Der Schatten des Highlanders
milliardenschweres Unternehmen leiten würde, statt täglich mit seinen bloßen Händen um sein Leben zu kämpfen? Auch sein Vater hätte sich so etwas in seinen hochfliegendsten Plänen und dem Wunsch nach Ruhm und Ehre für den Cameron-Clan nicht vorstellen können.
Und mit dieser Last auf seinen Schultern und mit Blick auf den Verkehr vor sich stand er im stilvollen Ambiente eines luxuriös ausgestatteten Büros, das speziell so eingerichtet war, dass es Menschen das Gefühl von Vertrauen und Seriosität vermittelte, damit sie ihm riesige Summen ihres Geldes überließen, die er dann so investierte, wie er es für richtig hielt. Er hatte großes Glück, das wusste er, und er war dankbar dafür, eine nützliche Beschäftigung zu haben, obgleich sie ihn öfter von Schottland fernhielt, als ihm lieb war. Das hatte ihm früher nicht so viel ausgemacht.
Aber jetzt machte es ihm sehr viel aus.
Er wollte lieber nicht genauer darüber nachdenken, warum das so war.
Also sinnierte er stattdessen darüber, wo er war und wie er dorthin gekommen war. Alistair Cameron hatte vor dreißig Jahren die Cameron Ltd. aufgebaut, sie dann bei seinem Tod vor sechs Jahren an Cameron vermacht, im Vertrauen darauf, dass Cameron sie nicht zugrunde richten würde. Cameron vermutete, Alistair wäre sehr erfreut, wenn er wüsste, dass Cameron sowohl die Summe auf seinen Schweizer Bankkonten als auch die Geschäftsfelder, in denen die Cameron Ltd. tätig war, verdoppelt hatte. Was ihn selbst anging, so war er dankbar für das Vertrauen eines alten Mannes, der ihm die Chance zu einem neuen Leben eröffnet hatte. Das war sicher mehr, als er sich vor acht Jahren erhoffen konnte, als er - ohne einen blassen Schimmer, wo er war und wie es ihn dorthin verschlagen hatte - im Krankenhaus aus tiefer Bewusstlosigkeit erwacht war.
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und schob diese Erinnerungen energisch beiseite. Er hatte in letzter Zeit viel zu viele Gedanken daran verschwendet und sich zu oft seinen melancholischen Grübeleien hingegeben. Das geschah zwar nicht häufig, aber er hatte sich diesem unwiderstehlichen Drang nicht entziehen können. Dann wiederum war es ziemlich schwierig, diese Vergangenheit einfach zu ignorieren, da sie viel mit der Zwickmühle, in der er im Moment steckte, zu tun hatte.
Glücklicherweise — oder vielleicht auch nicht — war es nicht seine Vergangenheit, die ihm gegenwärtig Probleme bereitete. Es war Alistairs Vergangenheit. Und dank einer Freundschaft, die Alistair in dieser Vergangenheit geschlossen hatte, war Cameron verstrickt im erbitterten Intrigenlabyrinth einer Familie, die nicht seine war.
Er stand energisch auf, ging um seinen Schreibtisch herum und dann in seinem Büro auf und ab. Obgleich er Alistair gern die Schuld für seine Schwierigkeiten in die Schuhe geschoben hätte, brachte er es nicht über sich. Denn obwohl Rodney Ainsworth und Alistair Cameron seit ihrer Jugend befreundet gewesen waren und diese Freundschaft in einer jahrelangen
Geschäftsverbindung fortgesetzt hatten, war es Cameron selbst gewesen, der nach Alistairs Tod die Beziehung zu Rodney aufrechterhalten hatte. Zum einen Teil, weil alles so gut zu passen schien, und zum anderen, weil er Rodney aufrichtig mochte.
Von seinen Besuchen bei Rodney in Ainsworth Hall kannte er auch Rodneys Kinder, Nathan und Penelope. Nun, vielleicht war es übertrieben, zu sagen, dass er sie kannte, insbesondere im Fall von Penelope. Er hatte sie nur bei jenen seltenen Gelegenheiten gesehen, wenn sie sich dazu herabließ, zwischen ihren Streifzügen durch In-Lokale und exklusive Ferienorte den großen Saal ihres Vaters mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Ihr Benehmen bei diesen Gelegenheiten hatte ihn dazu verleitet, zu glauben, sie sei ebenso zuvorkommend und sanftmütig wie wunderschön.
Nathan hatte er etwas näher kennengelernt und schätzte ihn als das ein, was er war: moralisch verderbt und ohne ein Fünkchen Ehre im Leib. Nathan war aufdringlich, unsympathisch und gab nie vor, etwas anderes zu sein. Cameron hatte das in gewisser Weise respektiert. Zumindest hatte er bei Nathan gewusst, was er von ihm zu erwarten hatte. Penelopes wahrer Charakter hingegen hatte sich für ihn als perfekte und sehr unangenehme Überraschung erwiesen.
Er blieb wieder vor dem Fenster stehen. Nichts davon wäre von Bedeutung gewesen, außer ein paar Dingen, zu denen er sich verpflichtet gefühlt hatte, da Rodney ihn darum gebeten hatte.
Das erste war gewesen, dass er
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