Der Schatten des Highlanders
Rodney auf dem Totenbett versprochen hatte, sich um Penelope zu kümmern.
Das zweite war eingetreten, nachdem Rodney seinen letzten Atemzug getan hatte und Cameron sich auf die Suche nach Nathan und Penelope gemacht hatte, nur um sie dabei zu ertappen, wie sie den Schreibtisch ihres Vaters nach seinem Testament durchwühlten. Die vollkommene Stille, die den Raum erfüllte, als Nathan gelesen hatte, dass Cameron statt er selbst der Haupterbe sein sollte, war fast furchterregend gewesen.
Nathan hatte einen Tobsuchtsanfall bekommen; als er sich wieder unter Kontrolle hatte, hatte er kurz genickt und war hinausgegangen; das Testament hatte er auf dem Boden hinter sich liegen gelassen. Penelope hatte nur gelächelt, ihrem Vater zu seiner guten Menschenkenntnis gratuliert und sich dann ohne sichtbare Anzeichen von Trauer davongemacht.
Cameron hatte sich anschließend einen großzügigen Whisky aus Rodneys Karaffe genehmigt, ihn eine Weile sehnsüchtig angeblickt und dann ins Spülbecken gegossen. Er hatte nicht vor, sich gänzlich jeder Möglichkeit zu berauben, den Angriff abzuwehren, den Nathan starten würde, sobald er es vermochte.
Er hatte gar nicht realisiert, dass es Penelope war, vor der er sich hätte in Acht nehmen sollen, bis er gleich am nächsten Morgen bei einem Juwelier saß und eine geradezu lächerlich hohe Summe für einen protzigen Diamantring zahlte.
Damals hatte er eingewilligt, denn er nahm an, das Schicksal — und Rodney — hätten in sein Leben eingegriffen und ihn zur Heirat bestimmt. Er hatte eine Frau gebraucht, die sich mit Leichtigkeit in seinen gesellschaftlichen Kreisen bewegen konnte, und er selbst hatte schon seit Langem aufgegeben, eine Frau zu finden, die er wirklich lieben konnte. Er hatte gehofft, dass er Penelope mit der Zeit zumindest mögen könnte.
Er hatte ab dem Moment, in dem der Ring an Penelopes Finger steckte, etwa zwei Stunden dazu gebraucht, zu erkennen, dass das ein Ding der Unmöglichkeit sein würde. Sie hatte seinem Chauffeur für irgendeine eingebildete Unachtsamkeit eine derart hysterische Szene gemacht, dass Cameron sich fragte, ob es sehr unhöflich wäre, seine Entscheidung rückgängig zu machen.
Aber noch bevor er sich entschieden hatte, wie er dabei am besten vorgehen sollte - und zu diesem Zeitpunkt war er sogar gewillt gewesen, das übertriebene Präsent an ihrem Finger ab-zuschreiben — hatte er sich eines nachts auf dem Badezimmerboden in seinem Hotel wiedergefunden, wo er zwischen Anfällen von heftigem Erbrechen ausruhen musste. Als er sich endlich wieder aufrappeln und in den Spiegel schauen konnte, hatte er mit Entsetzen festgestellt, dass sein Gesicht dieselbe Farbe hatte wie das von Rodney in der vergangenen Woche — vor seinem raschen und unerklärlichen gesundheitlichen Verfall.
War es Gift gewesen?
Das fragte er sich eine Zeitlang ernstlich. Nach jener unangenehmen Nacht wurde er ein paar Mal auf seiner frühmorgendlichen Joggingstrecke überfallen, dann wurde in seine Büros eingebrochen und sein Hotelzimmer geplündert. All das hatte sich im ersten Monat nach Rodneys Tod abgespielt.
Cameron Antiquitäten war auch nicht ungeschoren davongekommen. Es hatte mit einem Diebstahl eines Stücks antiker Spitze begonnen, das Cameron für einen guten Kunden aufgespürt hatte. Die Spitze war dann irgendwo anders aufgetaucht und es hatte ihn eine verdammt große Summe gekostet, sie wieder zu kaufen und in die richtigen Hände zu bringen - weit mehr als er an dem ursprünglichen Handel verdient hatte. Hinzu kam noch ein ominöser kleiner Trust, der damit begonnen hatte, still und leise Anteile an seiner Investmentfirma aufzukaufen.
Zuerst hatte er Nathan hinter all dem vermutet, aber Nathan war nicht bei jener Abendesseneinladung dabeigewesen, als Penelope ihm den ganzen Abend über Wein aufgedrängt hatte - vor jener Nacht, in der ihm sterbenselend wurde. Er hatte sie nur widerstrebend verdächtigt, aber er hatte sich eingestehen müssen, dass er sie lediglich oberflächlich kannte, und was er über sie in Erfahrung bringen konnte, sprach nicht für sie. Außerdem war sie, wie er nach weiterem Nachdenken feststellte, über die Bedingungen des Testaments ihres Vaters ebenso zornig gewesen wie ihr Bruder. Sie hatte nur nicht so viel Aufhebens darum gemacht. Er konnte sich sehr gut vorstellen, dass sie jemand engagiert hatte, um ihn zu überfallen, und dass sie nur zu gerne ihre gierigen Finger auf die Gewinne aus seinem Geschäft legen
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