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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Manche sind erheblich stärker als andere, und Größe genau wie Form sagen dabei gar nichts.« »Natürlich bin ich sicher«, log er. Er hatte keine Möglichkeit gehabt, seine Kraft zu überprüfen, jedenfalls nicht, was diese enormen Energiemengen betraf, ohne halb Tear wissen zu lassen, daß er etwas vorhatte. Doch er glaubte schon, daß es ausreichen werde. Und so klein, wie der Angreal war, würde ihn niemand im Stein vermissen, wenn man nicht gerade in der Sammlung Inventur machte. Ziemlich unwahrscheinlich.
    »Ihr laßt Callandor zurück und bringt das hier dafür mit«, murmelte Moiraine. »Ihr scheint doch einiges vom Gebrauch der Portalsteine zu verstehen. Mehr, als ich geglaubt hätte.« »Verin hat mir einiges beigebracht«, sagte er. Das stimmte, aber es war Lanfear gewesen, die ihm zuerst alles erklärt hatte. Er hatte sie damals als Selene gekannt, doch von all dem wollte er Moiraine genausowenig berichten wie von Lanfears Angebot, ihm zu helfen. Die Aes Sedai hatte die Neuigkeit, daß Lanfear aufgetaucht sei, selbst an ihrem normalen Verhalten gemessen etwas zu ruhig aufgenommen. Und sie hatte diesen abschätzenden Blick im Auge, als sehe sie ihn im Geist auf einer Waagschale.
    »Seid vorsichtig, Rand al'Thor«, sagte sie mit dieser eisigen und doch melodiösen Stimme. »Jeder TaVeren verändert das Muster auf die eine oder andere Art, aber ein Ta'veren von Eurer Macht könnte das Gewebe des Zeitalters für alle Ewigkeit zerreißen.« Er wünschte, er kenne ihre Gedanken. Er wünschte auch, er wisse, was sie plante.
    Die Aiel kamen mit ihren Mauleseln den Abhang herauf und bedeckten den ganzen Gipfel, als sie sich um ihn und den Portalstein versammelten. Sie standen Schulter an Schulter. Nur Moiraine und Egwene standen ein wenig abseits. Rhuarc nickte ihm zu, als wolle er sagen: Es ist soweit, nun liegt es in Eurer Hand.
    Er nahm den glänzend grünen Angreal fest in die Hand. Der Gedanke kam ihm, den Aiel zu befehlen, ihre Packtiere zurückzulassen, aber er wußte nicht, ob er sie wirklich dazu bringen konnte, und wollte auch mit allen dort ankommen, allen das Gefühl geben, er habe seine Sache gut gemacht. In der Wüste könnte ihr Wohlwollen von entscheidender Bedeutung sein. Sie beobachteten ihn mit unbeeindruckten Gesichtern. Einige hatten ihre Gesichter allerdings verschleiert. Mat rollte nervös die Goldmark aus Tar Valon über seinen Handrücken und zwischen den Fingern hindurch, und Egwene stand der Schweiß auf der Stirn. Die beiden waren jedoch die einzigen, denen man die Angst anmerkte. Es hatte keinen Sinn, noch länger zu warten. Er mußte einfach schneller handeln, als ihm jeder zutraute.
    Er hüllte sich ins Nichts ein und faßte nach der Wahren Quelle. Dieses kränklich flackernde Licht war auch wieder da, gleich hinter seiner Schulter. Die Macht erfüllte ihn, der Atem des Lebens, ein Wind, der Eichen entwurzeln konnte, eine Sommerbrise, die den Duft von Blüten mit sich brachte, den fauligen Gestank eines Misthaufens. Er schwebte im Leeren, hielt das blitzdurchzuckte Dreieck vor sich und faßte durch den Angreal hindurch. Tief sog er aus dem tobenden Strom Saidins. Er mußte alle mitbringen. Es mußte einfach gehen. Er hielt das Symbol fest, sog die Eine Macht in sich auf, ließ nicht los, bis er glaubte, platzen zu müssen. Und dann noch ein wenig. Und noch mehr.
    Die Welt verschwand von einem Augenblick zum anderen.

KAPITEL
23

    Jenseits des Steins
    E gwene stolperte und warf die Arme um den Hals ihres Pferdes, als sich der Boden unter ihren Füßen aufbäumte. Überall um sie herum bemühten sich die Aiel um die schreienden, sich aufbäumenden Maulesel, die auf dem felsigen, unbewachsenen Abhang ins Rutschen kamen. Hitze, die sie an Tel'aran'rhiod erinnerte, hämmerte auf sie ein, die Luft flimmerte vor ihren Augen. Der Boden brannte durch die Sohlen ihrer Schuhe hindurch. Ihre Haut prickelte schmerzhaft, wenn auch nur einen Augenblick lang, und dann rann ihr Schweiß aus allen Poren. Ihr Kleid wurde feucht, doch es war so heiß, daß selbst der Schweiß sofort verdunstete.
    Die wildgewordenen Maulesel und die hochgewachsenen Aiel verdeckten ihr fast ganz die Sicht auf ihre Umgebung, doch hin und wieder konnte sie ein paar Ausblicke erhaschen. Eine dicke, graue Steinsäule ragte keine drei Schritte von ihr entfernt schief aus dem Boden. Sie war vom verwehten Sand so kahlgeschliffen worden, daß man kaum noch feststellen konnte, ob es sich wirklich um das Gegenstück zu dem

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