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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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›Eisen‹ oder ›Musikinstrumente‹ verschwenden. Was geht es ihn an, ob ich ein Dutzend Musiker in der Tasche trage und eine Schmiede auf dem Rücken? »Ich bin hergekommen, um wahre Antworten zu erhalten. Falls Ihr nicht derjenige seid, der sie mir geben kann, dann führt mich bitte zu ihm.« Der Mann - Mat hielt ihn jedenfalls für männlich -lächelte leicht. Man sah jedoch keine Zähne dabei. »Wie es der Vereinbarung entspricht. Kommt.« Er deutete mit einer Hand, deren Finger ausgesprochen lang waren. »Folgt mir.« Mat ließ das Messer in seinem Ärmel verschwinden. »Geht voran und ich werde folgen.« Bleib bloß vor mir, so
    daß ich dich gut sehen kann. An diesem Ort kriege ich eine Gänsehaut.
    Als er hinter diesem seltsamen ›Mann‹ herging, sah er außer dem Fußboden selbst keine einzige gerade Linie. Selbst die Decke war überall gewölbt und die Wände gekrümmt. Die Gänge schienen nur Biegungen zu haben, die Türen waren oval und die Fenster waren absolut rund. Die Kacheln bildeten Spiralen und Schlangenlinien und das, was wie in der Decke eingelassene Bronzegitter aussah, bestand überall aus Rundungen und einer Art von Notenschlüsseln. Es gab keine Gemälde irgendeiner Art, keine Gobelins oder sonstige Wandbehänge. Nur Muster und immer wieder Kurven.
    Er sah niemanden als seinen schweigenden Führer. Man hätte glauben können, der ganze Ort sei leer bis auf sie beide. Irgendwoher kam ihm eine vage Erinnerung an Säle, die seit Jahrhunderten kein menschlicher Fuß mehr betreten hatte. Hier hatte er ein ähnliches Gefühl. Und doch bemerkte er manchmal aus den Augenwinkeln eine schnelle Bewegung. Wenn er sich aber noch so schnell umwandte, war niemals jemand da. Er gab vor, sich die Unterarme zu reiben, aber in Wirklichkeit überprüfte er den Sitz der Messer, die er in den Jackenärmeln stecken hatte. Das beruhigte ihn.
    Was er durch diese runden Fenster sah, war noch schlimmer. Hohe, schmächtige Bäume, die nur an der Krone einen Regenschirm hängender belaubter Aste aufwiesen, dann wieder andere, die wie riesige Fächer mit spitzenähnlich durchbrochenen Blättern aussahen, ein Gewirr von Unterholz und Sträuchern, von Kletten überwuchert, und alles unter einem trüben, bedeckten Himmel, an dem aber keine einzige richtige Wolke sichtbar war. Es gab immer Fenster in den Gängen, jeweils nur an einer Seite der endlosen Kurven, doch diese Seite wechselte gelegentlich, und es konnte sein, daß man erwartete, endlich in einen Innenhof oder in Zimmer hineinsehen zu können und statt dessen einen Wald erblickte. Er erhaschte keinen einzigen Blick auf einen anderen Teil dieses Schlosses, oder was es auch sein mochte, oder auf ein anderes Gebäude, wenn er durch die Fenster blickte. Nur eine Ausnahme gab es...
    Durch eines der runden Fenster sah er drei hohe, silbrig glänzende Türme, die sich einander zukrümmten, so daß ihre Spitzen alle auf den gleichen Punkt gerichtet waren. Vom nächsten Fenster aus, nur drei Schritt entfernt, waren sie nicht mehr sichtbar, aber ein paar Minuten später, nachdem sein Führer und er so viele Biegungen durchschritten hatten, daß sie nun bestimmt in eine ganz andere Richtung blickten, sah er sie erneut. Er versuchte, sich einzureden, daß es sich um drei andere Türme handle, aber zwischen ihnen und ihm befand sich einer dieser Fächerbäume mit einem herunterhängenden, abgebrochenen Ast, und dieser Baum war ihm auch beim erstenmal aufgefallen. Nachdem er die Türme und den seltsamen Baum mit dem abgebrochenen Ast zum drittenmal gesehen hatte, diesmal zehn Schritt weiter auf der anderen Seite des Korridors, gab er es auf, überhaupt noch hinauszusehen.
    Es schien ewig so weiterzugehen.
    »Wann...? Werden...?« Mat knirschte mit den Zähnen. Fragen. Es war so schwer, irgend etwas zu erfahren, ohne Fragen zu stellen. »Ich hoffe, Ihr bringt mich zu denen, die meine Fragen beantworten können. Seng meine Knochen, es muß sein! Mir und Euch selbst zuliebe. Das Licht weiß, daß ich die Wahrheit sage.« »Hier hinein.« Dieser seltsame, in gelb gehüllte Bursche deutete mit einer dieser überschlanken Hände auf eine runde Tür, die doppelt so groß war wie die anderen, die Mat bisher gesehen hatte. Seine eigenartigen Augen musterten Mat eindringlich. Sein Mund stand offen und er sog tief und langsam Luft ein. Mat runzelte die Stirn, und der Fremde zuckte die Achseln. Es wirkte eher wie ein Winden. »Hier könnt Ihr eure Antworten finden. Tretet ein. Tretet

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