Der Schatten des Highlanders
schneller ins Haus hineingezogen. Oder sich zwischen ihn und Giric gestellt. Oder ihn gedrängt, schneller zu reiten oder früher aufzubrechen. Jede Kleinigkeit hätte darüber entscheiden können, ob er nun tot oder hier bei ihr wäre.
»Sunny?«
Sie schlug die Augen auf und sah Zachary mit einem Glas vor ihr stehen.
»Möchtest du Saft?«, fragte er.
Sie nahm das Glas, trank ein paar Schlucke davon und reichte es ihm zurück.
»Danke«, sagte sie mit rauer Stimme.
»Ich freue mich immer, wenn ich schönen Frauen zu Diensten sein kann.«
»Ein guter Spruch.«
»In deinem Fall ist es kein Spruch, aber ich muss sowieso üben. Man weiß schließlich nie, wann man auf ein Klopfen hin die Tür öffnet und draußen eine schöne Frau auf einen wartet.«
Nun, sie wusste, wie sich das anfühlte, aber sie konnte nicht darüber sprechen. Allein der Gedanke daran brach ihr das Herz.
»Oh, da kommen sie ja«, meinte Zachary. »Willst du den anderen großen Investor treffen? Wenn er dich erst mal gesehen hat, wird er uns anbetteln, noch mehr Geld von ihm anzunehmen, damit wir dir dieses Yoga-Studio einrichten können.«
Sunny hätte am liebsten verächtlich geschnaubt, aber das hätte zu viel Energie gekostet, die sie nicht hatte. Sie ließ sich von Zachary auf die Beine ziehen und durch den große Saal führen. Sie hörte Jamie lebhaft plaudernd die Treppen herunterkommen, also mussten die Verhandlungen gut gelaufen sein.
Ein anderer Mann folgte ihm nach unten. Zuerst sah sie polierte schwarze Schuhe, dann dunkle Hosenbeine, dann ein dazu passendes Jackett mit stark gepolsterten Schultern, die wie dafür gemacht waren, dass eine junge Frau ihren Kopf daran anlehnen und sich sicher fühlen konnte. Er trug eine dezente Krawatte mit einem burgunderroten Karomuster, das sie ein wenig an Camerons Plaids erinnerte, die zusammengefaltet unter ihrem Kopfkissen lagen.
Dann sah sie sein Gesicht.
»Sunny«, rief Zachary erschreckt.
Sunny bemerkte zu spät, dass sie ihn so heftig beiseite gestoßen hatte, dass er zu Boden ging. Ihr Glas zerbarst auf dem Steinboden von Jamies großem Saal, aber das war ihr gleich. Sie hatte nur Augen für den Mann, der inzwischen die Treppe heruntergekommen war und nun fünf Schritte von ihr entfernt stand. Sie traute ihren Augen kaum.
Es war Cameron.
»Sunshine«, sagte Jamie und klang angenehm überrascht. Er kam die paar Schritte zu ihr herüber und bot ihr seinen Arm.
Mit einem Ausruf der Erleichterung ließ sie Jamie links liegen und warf sich in Camerons Arme. Er lebte. Sie konnte es nicht glauben, aber vor ihr stand ... der lebende Beweis ...
Ganz starr vor Schreck.
Sunny zuckte zurück und blickte zu ihm auf.
Er blickte sie an, als hätte er sie noch nie gesehen.
»Sunshine«, sagte Jamie bestürzt. »Sunny?«
Sunny starrte in Camerons schönes, geliebtes Gesicht und verstand nicht, warum er sich nicht freute, sie zu sehen. Sie konnte es nicht fassen, warum er nicht seine Arme ausstreckte und sie an sich zog.
Und warum zum Teufel hatte er einen Anzug an?
Sie wollte seinen Namen sagen, aber ihr Mund konnte die Worte nicht bilden. Und das hätte ihr auch gar nichts genützt, denn sie hatte keinen Atem, sie auszusprechen. Sie legte ihre Hände auf sein Gesicht und sah ihm in seine lebhaften blauen Augen.
Augen, die vor Überraschung geweitet waren, aber keine Spur von Erkennen zeigten.
»Sunshine?«
Jamies Stimme brachte sie wieder zu sich. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass Cameron nicht so glücklich war, sie zu sehen, wie sie ihn.
Sie ließ ihn abrupt los und taumelte zurück. Dort stieß sie mit Jamie zusammen und spürte seine Hände auf ihren Schultern. Sie schüttelte den Kopf, denn sie konnte einfach nicht glauben, was ihr geschah. Sie schüttelte noch einmal den Kopf, aber das änderte nichts. Sie wollte einen weiteren Schritt zurücktreten, aber Jamie stand ihr im Weg.
»Ich möchte dir Robert Cameron vorstellen«, sagte er mit sonorer Stimme, und sein Brustkorb vibrierte an ihrem Rücken. »Ich habe ihn letzte Woche angerufen, ob er Interesse
hätte, seine Pennys mit meinen zusammenzulegen, um ein Bauvorhaben im Dorf anzugehen.«
»Robert Cameron«, echote Sunny. Sie sah Cameron an und spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen rannen. Er war es, kein Zweifel. Er musste es sein. Er sah zwar irgendwie älter aus. Geschliffener. Sauberer. Aber sie hätte ihn überall wiedererkannt.
»Korrekt heißt es eigentlich Lord Robert«, fuhr Jamie fort. »Er ist Laird
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