Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatten des Horus

Der Schatten des Horus

Titel: Der Schatten des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
Vom Netzwerk:
Stille.
    »Selbstverständlich wird es das, Birger!«, knatterte der Apparat mechanisch, mit dem Tanaffus seine Stimme verfremdete, damit niemand eine Chance hatte, ihn zu enttarnen. »Ich selbst wollte dafür sorgen, dass er in sein Land kommt.«
    Birger Jacobsen schnaufte tief durch, sein Augenlid beruhigte sich. Sein oberster Herr würde ihn nicht bestrafen, wie er es bei so vielen anderen gesehen hatte. Die unendlichen Qualen, die sein Atem hervorrufen konnte, und die je nach Heftigkeit schwere Folter oder den Tod bedeuteten. Er dachte an Buster, versuchte seine Regungen genauso unter einer Maske zu verstecken, wie der Schauspieler mit dem weiß geschminkten Gesicht. Was auch kommen mochte.
    »Nun, was ist, Birger?«, schnauzte es unvermittelt los. »Verteidige dich, winsle, bettle um dein schäbiges Leben! Mein Plan war es, hörst du. Meiner! Du bist dafür da, ihn auszuführen, nicht um zu denken! Eigenmächtiges Handeln schätze ich gar nicht. Finde die Mumie und bringe sie zusammen mit dem sa nach New York. Dann werden wir endlich Herz und Mumie mit dem ba des Auserwählten vereinen. Setepenseth wird auferstehen und die Welt neu ordnen. Wenn du von jetzt an brav bist, wirst du auf der Seite stehen, die überlebt! Und Birger? Noch ein Tipp zum Schluss: Wenn du untertauchen willst, schalte dein Handy aus. Man kann so etwas in Sekunden orten lassen. Manchmal ist die moderne Welt sogar noch spannender als unsere alte!«
    Es knackte. Tanaffus hatte nach seinem Wutausbruch einfach aufgelegt. Noch minutenlang starrte Birger Jacobsen das rote Handy an. Sein Augenlid zuckte. So würde er sich nicht mehr herumkommandieren lassen! Jetzt, in diesem Augenblick, stand sein Entschluss unumstößlich fest. Er, Birger Jacobsen aus Oslo, würde Tanaffus vom Thron schubsen. Und der sa würde ihm dabei helfen. Bei seinem Plan.
    »Gerne, Doktor Theodorakis !«, giftete Birger Jacobsen und knallte den Deckel seines Handys zu.

18. Kapitel
    Der Erfolg war mein Misserfolg.
    Bald verlangten die Anführer der Stämme, ich solle auch ihre Lieblingsfrauen zurückholen. Die Lieblingsfrauen verlangten, ich solle auch ihre Kinder zurückholen. Und die Kinder riefen nach ihren Dienern, die im Sand der Wüste und in den tiefen mastabas warteten. Aber ich wurde müde und meine Angst wuchs, denn ich hatte Seths Verbot missachtet.
    Endlich dörrten sich auch die einfachen Bauern auf ihren Feldern aus und die Jäger in ihren Wäldern und warteten auf mich. Es wurde eng auf der Erde, denn alle kehrten zurück und neue Menschen wurden auch geboren. Da warf ich das Harz, das weit entfernt aus den Bäumen fließt und das alle myrrhe nennen, in den jotr’o und rief: »Seth zürnt mir. Er hat mir verboten, euch wieder zu wecken.« Und ich stand auf und kehrte zum Standbild des Seth zurück, denn dort wollte ich nun für alle Zeiten leben und ihn nie mehr verlassen.
    Aber bald schon trat eine Kunde an mein Ohr. Die Männer hörten nicht auf, die Kalten zu dörren. Landauf und landab und überall sonst bestrichen sie die Körper mit mum und wickelten sie in lange Bahnen aus Stoff, den sie webten. Nach siebzig Tagen rieben sie einen jeden von ihnen mit myrrhe ein und öffneten ihnen den Mund, um ihnen neues Leben einzuhauchen, denn so hatten sie es bei mir gesehen. Aber niemand stand auf und kehrte zu seiner Familie zurück.
    Alle Völker riefen nach mir, und je länger ich nicht zu ihnen kam, desto größer wurde ihr Zorn. Sie verspotteten Seth und erfanden Schmähnamen für ihn. Manche malten ihn wie eine missgeborene Giraffe in den Sand und besprengten sein Gesicht mit dem Unrat ihres Körpers. Setepenhorus gewann an Macht und die Menschen fürchteten Horus, den Falken. Er setzte starke Männer ein und nannte sie pharao , denn das heißt Großes Haus.
    So stieg ich auf den Rücken von Seths Standbild und bat ihn um Verzeihung. Aber Seth verschloss seine Ohren vor meinen Worten. So musste das Folgende geschehen.

19. Kapitel
    Kairo, Al-Ahzar-Moschee, 15 . Oktober 2007, 1 4 Uhr
    Wie Yusuf vorausgesagt hatte, war es schier unmöglich, die Al-Ahzar-Moschee zu verfehlen. Durch einen engen Durchschlupf verließen Sid und Rascal den Basar und traten wieder auf den Midan Hussein, wo sie der betrügerische Taxifahrer abgesetzt hatte. Knapp hundert Meter südlich davon reckten sich die Minarette der Moschee in den mit kleinen Wolken beflockten Himmel. Die Sonne brannte. Wie Nadelstiche schmerzten ihre Strahlen auf Sids nackten Armen. Noch immer geisterten die

Weitere Kostenlose Bücher