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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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unserem Wunsch nachgekommen. Für die schlechten Straßen könnt Ihr nichts, und Ihr habt unter diesen Bedingungen hervorragende Arbeit geleistet.« Ohne die Münzen anzublicken, verbeugte sich der Bursche tief vor ihr, warf ihr einen dankbaren Blick zu und murmelte: »Ich danke Euch, Lady.« Das galt ihren Worten bestimmt genauso wie dem Geld. Sie hatte gelernt, daß ein paar freundliche Worte und ein wenig Lob gewöhnlich mindestens ebensoviel bewirkten wie Silber, manchmal sogar noch mehr. Obwohl das Silber natürlich immer gut ankam.
    »Das Licht schenke Euch eine sichere Reise, Lady«, fügte er hinzu. Das kaum sichtbare Zucken seines Blickes zu Nynaeve hinüber sagte ihr, daß sein Wunsch nur ihr allein gelte. Nynaeve mußte noch lernen, tolerant zu handeln und auch an andere zu denken; das hatte sie bitter nötig.
    Als der Kutscher ihre Bündel und anderen Habseligkeiten ausgeladen hatte, ließ er sein Gespann drehen und fuhr davon. Nynaeve sagte mürrisch: »Ich denke, ich hätte mich nicht so über den Mann beklagen sollen, solange er in Hörweite war. Diese Straßen wären selbst für einen Vogel zu holprig. Eine Kutsche mußte da wohl schlecht aussehen. Aber nach all dieser Schaukelei den ganzen Weg über hatte ich das Gefühl, eine Woche lang geritten zu sein.« »Es ist ja nicht seine Schuld, daß du nun einen wunden... Rücken hast«, sagte Elayne lächelnd, um ihren Worten die Spitze zu nehmen, während sie ihre Sachen aufhob.
    Nynaeve lachte trocken auf. »Ich habe es nun mal gesagt, oder? Du wirst ja hoffentlich nicht von mir erwarten, daß ich ihm hinterherrenne und mich entschuldige. Die Handvoll Silber, die du ihm verehrt hast, sollte wohl auch die schlimmsten Wunden heilen. Du mußt wirklich lernen, mit Geld vorsichtiger umzugehen, Elayne. Wir haben ja nicht den Kronschatz von Andor zur Verfügung. Von dem, was du jedem gibst, der die Arbeit tut, für die er sowieso bezahlt wird, könnte eine Familie bequem einen Monat lang leben.« Elayne warf ihr einen entrüsteten Blick zu. Nynaeve schien immer zu glauben, sie müßten ärmer als Dienerinnen leben, anstatt andersherum, obwohl es noch keinen unmittelbaren Grund dafür gab. Doch die Ältere bemerkte offensichtlich diesen Blick gar nicht, der noch jedesmal die Palastwache in Panik versetzt hatte. Statt dessen wuchtete Nynaeve ihre Bündel und Kleiderbeutel hoch und wandte sich dem Landesteg zu. »Wenigstens wird dieses Schiff ruhiger fahren als die Kutsche. Ich hoffe es jedenfalls. Sollen wir an Bord gehen?« Als sie sich den Weg zum Pier durch das Gewirr von Hafenarbeitern und gestapelten Fässern und schwerbeladenen Karren suchten, sagte Elayne: »Nynaeve, die Meerleute können etwas schwierig sein, solange sie einen nicht kennen, hat man mir beigebracht. Glaubst du, du könntest etwas...?« »Etwas?« »Taktvoller sein, Nynaeve.« Elayne kam beinahe ins Stolpern, als vor ihr jemand auf den Boden spuckte. Sie konnte nicht sagen, welcher dieser Burschen es gewesen war. Als sie sich umblickte, hatten alle den Blick gesenkt und waren außerordentlich beschäftigt. Ob sie nun vom Adel mißhandelt wurden oder nicht, sie hätte dem Sünder gern ein paar ruhige, aber scharfe Worte gesagt, die er nicht so schnell vergessen würde. Doch sie entdeckte ihn nicht. »Du könntest dich bemühen, künftig ein wenig taktvoller vorzugehen.« »Selbstverständlich.« Nynaeve ging die seitlich mit Tauen bespannte Planke des Klippers hinauf. »Solange sie mich nicht derart herumschaukeln.« Elaynes erster Eindruck an Deck war der, daß der Klipper für seine Länge reichlich schmal erschien. Sie wußte natürlich nicht sehr viel über Schiffe, aber das hier kam ihr wie ein riesiger Holzsplitter vor. O Licht, dieses Ding wird noch mehr schwanken als die Kutsche, so groß es auch ist. Der zweite Gedanke danach galt der Besatzung. Sie hatte viel von den Atha'an Miere gehört, aber noch nie welche kennengelernt. Und auch in den Erzählungen wurde eigentlich nicht viel über sie ausgesagt. Ein geheimnisvolles Volk, beinahe wie die Aiel, das sich anderen gegenüber ziemlich zurückhielt. Höchstens die Länder jenseits der Wüste waren noch etwas geheimnisvoller, und alles, was man über diese Gegenden wußte, stammte von den Meerleuten, die von dort Elfenbein und Seide herüberbrachten.
    Diese Atha'an Miere waren dunkelhäutige, barfüßige Männer mit nacktem Oberkörper, alle glattrasiert, mit glattem schwarzen Haar und tätowierten Händen, die sich mit der

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