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Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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nichts. Er schluckte. »Ic h … ich will das alles nicht«, stammelte er. »Warum ich? Warum ausgerechnet ich?!«
    Durch den Schleier hindurch sah Sid, wie Faux sich ganz nahe zu ihm beugte. Er spürte seine Finger auf dem Handrücken. Es fühlte sich gut an. » Mais c’est évident , Sid! Du bist etwas Besonderes. Du allein hast die Kraft, die jahrtausendealte Macht des Kults zu brechen!« Sid wandte das Gesicht ab. Aber Sinistre Faux packte ihn mit beiden Händen an den Schultern und schüttelte ihn. Seine Stimme war jetzt eindringlich und scharf wie eine Rasierklinge. »Niemand kann sagen, wie das Mumienherz dich verändern wird. Setepenseth war böse, sehr böse! Ein Dämon ohne Mitgefühl oder Gewissen. Aber dein Wille ist stark genug, dagegen anzukämpfen, Sid!«
    Sid riss sich los und sprang auf. Der kleine Tisch kippte um. Faux’ Teeglas zersprang auf den Fliesen. »Ich will aber nicht!«, brüllte er durch das Café. »Ich will nur dieses verdammte Herz loswerden!« Wie von Sinnen trommelte er sich mit der Faust auf die Brust. Er bekam keine Luft mehr und keuchte. Sein ganzer Körper versteifte sich wie in einem Krampf.
    Irgendwann stand Rascal neben ihm und drückte ihren Kopf an seine Schulter. Ihre Hand strich ihm über die Haare. »Es wird alles gut«, versuchte sie ihn zu beruhigen. »Komm, setz’ dich wieder.« Sie stellte den Tisch zurück an seinen Platz und drückte Sid bestimmt auf seinen Stuhl.
    Faux sprach auf Arabisch mit dem herbeigeeilten Kellner, der sich sofort daranmachte, die Scherben wegzufegen. Aus den Augenwinkeln beobachtete er das seltsame Trio. Als er mit seiner Arbeit fertig war, nahm Faux das Gespräch wieder auf.
    »Du hast keine Wahl, Sid«, warnte er. »Der Plan des Seth-Kults ist grausam. Sie wollen Setepenseth wieder zurückholen. Seine Mumie, das Mumienherz und deine Seele sollen vereint werden. Und dann wird er seine Schreckensherrschaft über die Welt antreten.« Faux lehnte sich auf dem Sofa zurück. Er wirkte plötzlich alt und müde. »Wenn ihnen das gelingt, wird nichts mehr so sein wie bisher. Einem Dämon wie Setepenseth kann in dieser Welt niemand etwas entgegensetzen. Allein du kannst das alles verhindern, aber es bleibt nur wenig Zeit.«
    Rascal räusperte sich. »Und Sie? Können Sie ihm denn nicht helfen?«
    Faux schüttelte den Kopf. » Je suis vieux. Trop vieux . Ich werde ein wenig auf Sid aufpassen und ihm zur Seite stehen, wenn er mich braucht. Doch meine Macht ist gering verglichen mit der dieses bösartigen Zerstörers.«
    »Warum gerade ich?«, wiederholte Sid. Er biss sich so fest auf die Lippen, bis er Blut schmeckte. Es war die quälendste Frage von allen. Die Antwort war niederschmetternd.
    »Weil du Setepenseths Wiedergänger bist, Sid«, erklärte Faux. »Du besitzt sein b a – heute würde man es wohl am ehesten als Seele bezeichnen. Du bist am richtigen Tag geboren. Und dein Herz war schwach wie das Setepenseths.« Er zog einen Papyrus unter seinem Cape hervor und rollte ihn auf dem Tischchen aus. Auf einem Baum neben einem Grab hockte ein Vogel. »Das ist ba . Er ist der Träger aller unvergänglichen Kräfte. Nach dem Tod schwingt sich der Vogel auf und sucht sich ein neues Wesen, in das er hineinschlüpfen kann.«
    »Sie meinen so etwas wie Reinkarnation?«, sagte Rascal.
    Faux nickte. »Aber mit einem großen Unterschied: Setepenseth ist nicht gestorben. Sein Herz schlägt und sein mumifizierter Körper wartet irgendwo, aber sein ba ist ihm abhandengekommen. Deshalb muss er es sich von Sid zurückhole n – und wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, kann sein Herz wieder mit seinem eigenen Körper vereinigt werden.«
    Sid schluckte. Er hörte die Worte, aber ihre Bedeutung drang nicht bis zu ihm durch. Ihm war, als spräche der alte Mann von einem Fremden. Nicht von Sid Martins. Mit einem Mal war sein ganzer Körper von einem gleichmäßigen Pochen durchzogen. Ba-Bomm. Ba-Bomm . Das fremde Herz machte auf sich aufmerksam. Hier bin ich!, schien es zu morsen. Hier bin ich und ich bin ein Teil von dir! Du kannst nicht vor mir davonlaufen!
    »Warum haben diese Schweine die Sache denn nicht längst durchgezogen?«, fragte Sid nach einer Weile.
    »Sie müssen mit der Zeremonie warten, bis du ganz von ihm durchdrungen bist«, antwortete Faux. »Schon bald wird es so weit sein, aber es gibt einen Weg, sie zu schlagen. Finde seine Mumie und zerstöre sie!« Sid hatte keinerlei Bewegung wahrgenommen, aber plötzlich war der Greis über ihm und

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