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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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zum ersten Mal ab. » No understand, no understand! «, radebrechte er. » Dollar fifty! «
    Sid ging zu ihnen und zog einen Schein aus der Tasche. »Lass doch«, versuchte er Rascal zu beruhigen. »Ist doch bloß Geld!«
    Rascal funkelte ihn mit ihren blauen Augen giftig an. »Darum geht’s nicht!«, antwortete sie aufgebracht. »Ich lass mich einfach nicht gerne verarschen!« Sie hob die Hand und hielt dem Betrüger ihre gespreizten Finger vors Gesicht. »Fünf Pfund. Egypt money! «
    Unsicher blickte Sid sich um. Jeder Gast schien von seinem Stuhl aufgestanden zu sein, die Wasserpfeifen ruhten. Fremdartiges Gemurmel drang an sein Ohr, aber er verstand ja die Worte nicht. Doch das wenige, was er von der arabischen Kultur wusste, war, dass so ein offener Streit mit einer jungen Frau in der Öffentlichkeit eine unglaubliche Kränkung für einen Mann sein musste.
    »Lass uns abhauen!«, zischte er Rascal hektisch ins Ohr.
    Schon kam ein junger Ägypter auf sie zu. Doch statt die beiden Fremden anzufahren, baute er sich vor seinem Landsmann auf. Mit ruhigen, aber erkennbar äußerst scharfen Worten wies er den Taxifahrer zurecht. Plötzlich wandte sich der Vollbart ab, stieg vor sich hin schimpfend in seinen Fiat und fuhr unbezahlt davon.
    » Im-shee! «, brüllte ihm Rascal hinterher. » Im-shee! « Als sie Sids erstaunten Blick bemerkte, zeigte sie auf den Reiseführer. »Steht hier drin, für Notfälle. Das heißt: Hau ab!«
    »Gilt das auch für mich?«, mischte sich ihr Retter in das Gespräch ein. Nach all dem Gestammel verblüffte Sid sein perfektes Englisch. Er musterte den jungen Mann von oben bis unten, als könne er dort ein Hinweisschild auf seinen Lebenslauf finden. Er war etwa fünfundzwanzig Jahre alt, trug einen etwas altmodischen, aber tadellos sauberen grauen Anzug und auf der akkurat geschnittenen Frisur saß eine gehäkelte weiße Kappe, die nur den Hinterkopf bedeckte. Kippa hieß das Ding, wenn sich Sid richtig erinnerte. Unter der Nase des Typs prangte ein gepflegter dichter Schnurrbart und ihn umwehte der Duft eines Rasierwassers, das Sid sehr bekannt vorkam. War das nicht Calvin Klein?
    »Danke, dass Sie uns geholfen haben«, presste Rascal hervor. Sie war noch immer sichtlich aufgebracht. Ihre Wangen waren stark gerötet und bebten.
    »Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen«, antwortete der Mann höflich. »Mein Name ist Yusuf. Wie wär’s, wenn ich euch ein Stück begleite? Ihr wollt über den Markt, habe ich Recht?«
    Sid wollte schon zusagen, aber Rascal schüttelte den Kopf. »Wir sind dir wirklich sehr dankbar, Yusuf«, entgegnete sie. »Aber bitte lass uns allein. Wir kommen schon zurecht!«
    Yusuf nickte. »Dann viel Spaß!«, sagte er knapp und setzte sich wieder zu seinem Teeglas.
    Sid konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen. »Das war ziemlich unhöflich«, murmelte er, als sie sich durch den Eingang des Khans drängelten. »Er hat uns einen Gefallen getan. Das war nicht selbstverständlich!«
    Rascal winkte ab. »Ich weiß das durchaus zu schätzen. Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, auch Yusuf meint es nicht ehrlich, irgendwie wirkte die Szene mit dem Taxifahrer eben wie inszeniert. Zweimal hat man jetzt schon versucht uns zu bescheißen. Ein drittes Mal passiert mir das nicht, so viel steht fest!« Wütend stampfte sie voraus.
    Sid sah ihr verblüfft nach. Er verstand nicht, wie die sonst so coole Rascal sich derartig über so eine Lappalie aufregen konnte. Der Taxifahrer hatte versucht sie zu bescheiße n – na und? Und dieser Yusuf war wirklich nett gewesen. Warum reagierte Rascal so aggressiv? Er folgte ihr kopfschüttelnd.
    Kaum hatte Sid den steinernen Torbogen hinter sich gelassen, als sich eine neue Welt vor ihm auftat. Ihr kleiner Zwist löste sich in Luft auf. Das hier war der Orient, ein Basar wie aus Tausendundeiner Nacht. Ein Stand quetschte sich neben den anderen. Auf ihren Auslagen wurde alles angeboten, was auf der afrikanischen Erde wuchs und produziert wurde. Datteln und Bananen, Feigen und Äpfel, Bauchtanzkostüme, Wasserpfeifen und Hocker aus Kamelleder. Wie eine Flutwelle stürzten die Gerüche auf Sid ein. Er roch Kräuter, die er nicht kannte, schweres Parfüm, Fisch, Fleisch und den Schweiß der Händler. Geschwungene Bögen im typischen arabischen Stil überspannten die schmalen Gassen, nur wenig Licht drang zu dem Gewimmel durch, das sich wie in einem Ameisenhaufen unter ihnen hindurchwand. Vor ihnen wogte ein wahres Meer

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