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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Egwene schwindlig. Lan drückte ihr einen bereits geöffneten ledernen Wasserbeutel in die Hände, und sie legte den Kopf in den Nacken und trank dankbar. Das Wasser war zwar lauwarm und schmeckte nach Leder, aber bei dieser Hitze schmeckte es, als käme es frisch aus einer Quelle. Sie bot den halbleeren Beutel Moiraine an, die jedoch nur wenig daraus trank und ihn dann Egwene zurückreichte. Die kippte den Rest schnell hinunter und schloß glückselig die Augen. Schnell öffnete sie sie wieder, als sich Wasser über ihren Kopf ergoß. Lan hatte einen weiteren Wasserbeutel über ihr entleert; auch Moiraines Haar war tropfnaß.
    »Diese Hitze kann Euch umbringen, wenn Ihr nicht daran gewöhnt seid«, erklärte der Behüter, als er zwei einfache, weiße Leinenhalstücher befeuchtete, die er aus seinem Mantel gezogen hatte. Auf seine Anweisung hin banden sich beide Frauen die nassen Tücher um die Stirn. Rand und Mat taten es ihnen gleich. Lan tat nichts, um seinen Kopf vor der Sonne zu schützen. Den Mann konnte offensichtlich nichts beeindrucken.
    Noch immer herrschte Schweigen zwischen Rhuarc und den beiden anderen Aielmännern, doch endlich wandte sich der Clanhäuptling dem Mann mit den Flammenhaaren zu. »Brauchen denn die Shaido einen neuen Clanhäuptling, Couladin?« »Suladric ist tot«, antwortete der Mann. »Muradin hat Rhuidean betreten. Sollte er versagen, werde ich ihm nachfolgen.« »Ihr habt uns nicht um Erlaubnis gebeten, Couladin«, sagte die großmütterlich wirkende Weise Frau mit dieser brüchigen und doch kräftigen Stimme. »Sollte Muradin versagen, müßt Ihr uns erst fragen. Wir sind zu viert, genug also, um die Entscheidung zu treffen.« »Es ist mein Recht, Bair«, sagte Couladin hitzig. Er wirkte wie ein Mann, der es nicht gewohnt war, daß man ihm widersprach.
    »Es ist Euer Recht, uns darum zu bitten«, entgegnete die Frau mit der dünnen Stimme. »Und es ist unser Recht, darauf zu antworten. Ich glaube nicht, daß Ihr die Erlaubnis erhalten werdet, Rhuidean zu betreten, gleich, was mit Muradin geschieht. Ihr seid dem innerlich nicht gewachsen, Couladin.« Sie nestelte an ihrer grauen Stola herum und verschob sie auf eine Weise, die andeutete, sie habe bereits mehr gesagt, als sie für notwendig befand.
    Das Gesicht des flammenhaarigen Mannes lief wieder rot an. »Mein Erstbruder wird als Clanhäuptling zurückkehren und wir werden die Shaido zu großem Ruhm führen! Wir werden...!« Er schloß schnell den Mund. Dabei bebte er sichtlich.
    Egwene beschloß, ihn aufmerksam zu beobachten, solange er sich in ihrer Nähe befand. Er erinnerte sie an die Congars und Coplins zu Hause - immer voll von Angebereien und ewig stänkernd. Sie hatte bisher noch keinen Aiel kennengelernt, der soviel Gefühlsaufwallungen zeigte.
    Amys beschäftigte sich bereits mit einem anderen Thema. »Es ist jemand mit dir gekommen, Rhuarc«, begann sie. Egwene erwartete, daß die Frau mit ihr sprechen wolle, doch Amys blickte Rand an. Moiraine war offensichtlich davon keineswegs überrascht. Egwene fragte sich, was noch alles in dem Brief der vier Weisen Frauen an Moiraine gestanden hatte, worüber die Aes Sedai ihnen nicht berichtet hatte.
    Rand wirkte einen Augenblick lang wie betäubt, zögerte, aber dann schritt er den Hang hinauf und stellte sich neben Rhuarc, genau auf Augenhöhe der Frauen. Der Schweiß ließ sein weißes Hemd am Körper festkleben, und auch an seinen Hosen waren dunkle Schweißflecken zu sehen. Mit dem zusammengedrehten weißen Schal um den Kopf wirkte er keineswegs so beeindruckend wie damals im Herzen des Steins. Er verbeugte sich ein wenig eigenartig, den linken Fuß nach vorn gesetzt und die linke Hand auf dem Knie, während die Rechte mit der Handfläche nach oben ausgestreckt war. »Mit dem Recht des Blutes«, sagte er, »bitte ich um Erlaubnis, Rhuidean betreten zu dürfen, zur Ehre unserer Vorfahren und in Erinnerung an das, was einmal war.« Amys zwinkerte vor Überraschung, und Bair murmelte: »Eine uralte Art, um Erlaubnis zu bitten, doch die Frage wurde gestellt. Meine Antwort lautet: ja.« »Ich stimme ebenfalls mit ja, Bair«, sagte Amys. »Seana?« »Dieser Mann ist kein Aiel«, warf Couladin zornig ein. Egwene hatte den Verdacht, daß er sich ständig über irgend etwas aufrege. »Es bedeutet den Tod für ihn, sich überhaupt hier aufzuhalten! Warum hat ihn Rhuarc mitgebracht? Warum...?« »Möchtest du eine Weise Frau werden, Couladin?« fragte Bair, auf deren Stirn sich strenge

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