Der Schatten des Highlanders
galoppierte Richtung Heimat. Nun, jetzt hatte er sie.
Er hoffte nur, der weite Ritt, um sie zu holen, wäre der Mühe wert.
3
Überlege gut, was du dir wünschst; es könnte in Erfüllung gehen.
Sunny dachte über den Wahrheitsgehalt dieses Sprichworts nach, während sie, fest an Robert Francis Cameron Mac Cameron geklammert, mit ihm durch Regen und Dunkelheit zu seinem Familienstammsitz ritt — zumindest vermutete sie das.
Zu seinem mittelalterlichen Familienstammsitz.
Nun, schließlich hatte sie sich ja einen Highlander gewünscht, oder nicht? Sie konnte sich nur nicht daran erinnern, dass es einer aus dem Mittelalter sein sollte, der von ihr, anstatt sie zum Dinner ins nächste Gasthaus auszuführen, verlangte, sie solle mit ihm auf seine Burg reiten und durch den Einsatz ihrer mystischen Kräfte seinen Bruder retten, der vermutlich schon seit 650 Jahren tot war.
Vielleicht hätte sie diesen monatlichen Beschwichtigungsessen, zu denen Jamie sie partout immer einladen wollte, einen Riegel vorschieben sollen. Sie hatte sich zunächst dagegen gesträubt, aber da Jamie ihr Laird war und sie seine Heilerin, musste sie wohl bestimmte traditionelle Gepflogenheiten einhalten. Das hatte er mit Nachdruck betont, als sie vor ihm niedergekniet war, ihre Hände in seine gelegt und ihm mit einer mittelalterlichen Schwurformel treue Gefolgschaft gelobt hatte. Nicht im Traum wäre ihr eingefallen, das könnte einmal dazu führen, dass sie auf ein harmloses Klopfen hin ihre Tür aufmachen und prompt in die Vergangenheit gezogen würde.
Aber eigentlich war es nicht weiter überraschend. Gerüchte über spukhafte Begebenheiten auf dem Land der MacLeods
kursierten immer wieder im Pub unten im Dorf. Auch sie selbst glaubte an allerlei Highland-Magie. Geister hatte sie schon mit eigenen Augen gesehen. Und sie war sich fast sicher, dass sie schon eine oder zwei Feen erspäht hatte, die zwischen den von der Decke ihres Cottages herabhängenden Kräuterbüscheln hervorlugten. Zudem glaubte sie fest an die Möglichkeit einer Zeitreise — und befand sich dabei, was Jamies Familie anbelangte, in guter Gesellschaft.
Und warum auch nicht, immerhin hatte Jamie in seinem Büro eine Landkarte hängen, auf der all jene Orte auf seinen Tausenden Morgen Land eingezeichnet waren, auf denen man sich plötzlich in einem Jahrhundert wiederfinden konnte, das nicht das eigene war.
Zwar konnte sie sich nicht erinnern, auf dieser speziellen Landkarte je ihre Türschwelle entdeckt zu haben, auch nicht auf den Kopien, die Jamie für alle angefertigt hatte, die sich auf seinem Grund und Boden aufhielten. Offensichtlich musste diese Stelle neu eingezeichnet werden. Sie würde Jamie bei ihrem nächsten Zusammentreffen darum bitten.
Vorausgesetzt, sie sah ihn überhaupt jemals wieder.
Sie schüttelte ungläubig den Kopf. Wie war es möglich, dass sie buchstäblich schon tausende Male Moraigs Türschwelle überschritten hatte, und nie war irgendetwas Außergewöhnliches geschehen? Und ausgerechnet an diesem Abend hatte ein Cameron - und sie nahm schwer an, dass es sich bei ihm um den Cameron handelte - seine Hand in ihr Haus hineingestreckt und sie ins Jahr 1375 zurückgezogen? Sie hatte nichts Seltsames feststellen können, bis sie seine Hand berührt hatte. Es war das zweite Mal in zwei Tagen gewesen, dass sie die Hand eines Mannes berührt und dabei eine elektrische Entladung verspürt hatte.
Sie beschloss, dass es im Augenblick keinen Sinn hatte, weiter darüber nachzudenken. Ihr Entführer - oder Leihnehmer, wie er sich vielleicht bezeichnen würde - tätschelte ihr die Hände, also wirkte sie vielleicht etwas verängstigter, als ihr bewusst war. Sie legte die Stirn an die Scheide seines sechs Fuß langen Breitschwerts, die er quer über seinem Rücken trug, und versuchte, sich zu entspannen. Aber nicht einmal ihr Allzweck-Beruhigungsmantra konnte angesichts dieses ungeheuerlichen Ereignisses seine Wirkung entfalten. Ihr blieb nichts weiter übrig, als einfach hin und wieder tief Luft zu holen.
Er ritt wie der Teufel, aber sie war sicher, dass es mehrere Stunden gedauert hatte, bevor sie die schwachen Umrisse von Cameron Hall in der Dunkelheit erkennen konnte. Sie wusste, wie die Burg im 21. Jahrhundert aussah, denn sie und Madelyn hatten im vergangenen Sommer die lange Fahrt dorthin unternommen. Es war ein spektakulärer Anblick, da sich die Burg viel von ihrem mittelalterlichen Charakter bewahrt hatte, aber offensichtlich auch durch
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