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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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Dreck, Sid wagte kaum den Hahn aufzudrehen, um die Armatur nicht aus der Verankerung zu reißen. Er duschte so heiß, dass seine Haut knallrot war, als er die enge Kabine verließ. Die Hitze tat seinen Muskeln gut. Dann wollte er sich den Bartflaum vom Kinn rasieren. Oder doch nicht? Die fransigen, schwarz gefärbten Haare legten sich wie ein Vorhang vor seine Augen. Ein Bart würde hervorragend zu ihnen passen, überlegte er. Im Zimmer zurück leerte er den Rest seines Rucksacks auf dem Boden aus. Was für Spießerklamotten!, durchzuckte es ihn. Jeans und Sweatshirts mit riesigen Labelaufdrucken, die ihm in Manhattan so wichtig gewesen waren. Die Hälfte davon warf er auf einen Haufen in die Ecke. Aus dem Rest kramte er eine beige Stoffhose hervor und schrappte sie so lange über die Mauer, bis am Knie ein kleines Loch entstand. Dazu suchte er sich aus Rascals Seesack ein rot-schwarzes T-Shirt der White Stripes.
    »Cool!«, kommentierte Rascal. »Bei Männern ist der Dresscode ja glücklicherweise nicht so streng hier.« Sie baute einen Berg Tüten, Pappschalen und Päckchen aus Zeitungspapier zu einer bizarren, dampfenden Landschaft auf.
    Sid freute sich über ihr Lob. »Erwartest du Gäste?«, fragte er lachend. Die Gerüche überwältigten seine feinen Sinne beinahe. Seine Nase nahm Hunderte Gewürze wahr, die er nicht mal mit Namen kannte.
    Rascal begann die Pakete auszuwickeln. »Dich und mich und eine Menge Zeit, die es totzuschlagen gilt«, antwortete sie. »Faux wird uns morgen sicher nicht nur von rosaroten Blümchen erzählen. Heute musst du deine Batterien aufladen, und ich auch!« Ihre Augen glitten über die Speisen. »Mal sehen, ob ich mich an alle Namen erinnere. Das hier sind batata , heiße Süßkartoffeln. Die Gemüsefrikadellen heißen felafel , diese Bohnensuppe ist fuul. Dann haben wir noch betinga , Auberginenscheiben, und natürlich aish , frisches Fladenbrot. «
    Sids Magen knurrte. Plötzlich wurde ihm klar, dass er seit dem abscheulichen Gemansche im Flugzeug nichts mehr gegessen hatte. Weil Gabeln fehlten, nahm er kleine Stückchen zwischen die Finger und steckte sie sich in den Mund. Alles schmeckte fabelhaft.
    Als ihr Hunger halbwegs gestillt war, holte Rascal noch etwas aus ihrer Gürteltasche, einen schneeweißen iPod. »Der hing so einem blöden Touristen aus der Tasche, da konnte ich nicht widerstehen.«
    Sid sah sie mit großen Augen an. »Du hast ihn geklaut?«
    Rascal schüttelte den Kopf. »Quatsch! Der hat ihn doch bestimmt geschenkt bekommen für irgendein Zeitschriftenabo. Das ist doch kein Klauen!« Sie lachte. »Außerdem war nur Müll drauf. Billigste Fahrstuhlmusik. Ich hab etwas Geld investiert und was Fetziges draufgespielt. Willst du einen Beweis?«
    Sid kapierte noch immer nicht. »Wie, Geld investiert?«
    »Mann, Sid!«, ermahnte ihn Rascal mit gespielter Strenge. »Wir sind zwar in Afrika, aber trotzdem im 21 . Jahrhundert. Auch hier gibt’s Internetcafés! Und jetzt kuschel dich gefälligst an mich!«
    Sie schubste Sid aufs Bett und warf sich hinterher. Eng umschlungen lauschten sie der krachigen Musik, jeder mit einem Knopf im Ohr. The White Stripes, genauso ein Powerduo wie sie beide!
    Der Tag verging viel zu schnell, fand Sid, auch weil er seinem Kopf verbot, weitere Fragen zu stellen. Er genoss jede Sekunde. Wer wusste schon, wie lange er das noch konnte.

10. Kapitel
    Ich erinnere mich. Lange genoss ich meine Macht. Wer mich auf die Probe stellte, wurde eines Besseren belehrt. Doch mein größter Triumph war mein größter Fehler zugleich. Und ohne es zu merken, schwand meine Macht, als sie wuchs.
    Jahr und Jahr und Jahr schon lebte ich mit meiner Sippe am Standbild des Seth. Die Pflanzen waren dem Sand gewichen, aber gut ging es allen, die Seth fürchteten und alle hatten reichlich zu essen. Die Frauen gebaren Kind um Kind und die Männer brachten sie zu mir, damit ich ihnen von Seths großer Macht erzählte. Zehnmal tausend waren sie und noch zehnmal tausend und noch mehr und ihre Füße bedeckten das ganze Land. Und alle fürchteten Seth und lebten nach seinem Wohlgefallen.
    Aber es kamen auch Männer zum Standbild mit schwarzer Haut, die zweifelten. »Wir leben mit unseren Stämmen noch hinter dem Lande Kenset «, riefen sie. »Unser Gott heißt Tetwen , und ihn wollen wir fürchten!«
    Da verbrannte ich das Kümmelkraut und es wurde Nacht. Ich schloss die Augen und sah in die Wüste. Mir wuchsen Haare am ganzen Körper und Krallen aus meinen Fingern. Mein

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