Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
Vom Netzwerk:
Die Konsequenzen seiner Worte drangen erst nach und nach richtig zu ihm durch. »Ein bärtiger Mann, wahrscheinlich mit einer Handvoll Gefolgsleute, kommt mit dem Mumienherz und den Schriften aus der Kammer des Wissens an der Küste von Mexiko an. Sie sind den hier umherziehenden Nomaden haushoch überlegen, unterwerfen einen oder mehrere Stämme und bauen sie zur ersten Hochkultur Amerikas um.«
    Rascal klatschte in die Hände. »Richtig. Und dabei suchen sie sich eine Umgebung, die an die altbekannte erinnert: ein Flussdelta. Sie wollen sich ein neues Ägypten errichten. Also zeigen sie ihnen auch, wie man Pyramiden baut.«
    »Und was dann?«, fragte sich Sid. »Mit dem Herz alleine konnten sie doch nichts anfangen.« Er legte sich auf die Seite und sah Rascal beim Denken zu. Ihre Stirn lag in Falten, abwesend drehte sie mit Daumen und Zeigefinger an ihrem Nasenring. Plötzlich setzte sie sich auf. Sie wirkte, als habe sie den Teufel gesehen.
    »Mann, Sid! Welche Völker Mittelamerikas kennst du?«
    »Nicht viele«, musste Sid zugeben. »Die Maya, die Inka, die Azteke n …«
    »Stopp! Und warum kennst du gerade die Azteken?«
    Sid strich sich mit der Hand über sein stoppeliges Kinn. »Na, wegen ihrer Menschenopfer. Sie haben ihren Feinden die Herzen heraus…« Er stockte. Mit einem Mal wurde ihm die ganze, grausame Wahrheit klar. »Sie haben die Gefangenen gar nicht geopfert, stimmt’s? Sie haben jemanden mit fünf Herzkammern gesucht, dem sie das Mumienherz einsetzen konnten. Jemanden wie mic h …«

68. Kapitel
    Mexico City, 8 . November, 2 1 Uh r 03, sechste Morgenstunde in Kairo
    Sa’i meri’i , warum hast du Angst vor mir?
    Sid schreckte hoch. Mit dröhnendem Klicken sprang die Uhr auf seinem Handydisplay auf 2 1 Uh r 04. Das T-Shirt war schweißgetränkt.
    »Ich habe keine Angst!« Sids Kehle war staubtrocken, die Narben auf seinen Schultern pulsierten. Sein Kopf fühlte sich an wie in einen Schraubstock gespannt. Und irgendjemand drehte ihn fester zu.
    Lüge mich nicht an! Es wäre zwecklos. Ich merke, was du fühlst, noch bevor du selbst es weißt. Und deshalb kenne ich auch ihr Schicksal!
    Sid drehte seinen Kopf und sah Rascal neben sich an. Sie lag in komaähnlichem Schlaf, das musste der Jetlag sei n … »Lass Rascal aus dem Spiel! Das hier geht nur mich und dich etwas an. Sonst niemanden!« Sid merkte, dass er durch das Zimmer brüllte, aber Rascal zuckte nicht einmal zusammen.
    Ich werde ihr nichts tun, das liegt nicht in meiner Macht. Du bist es, der sie vernichten wird! Du traust ihr nicht, zu viel kommt dir seltsam vor.
    »Das stimmt nicht!« Sid trommelte sich mit der Faust auf die Brust. »Sie hat mir alles erklärt! Alles ist plausibel!« In seinem Kopf erschallte ein schauerliches Lachen, es fühlte sich an, als würden seine Adern vereisen.
    So? Dir kommen also keine Zweifel an ihrer Geschichte? Warum sie immer den richtigen Hinweis gibt? Wieso sie mit dir um die halbe Welt reist? Weshalb sie fremde Sprachen spricht?
    »Ic h …«
    Das sind deine Zweifel, nicht meine! Mir ist sie völlig egal, aber du pumpst diese Gefühle in unser Herz. Du spürst, dass du ihr nicht trauen kannst. Es wird dir nichts anderes übrig bleiben, als sie aus dem Weg zu schaffen.
    Sid sprang auf. Er hämmerte mit der Hand gegen den Bettpfosten, bis die Haut an den Knöcheln aufriss. »Niemals! Du hast keine Macht über mich. Ich kann selbst bestimmen!« Wie ein geprügelter Hund lief Sid im Zimmer auf und ab. Bildete er sich alles nur ein? Aber die Worte schnitten so messerscharf durch seinen Kopf, dass er zu platzen drohte. Er rannte ins Badezimmer und sah sich im Spiegel an. Sein Gesicht wirkte entstellt. Fremde, blutunterlaufene Augen starrten ihn an. »Verschwinde aus mir!«, heulte Sid auf. »Das ist mein Körper. Ich bestimme! Und wenn ich deine beschissene, vergammelte Mumie gefunden habe, dann reiß ich sie in Stücke!«
    Zürne nicht mit mir! Sei nicht ungehorsam, sa’i meri’i! Ein Vater darf seinem sa befehlen. Und der Sohn muss es tun.
    Der Blick seiner fremden Augen durchbohrte ihn. Sid merkte, wie ihm übel wurde. Ihn schwindelte, plötzlich knickten seine Beine weg. Reflexartig konnte er sich noch abfangen und langsam auf die Fliesen legen, dann wurde ihm schwarz vor Augen. Es roc h … ekelhaft. Warm, nach warmem Blut. Und er sah alles, was das Mumienherz ihm sagte, mit eigenen Augen. Es war so geschehen.
    Ich habe die Macht, mein Sohn. Habe sie über dich, seit du mich in meinem Gefängnis

Weitere Kostenlose Bücher