger Frey den Präsidenten. Er nickte Oberst Tesseire zu, durchquerte den Salon des Ordonnances und ging die Treppe zum Vestibül hinunter. Dieser Mann - dachte der Diener, der den Minister über die Steinstufen zum wartenden Citroën geleitete und dem davonfahrenden Wegen nachblickte - hat Sorgen. Was Le Vieux wohl von ihm gewollt haben mag? - Da er jedoch seinen Dienst bereits seit zwanzig Jahren im Elysée-Palast verrichtete, blieb sein Gesicht so reglos und unwandelbar wie dessen Fassade.»Nein, so geht das nicht. Der Präsident war in diesem Punkt absolut unnachgiebig.« Roger Frey wandte den Blick vom Fenster seines Arbeitszimmers weg, um ihn auf den Mann zu richten, dem seine Bemerkung galt. Unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Elysée­ Palast hatte er seinen chef de cabinet - den Chef seines persönlichen Stabes - zu sich bestellt. Alexandre Sanguinetti war Korse und ebenfalls ein fanatischer Anhänger de Gaulles. Als der Mann, dem in den vergangenen zwei Jahren ein Großteil der mit der Überwachung und Leitung der französischen Sicherheitskräfte verbundenen Detailarbeit vom Innenminister delegiert worden war, hatte er sich einen Ruf erworben, der entsprechend der jeweiligen politischen Auffassung des Beurteilers wie auch seiner Einstellung zu den staatsbürgerlichen Rechten sehr unterschiedlich interpretiert wurde. Bei der extremen Linken war er wegen der kurzentschlossen von ihm angeordneten Mobilisierung der CRS-Anti-Aufruhr-Kommandos und der brutalen Kampfmethoden verhaßt und gefürchtet, die diese 45 000 paramilitärischen Schläger anwendeten, sobald sie sich einer Straßendemonstration gegenübergestellt sahen.
    Die Kommunisten nannten ihn möglicherweise deswegen einen Faschisten, weil gewisse Praktiken, mit denen es ihm gelungen war, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, an diejenigen erinnerten, welche sich jenseits des Eisernen Vorhangs im Paradies der Werktätigen bewährt hatten. Die extreme Rechte haßte ihn nicht weniger. Sie bediente sich ihrerseits der gleichen Argumente der Unterdrückung von Demokratie und Freiheit wie die Kommunisten - dies vermutlich jedoch nur deswegen, weil die Wirksamkeit seiner rigorosen Maßnahmen den Zusammenbrach von Gesetz und Ordnung verhindert hatte, der ihr als willkommener Vorwand für einen auf die Wiederherstellung eben dieser Ordnung abzielenden Putsch von rechts gedient haben würde.
    Und die breite Öffentlichkeit lehnte ihn ab, weil sie von den drakonischen Maßnahmen, die in seinem Amt beschlossen worden waren - Straßensperren, Ausweiskontrollen an allen wichtigen Straßenkreuzungen und die brutale Niederknüppelung jugendlicher Demonstranten durch die Schlagstöcke der CRS, wie sie auf zahllosen in der Presse veröffentlichten Photos dokumentarisch festgehalten worden war - unmittelbar betroffen wurde. Die Presse hatte ihn bereits zum »Monsieur Anti-OAS« gestempelt und verunglimpfte ihn mit Ausnahme der wenigen gaullistischen Blätter aufs massivste. Wenn der Ruf, der bestgehaßte Mann Frankreichs zu sein, ihn beunruhigte, so verstand er es doch, sich dies nicht anmerken zu lassen. Die Gottheit seiner privaten Religion residierte im Elysée-Palast, und in dieser Religion fungierte Alexander Sanguinetti als leitender Kopf der Kurie. Er blickte finster auf die Schreibunterlage vor ihm, auf welcher der den Rolland- Bericht enthaltende Aktenordner lag.
    »Das ist unmöglich. Unmöglich. Er ist unmöglich. Wir müssen sein Leben schützen, und er läßt uns nicht. Ich könnte diesen Mann dingfest machen, diesen Schakal. Aber Sie sagen mir, wir dürfen keine Gegenmaßnahmen treffen. Was sollen wir tun? Darauf warten, daß er losschlägt? Bloß herumsitzen und

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